Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebenselixier

Lebenselixier

Titel: Lebenselixier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
Vom Netzwerk:
Mit hämmerndem Herzen rang
Vincente mit diesen Anwandlungen. Der Drang ließ nach. Die Infusion wirkte
bereits. Ohne das Medikament hätte keiner von ihnen eine Chance, sich dem
Willen dieses Wesens zu widersetzen!
„Die Jäger werden euch aufspüren und töten.“
Der Vampir schloss die Augen.
Der drängende Wunsch, so viel räumlichen Abstand zwischen sich und diese
Kreatur zu bringen, wie nur irgend möglich, entsprang Vincentes eigenem Hirn.
Dessen war sich der Priester sicher.

 
     
07
    Menschen hätten
den Toten auf Anfang bis Mitte zwanzig geschätzt. Allerdings wäre es so manchem
schwergefallen, den jungen Mann überhaupt anzusehen. Es war nicht jedermanns
Sache, ins Gesicht einer Leiche zu sehen, deren Kopf ungefähr drei Meter vom
Hals entfernt lag. Lukas blieb nichts anderes übrig. Er zog vorsichtig an den
blonden, kurz geschnittenen Haaren, um den Kopf umzudrehen und ein Foto machen
zu können. Die Haut der nackten Leiche war mit Blutergüssen und rötlichen
Narben übersät.
    „Verdammt wenig
Blut“, bemerkte Jamal.
„Er wurde nicht hier getötet“, gab Arne seinem Assistenten recht. Der Jäger
ließ den Blick über das kiesbedeckte, mondbeschienene Flachdach schweifen, auf
dem sie diesen grausigen Fund gemacht hatten. Alle umliegenden Dächer lagen
tiefer. Purer Zufall, dass sie ihn gefunden hatten. Der Tote hätte hier oben
leicht tagelang unentdeckt bleiben können. Mehr als genug Zeit für die
Sommersonne, den Körper zu einem unauffälligen Häufchen Asche zu verzehren.
„Ein Raubüberfall?“, mutmaßte Lukas.
„Straßenräuber haben heutzutage selten Schwerter bei sich, um Bluttrinker zu
köpfen. Das war einer von uns“, behauptete Jamal.
Arne wiegte den Kopf. „Jedenfalls war es jemand, der uns kennt. Jemand der
wusste, was er tun muss, um uns endgültig den Garaus zu machen.“ Vorsichtig hob
er den angewinkelten Unterarm des Toten ein paar Zentimeter an. Genug um zu
sehen, dass die Haut in der Armbeuge dunkelviolett unterlaufen war. „Nach einem
Kampf sieht das nicht aus.“
Lukas strich mit dem Finger über die Wange des toten Artgenossen. Bluttrinker
wurden zwar mit Einsetzen der Pubertät in rasantem Tempo erwachsen, doch der
Bartwuchs hinkte zumeist ein paar Jahre hinter der übrigen Entwicklung her. „Er
war noch ziemlich jung. Nicht älter als sechzehn, denke ich.“
Kaum älter als Danny! Arne verdrängte den Gedanken.
„Trotzdem“, beharrte Jamal. „Wer hätte ihn überwältigen können, wenn es keiner
von uns war?“
Arne zuckte die Achseln. „Wir werden sehen, was das Labor sagt. Ich habe schon
mit Frankfurt gesprochen. Johann hat uns Unterstützung zugesichert.“
Lukas nickte. Was Ermittlungs- und Laborarbeit anging, waren die Spezialisten
seines Vaters die Besten. Er überprüfte die Fotos auf dem Display seiner
Kamera. „Irgendeine Ahnung, wer das sein könnte?“
Einen Moment schien es, als sähe Arne durch ihn hindurch. „Ich hab da so eine
Ahnung“, murmelte der Jäger.
     
    „Finn“, sagte der
blonde Bluttrinker, dem der tote Junge erstaunlich ähnlich gesehen hatte, mit
bebender Stimme. „Er ist sechzehn. Das heißt, er wäre nächste Woche sechzehn
geworden.“
Eine dünne, weizenblonde Frau hockte zusammengekauert in einer Ecke des antiken
Sofas. Die grauhaarige Sterbliche, die neben ihr saß, hielt ihre Hand und
streichelte sie mitfühlend. Die Augen der Sterblichen waren nicht weniger
gerötet vom Weinen, als die der Mutter des Toten.
„Anna hat Elena schon als Kind gekannt. Sie führt unseren Haushalt“, erklärte
der Bluttrinker die Anwesenheit der sterblichen Frau. Wenige Vampire leisteten
sich fest angestelltes Hauspersonal. Selbst die sehr Wohlhabenden zogen es vor,
Reinigungsfirmen und andere Dienste zu engagieren. Die boten zwar weniger
Bequemlichkeit, entsprachen aber ihrem Bedürfnis nach Anonymität und
Privatsphäre.
    „Es tut mir leid,
euch weiter quälen zu müssen, Cornelius“, versicherte Arne.
„Du brauchst Antworten, um seinen Mörder zu finden.“ Cornelius zupfte fahrig an
den Manschetten herum, die aus dem Jackett seines Maßanzugs ragten. „Also stell
deine Fragen.“
„Die erste Frage lautet natürlich: Gab es jemanden, mit dem er Streit hatte?“
Der blonde Vampir ließ sich in einen der zierlichen Polstersessel fallen.
„Finn war mitten in der übelsten Rüpelphase. Das muss ich dir doch nicht
erklären, wie das ist. Gewiss hatte er Streit. Er ist dem Ärger
hinterhergelaufen, in den letzten Monaten. Er hatte ein

Weitere Kostenlose Bücher