Lebensbilder II (German Edition)
spöttischem Tone, »ist ein Etwas, was du niemals begreifst, der kalte Himmel der Normandie ist nicht der spanische. Die Sache ist die: sich den Launen eines anderen fügen, ihn erraten, in einem gewissen Schmerze Freude finden, die Meinung der Welt, die Selbstliebe, die Religion sogar, einem anderen zum Opfer bringen und alle diese Gaben nur für Weihrauch halten, die man zu Ehren seines Abgottes verbrennt, – daran erkennt man Liebe.«
»Ja, das nennen Operntänzerinnen Liebe,« versetzte die Gräfin mit bitterem Spotte. »Oh, solch ein Feuer ist nicht von Dauer, bald läßt es Asche und Kohlen, das heißt Reue und Verzweiflung. Eine Gemahlin, mein Freund, muß nach meiner Meinung wahre Freundschaft, ein stets gleiches Wohlwollen hegen und vor allem eine gewisse Würde zu behaupten wissen. –«
»Du sprichst von der Liebe, wie ein Neger vom Eis reden würde. – Das zarte Veilchen lockt uns mehr als die stolze Hyazinthe. Die Blumen, die im Frühling am lebhaftesten blühen und am stärksten duften, sind Dornenrosen; übrigens lasse ich dir Gerechtigkeit widerfahren, du hast dich so vollkommen innerhalb der Grenzen der Pflicht gehalten, welche das Gesetz vorschreibt, daß, wenn ich dartun wollte, worin du dich gegen mich vergangen, ich mich auf Dinge einlassen müßte, welche du nicht anhören kannst: ich müßte dich in Geheimnisse einweihen, welche deine ganze Moral umstoßen.«
»Wagst du es noch, von Moral zu reden?« rief die Gräfin, »kommst aus einem Hause, wo du das Vermögen deiner Kinder vergeudest und – «
»Madame! hierüber schweigen Sie!« unterbrach der Graf kaltblütig seine Gattin. »Wenn die Bellefeuille reich ist, so ist es nicht auf unsere Kosten. Mein Onkel ist Herr seines Vermögens, hat viele Erben und hat bei Lebenszeiten aus bloßer Freundschaft zu derjenigen, die er als seine Nichte betrachtet, zu ihrem Vorteile sich seines Gutes Bellefeuille entäußert, alles übrige sind ebenfalls Geschenke von ihm.«
»Sein Benehmen ist eines Jakobiners würdig! –«
»Vergessen Sie nicht, Madame, daß Ihr Vater einer der Jakobiner war, welche Frauen Ihrer Art so unbarmherzig verdammen. Der Bürger Bontemps hat Todesurteile unterzeichnet, während mein Oheim nur auf Frankreichs Wohl bedacht war.«
Angelika schwieg, aber die Erinnerung dessen, was sie soeben gesehen, erregte in ihrer Seele eine Eifersucht, die eben so neu wie schmerzlich ihr war. Mit leiser Stimme, als spräche sie mit sich selbst. Hub sie wieder an:
»Ist's möglich, sein eigenes und anderer Seelenheil so leichtsinnig zu vernichten?«
»Vielleicht haben Sie einst alles zu verantworten,« rief der Graf ungeduldig.
Angelika erschrak.
»In den Augen eines nachsichtsvollen Richters werden Sie allerdings zu entschuldigen sein, denn mein Lebensglück haben Sie mir geraubt, ganz im Glauben: es müsse so sein. Nicht Sie hasse ich, sondern die Leute, die Ihr Herz so verstockt haben. Sie beteten für mich, da Karoline mir ihr Herz weihte und mit Zärtlichkeiten mich überhäufte: Sie hätten beides tun können; hätten Sie nicht abwechselnd meine Geliebte und die Heilige am Fuße des Altars sein können? Lassen Sie mir auch Gerechtigkeit widerfahren, ich bin kein Wüstling, lein Leichtsinniger; meine Sitten sind rein, denn erst nach sieben unglücklichen Jahren bewog mich das Bedürfnis nach Behaglichkeit, die Sehnsucht nach Glück und Liebe, meine Zärtlichkeit einer anderen Person zu weihen und eine andere Familie als die meine mir zu erwerben; glauben Sie übrigens nicht, ich sei der einzige, tausend Eheleute gibt es hier in Paris, die alle samt und sonders aus ähnlichen Gründen eine doppelte Wirtschaft sich halten.«
»Großer Gott!« rief die Gräfin, »wie schwer wird mir, mein Kreuz zu tragen: wenn der Gatte, den du in deinem Zorn mir gegeben, hienieden nur durch meinen Tod seine Glückseligkeit finden kann, warum rufst du mich nicht heim zu dir?«
»Hättest du stets solche Gesinnungen gehabt, so wären wir miteinander niemals unglücklich gewesen.«
»Nun denn,« rief Angelika und vergoß einen Strom von Tränen, »vergib alles, was ich beging. Ja, mein Gemahl, ich will dir von nun an in allem gehorchen, denn ich hoffe, du wirst nichts Ungerechtes und Unnatürliches von mir begehren: alles, was eine Gattin ihrem Gatten sein kann, sollst du künftig in mir finden.«
»Madame, wenn es Ihre Absicht ist, mein Geständnis zu vernehmen, daß ich Sie nicht mehr liebe, ich habe den fürchterlichen Mut, es abzulegen.
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