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Lebensbilder II (German Edition)

Lebensbilder II (German Edition)

Titel: Lebensbilder II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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ein.«
    Nach wenigen Minuten hielt das Tilbury vor dem Hause. Die Kammerfrau hatte bereits beim ersten Freudenruf ihrer Gebieterin alle Türen geöffnet. Bald lag das schöne Paar sich in den Armen, und so schritten sie miteinander in das beschriebene Gemach und setzten sich dort auf einen Sofa neben dem Kamin.
    »Bist du endlich wieder bei mir, mein Eugen?« Hub die Dame an, »seit zwei langen Tagen habe ich dich nicht gesehen! Aber was fehlt dir, hast du neuen Verdruß gehabt?«
    »Arme Karoline!« seufzte Eugen.
    »Was bedeutet das? Arme Karoline!«
    »Lache nicht, mein Engel, denn ich komme, dir eine Freude zu nehmen. Wir werden heut nicht miteinander ins Theater Feydeau gehen.«
    »Was liegt mir daran? – Ich sehe dich wieder, und ist mir das nicht das beste Schauspiel, daß ich nach keinem andern frage?«
    »Ich muß zum Chef des Generalstabs. Wir haben ein kitzliches Geschäft in diesem Augenblicke vor; er begegnete mir heute, und weil ich das Wort führen muß, hat er mich zu Tische bei sich gebeten. Du aber, Liebe, magst mit deiner Mutter nach dem Schauspiele gehen, wenn unsere Konferenz früh zu Ende ist, treffe ich Euch dort.«
    »Ich will ohne dich nicht nach dem Schauspiel gehen,« rief Karoline, »ich will kein Vergnügen, das ich nicht mit dir teile.« – Zärtlich umarmte sie ihn.
    »So leb' denn wohl!« sprach Eugen.
    »Wie, du willst schon gehen?«
    »Ich muß mich ankleiden, von hier bis zum Marais ist's weit und meine Geschäfte – «
    »Oh. ich Ärmste!« unterbrach ihn Karoline, »meine Mutter pflegte zu sagen, wenn die Männer Geschäfte vorschützen, um ihre Frauen zu verlassen, dann lieben sie sie nicht mehr.«
    »Karoline! – ich bin ja hier, ich habe diese Stunde trotz der strengen, unbeugsamen – «
    »Still!« rief sie. »an Entschuldigungen fehlt es Euch nie! – je nun, ich will dir glauben.«
    Eugens Blicke fielen in diesem Augenblicke auf ein Möbel, welches am Morgen erst vom Tischler gebracht war. Es war der ehemalige Werktisch von Rosenholz, an welchem Karoline sonst ihr tägliches Brot kümmerlich und mühsam sich erwerben mußte. Der Tischler hatte es neu aufpoliert, und ein Tüllkleid lag darauf ausgebreitet, mit einem reichen Muster zum Sticken vollkommen eingerichtet.
    »Ich werde diesen Abend fleißig sein!« sprach Karoline, auf den Werktisch deutend, »arbeitend werde ich mich in die Zeiten unserer ersten Liebe zurückträumen, wo du stumm an meinem Fenster vorübergingst und kaum einen einzigen Blick mir schenktest. – Ja, mein Freund, obschon du mir dies Möbel nicht geschenkt, ist es mir doch das liebste Stück in meinem Zimmer.«
    Eugen hatte sich wieder in einen Lehnstuhl niedergelassen. Karoline setzte sich auf seinen Schoß.
    »Mißverstehe mich nicht,« fuhr sie fort, »den Erwerb meiner Nadel werde ich zu wohltätigen Zwecken verwenden. – Du hast mich ja so reich gemacht, daß ich dessen nicht mehr bedarf. – Wie herrlich dünkt mich das Gut Bellefeuille, das du mir geschenkt hast. – Sage mir, mein Freund, kann ich mich nicht Karoline von Bellefeuille nennen? Du wirst es doch wohl wissen.«
    Eugen nickte lächelnd mit dem Kopfe, und Karoline sprang in die Höhe und schlug die kleinen Hände vor Freude zusammen.
    »So bin ich doch,« rief sie, »meinen Familiennamen los, den andere Mädchen gegen den ihres Gatten vertauschen, den ich freilich –«
    Errötend schwieg sie, nahm ihren Freund bei der Hand und führte ihn zu einem Klavier.
    »Jetzt habe ich die schwere Sonate vollkommen inne,« begann sie, um das Gespräch vom vorigen Gegenstand abzubringen, zum Überfluß ließ sie die leichten Hände mit großer Fertigkeit über die Tasten eilen.
    Eugen umarmte sie. »Karoline,ich sollte weit von hier sein.«
    »So willst du gehen? ich dachte, die Sonate würde dich erfreuen, und du solltest mehr mich deshalb lieben.«
    »Ich habe weit länger hier zugebracht, als ich billig durfte.«
    »Wohl mir, daß ich dich noch fesseln kann!« entgegnete Karoline.
    »Auf Wiedersehen! Frau von Bellefeuille,« sprach Eugen lächelnd. Sie schieden mit einer zärtlichen Umarmung, und Karoline stellte sich wieder auf den Balkon. Ihr Geliebter ergriff die Zügel, blickte sie noch einmal freundlich an, dann schwang er die Peitsche, der Wagen rollte fort und verschwand um die Ecke.
     
    Karoline hatte fünf Jahre in ihrer angenehmen Wohnung zugebracht, als ein neuer, dem vorigen ähnlicher Auftritt sich ereignete, um die zarten Bande, die beide Liebende einten, fester zu

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