Lebensbilder II (German Edition)
Ring?«
»Mein Diamant! Du hieltst ihn für verloren, ich fand ihn wieder in einer Schieblade meiner Toilette.«
»Wie gütig du bist!«
»Ich habe Ursache, dem Himmel dankbar zu sein. Weißt du, daß die Beaudremont höchstwahrscheinlich sich mit dem Kürassierobrist vermählen wird?«
»Vergebung! Vergebung!« rief Soulanges und fiel auf seine Knie.
Drittes Bild
Glanz und Elend
Noch vor kurzem stand mitten in der Rue St. Denis, fast am Ende der Rue du petit Lion, eines jener seltsamen Häuser, welches Romanschreibern und Antiquaren einen Begriff vom alten Paris zu machen geeignet ist. Die Mauern desselben drohten dem Einsturz und waren gleichsam mit Hieroglyphen besät: denn welch ein anderer Name kommt den X und V zu, welche die Quer- und Diagonalbalken, die, so oft ein schwerer Wagen vorüberfuhr, in ihren Fugen zitterten, zusammenklammerten? Ein spitzes Dach krönte das ehrwürdige Gebäude, wie in Paris kaum ein gleiches mehr zu finden ist. Es schützte, drei Fuß weit vorragend, nicht nur den Boden, der aus übereinandergenagelten Brettern bestand, sondern sogar auch die Schwelle des Hauses vor dem Einfluß feuchter Witterung.
An einem regnerischen Märztage stand morgens früh ein junger Mann, sorgfältig im Mantel gehüllt, dem Hause gegenüber und schien das alte Gemäuer mit kunst- und wissenschaftlichem Eifer zu betrachten.
Am liebsten hob sich sein Auge nach einem der kleinen, grünlichen Fenster des zweiten Stockwerks, sooft aber sein forschender Blick sich wieder zum Erdgeschoß hinabsenkte, umschwebte seine Lippen ein seltsames Lächeln.
Das Erdgeschoß nämlich hatte einen Ausbauer, welcher zum Laden benutzt wurde; so verkündeten nämlich die auf den noch geschlossenen Fensterladen abgebildeten Zeuge und Waren. Mitten auf diesem Ausbauer war statt des Aushängeschildes ein ziemlich groteskes Gemälde angebracht. Es stellte eine ballspielende Katze vor: wohl schwerllch kann ein neuerer Maler einer Katze ein ernsthafteres Ansehen geben und mit mehr Würde solch artiges Tier eine große Rakette halten lassen, wie auf jenem Bilde geschehen war. Ein größerer, fetterer und ehrwürdigerer Schwanz, als dieser ballspielenden Katze beigegeben war, läßt sich ebenfalls schwerlich heutzutage von der Phantasie eines Künstlers erhoffen. Das Gemälde hatte übrigens von der Zelt gelitten, und die erloschenen Stellen erweckten in dem Betrachter eine gewisse Wehmut über die Vergänglichleit der Kunstwerke: unter dem Bilde stand mit großen Buchstaben, die aber ebenfalls von den Einflüssen der Luft und Witterung gelitten, folgende Inschrift:
»Guillaume, Karls Nachfolger.«
Dergleichen Anstalten, welche die heutigen Pariser zum Lächeln nötigen, waren den Kaufleuten des fünfzehnten Jahrhunderts nicht minder ersprießlich als die gegenwärtige reiche Ausstattung der Kaufläden den unsrigen. Jene Bilder waren Porträts lebender, merkwürdiger Tiere, die durch ihre Monstruosität oder Dressur die Vorübergehenden in Erstaunen setzten. Das spinnende Schwein, der grüne Affe und, wie hier, die ballspielende Katze mußten das Renomee des Ladens, dem sie bei Lebenszeiten, im wörtlichen Sinne, vorgestanden, nach ihrem Tode aufrechterhalten.
Mehr als die ballspielende Katze verdient indessen ihr Betrachter unsere Betrachtung. Es war ein schöner, junger Mann mit geistreichen Zügen, sein Mantel schlug malerische Falten: er trug Schuhe und seidene Strümpfe, die sehr zierlich ließen, obgleich er damit mitten im Kote stand, und dieser Umstand genügt anzudeuten, daß er von einem Feste kam. Eine zweite Vermutung war die, daß er besondere Gründe haben mußte, weshalb er stets nach einem gewissen Fenster jenes abenteuerlichen Hauses blickte.
Da öffnete sich eine Bodenluke; der Jüngling wandte unwillig das darauf gerichtete Auge ab. Es waren drei feiste, wohlgenährte Gesichter, welche herniederschauten. Das heiterste dieser Gesichter deutete mit spöttischer Miene auf den Fremden, entfernte sich, kam aber bald wieder zum Vorschein. Wenige Augenblicke darauf ward ein Becken mit Seifenschaum über den stillen Betrachter ausgegossen; die drei lächelnden Gesichter oben hatten sich vermutlich eben barbiert, sie entfernten sich jetzt alle von der Luke, um sich an dem Zorn des Getroffenen zu werden.
Der Jüngling indessen begnügte sich, mit einem einzigen Blicke seine Verachtung ihnen auszudrücken, schüttelte den Schaum von seinem Mantel und blieb nach wie vor wie angewurzelt stehen.
Da öffnete sich
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