Lebenselixier
und der noch immer leicht benommene Wilhelm ihn mit
Argusaugen beobachteten. Die Wächter würden verhindern, dass er noch einmal
etwas unüberlegtes tat.
„Sobald sie sie nicht mehr als Druckmittel brauchen, werden sie Tony töten. Auf
der Flucht wäre sie nur im Weg.“
„Auch wenn es Samantha wäre, die dort oben in der Falle sitzt, könnte ich
nichts anderes tun“, grollte Arne. „Ich habe Verstärkung angefordert, sofort
nachdem du mich angerufen hast.“
„Aber das dauert zu lange.“ Jan raufte sich die Haare.
„Ohne diese verfluchte Droge …“, Arne verstummte. Sie befanden sich in einer
Pattsituation, die sich mit jeder Minute, die verstrich, zu ihren Ungunsten
verschob, das war ihm absolut bewusst. Am Ende würde ihnen nichts übrig
bleiben, als eine Person als Ablenkung zurückzulassen und mit den Übrigen das
Gebäude zu stürmen. Beim bloßen Gedanken trat dem Jäger kalter Schweiß auf die
Stirn. Diese Sterblichen wussten, mit wem sie es zu tun hatten. Außerdem
konnten sie jederzeit die Geiseln als Druckmittel benutzen, wenn sie bemerken
sollten, dass ihre Gruppe sich aufgeteilt hatte.
Nein, wurde Arne
klar. Er konnte es gar nicht riskieren, nur eine Person hier unten
zurückzulassen. Andererseits gab es kaum eine Möglichkeit, Lukas noch lange
zurückzuhalten. Arnes sensible telepathische Fähigkeiten nutzten ihm in dieser
Situation nichts. Er würde die beiden Wächter, die im Umgang mit herkömmlichen
Waffen erfahrener waren als er und Jamal, mit Lukas und Jan in den Kampf
schicken müssen. Und hoffen, dass ihre Gegner nicht zu schnell begriffen, was
vor sich ging.
„Verdammt, ich bin für jeden konstruktiven Vorschlag dankbar. Wenn ich nur ein
paar Leute mehr hätte.“
Jamal blickte
zufällig in Jans Richtung, als die Augen des jungen Bluttrinkers aufleuchteten.
Jan zog sein Handy hervor und tippte hastig darauf herum.
„Okay, Arne. Du kriegst so viele Leute, wie du brauchst. Ihr vier lenkt die
Dreckskerle ab und Lukas und ich kümmern uns um den Überraschungsangriff. Was
sagst du?“
Arne sagte
nichts. Mit zusammengezogenen Brauen beobachtete er, wie Jan in sein Handy sprach.
„Jan Pfeiffer hier.“ Jan lauschte kurz. Sein erschöpftes Gesicht verzog sich zu
einer Grimasse, die vielleicht ein Grinsen sein sollte. „Ich dachte, du
wüsstest gerne, wo sich Finns und Paolos Mörder aufhalten. - Nein, ich schätze,
das musst du selber rausfinden.“
Dann erklärte er der Person am anderen Ende, wo genau sie sich aufhielten und
in wenigen Sätzen, worum es ging. Auch der Abschied fiel knapp aus.
„Bis gleich, Rhen!“
Wer hätte geahnt, dass Arnes Züge sich noch weiter verfinstern konnten.
„Rhen O´Toole?“
„Kennst du noch einen?“
Arne legte für
gewöhnlich keinen Wert auf Ehrerbietung. Doch in diesem Augenblick klang Jan
entschieden respektlos. Offenbar hatte er beschlossen, die Befreiung seines
Gefährten selbst zu organisieren. Und möglicherweise besaß er sogar die Mittel
dazu! Jan sah dem Jäger fest in die Augen.
„Diese Sterblichen haben zwei Gefährten in ihrer Gewalt. Sie foltern sie und
werden sie töten. Drei Heranwachsende sind bereits tot. Die wissen, was wir
sind und wie sie uns vernichten können. Es steht mir nicht zu, einen Jäger auf
das Gesetz hinzuweisen.“
„Und doch tust du es“, knurrte Arne.
„Wenn es in unserer Macht steht, diese Bedrohung abzuwenden …“ Jan sprach den
Rest nicht aus. Das war auch nicht nötig. Wenn Arnes Verstärkung nicht bald
auftauchte, blieb den Jägern nichts übrig, als die Hilfe der Warlocks
anzunehmen. Ob das Arne behagte oder nicht.
„Unsere Väter
haben damit nichts zu tun,“ murmelte Jan.
Überrascht blickte Arne auf.
„Ich würde mich hüten, Sinclair St.John in die Quere zu kommen. Aber Rhens
Vater gehört nicht zu den Alten Göttern .“
Jan hatte es stets vermieden, den Eindruck zu erwecken, er verfüge, was die Alten betraf, über irgendwelches Insiderwissen. Jetzt ließ sein Tonfall keinen
Zweifel: Wenn dem so wäre, wüsste er davon.
Arne nickte. Es erleichterte ihm die Entscheidung, um die er ohnehin nicht
herumkam.
Unvermittelt
sahen die Jäger sich zehn Warlocks gegenüber. Rhens Gefolgsleute waren
ausnahmslos in schwarzes Leder gekleidet und bis an die Zähne mit diversen
Klingen bewaffnet.
„Hab gehört, ihr braucht Unterstützung.“
Rhen schenkte Arne ein boshaftes Grinsen. Die Miene des Jägers glich einer
starren Maske. Die beiden Bluttrinker standen einander gegenüber, wie zwei
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