Lebenselixier
halb
belustigt, halb ärgerlich. „Aber das Tuschinski ist toll. Ward ihr da schon
mal?“
Tony verneinte.
„Von außen sieht es aus, als wäre man in Gotham-City gelandet“, bemerkte
Danilo.
Tony lachte. „Wie eine Batman-Kulisse“, assistierte sie, auf Arnes fragenden
Blick hin.
„Das ist Art déco, ihr Banausen“, empörte sich Samantha.
„Also gut, gehen wir ins Kino. Du kommst doch mit, Tony?“
05
Tony fühlte sich
nicht wohl mit dem Gedanken dabeizusitzen, während Danilo sich von ahnungslosen
Menschen nährte. Gleichzeitig schalt sie sich eine Heuchlerin. Jeder
ungebundene Bluttrinker tat das. Alle drei bis vier Tage.
Sie beobachtete
Danilo, wie er zwischen den schwatzenden, Cola trinkenden und Popcorn essenden
Kinobesuchern umherstrich. Unleugbar ein Raubtier, auf der Suche nach seiner
Beute. Schließlich hielt er inne, fixierte eine hübsche, brünette junge Frau.
Das Mädchen blickte sich um, als hätte sie ein Geräusch gehört, dem sie auf den
Grund gehen musste, bis sie Danilo entdeckte, der sie unverwandt ansah.
Irritiert wandte
Tony die Augen ab. Vor ihrem geistigen Auge erschien Lukas, wie er in einem
Kino in Klarenberg an der Bar lehnte und ihren Blick bannte. Die Stimme der
jungen Frau drang zu ihr herüber. Sie habe einen Bekannten entdeckt, behauptete
sie. Aus der Gruppe junger Leute, mit denen sie gekommen war, machten nur zwei
sich die Mühe flüchtig hinzusehen, zu wem sie ging. Tony überlegte, ob das
mangelnde Interesse ebenfalls auf Danilos Intervention zurückzuführen war.
Sekunden später hing das Mädchen an Danilos Arm und himmelte den Bluttrinker
an, als stünde sie Justin Bieber und Robert Pattinson in Personalunion
gegenüber. Dabei musste Tony zugeben, Arnes Sohn sah mit seinem zerzausten,
roten Haar, in schwarzen Jeans und dem mit einem Totenkopf bedruckten T-Shirt
umwerfend aus. Ein Badboy, der die Hormone der anwesenden Teenager Purzelbäume
schlagen ließ. Er zog gewiss keine geringere Aufmerksamkeit auf sich als Lukas.
Unwillkürlich drängte sie sich enger an die Seite ihres Gefährten, bis er den
Arm um ihre Schulter legte und sie fragend ansah. Lukas Bewunderinnen waren im
Durchschnitt nur wenige Jahre älter.
Im Kinosaal
suchte Danilo für sich und seine Beute Plätze in den hinteren Reihen.
Durch die Dunkelheit und die Entfernung bekam Tony nichts weiter mit. Obwohl
Lukas völlig entspannt wirkte, wusste sie, dass er Danilo im Auge behielt. Auf
der Leinwand begann sich ein mit vielen Spezialeffekten aufgepepptes
Teeniemärchen abzuspulen.
„Scheiße!“ Lukas
richtete sich im Kinosessel auf. Er neigte und drehte den Kopf, als versuchte
er, ein fernes Geräusch aufzufangen. Soeben wurde das Licht für die Pause
wieder heller. Zwei Eisverkäufer postierten sich neben den Eingängen.
Unvermittelt sprang Lukas aus seinem Sitz und zog Tony mit sich. Von ihrem
idealen Platz im Zentrum des Kinos in Richtung einer leeren Dreierreihe am
Rand, in unmittelbarer Nähe eines Notausgangs. Alarmiert folgte Tony ihrem
Gefährten. Sie wusste, er tat das nicht ohne Grund.
„Danny!“ Lukas
Stimme war nicht laut genug, um allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen,
aber der Junge hörte ihn und zu Tonys Erstaunen reagierte er sofort. Kurz legte
er die Hand auf die Stirn seiner Wirtin. Tony wusste, die Berührung
erleichterte es ihm, ihre Erinnerung zu modifizieren.
Das typische
Stimmengewirr einer größeren Menschengruppe erfüllte den Saal. Auch andere
Besucher standen auf und gingen umher. Danilo trabte die Stufen herunter und
ließ zu, dass Lukas ihn zwischen sich und Tony in einen Sitz schubste. Die
Botschaft war klar. Wer auch immer an seine Frau oder seinen Schützling heran
wollte, musste zuerst an ihm vorbei.
Tonys Magen verkrampfte sich. „Was ist los? Lukas, rede mit mir!“
Danilo fragte: „Wer sind die?“
Lukas schüttelte stumm den Kopf, lauschte angespannt in sich hinein.
Tony blickte auf
und sah eine Gruppe von mindestens zehn hochgewachsenen Männern in den Saal
drängen. Das Stimmengewirr der Menschen ebbte ab, erstarb schließlich. Wer
aufgestanden war, setzte sich wieder, wer umherging, ließ sich im nächsten
freien Sitz nieder. Ein Flimmern erfüllte die Luft, wie Milliarden
mikroskopisch kleiner Blitze. Das musste es sein, was Arne am Abend zuvor mit Glanz gemeint hatte.
Keiner der Sterblichen im Raum konnte die Vampire wahrnehmen. Die geballte
hypnotische Kraft der Bluttrinker ließ die unter ihrem Bann stehenden Menschen
zur
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