Lebenselixier
Nicken zögerlicher aus.
Natürlich wollte Lukas seine Freunde besuchen, und Köln lag auf dem Weg. Allerdings
fiele es Tony wesentlich leichter, sich dafür zu begeistern, würde Lukas bester
Freund sein Geld nicht ausgerechnet mit einer Blutbar verdienen.
Wie käme sich wohl eine durchschnittliche Ehefrau vor, wenn ihr Mann seinen Kumpel
besuchen wollte, der ein Bordell betreibt? Lukas behauptete zwar stur, das wäre
nicht dasselbe, aber Tony entging der Unterschied.
Bei genauerem Nachdenken mischte sich Misstrauen in Tonys Freude. Die Aussicht,
zwei Wochen ununterbrochen mit ihrem Gefährten zu verbringen, war zu gut, um
wirklich wahr zu sein. Allein dass er jetzt, nach Sonnenuntergang, entspannt
bei ihr saß und sie gemeinsam der sommerlichen Geräuschkulisse Amsterdams
lauschten, erschien ihr beinahe unglaubwürdig.
Gewiss, die Bluttrinker waren den Empfehlungen der Jäger gefolgt. In Amsterdam
hielt sich kein einziger Artgenosse mehr auf, der jünger als achtzehn war.
Damit fiel ein Teil des Arbeitspensums weg, das Arnes Leute im Sommer zu
bewältigen hatten. Keine Minderjährigen forderten die Hilfe der Jäger an, weil
sie sich überschätzt oder in irgendwelchen Unfug verstrickt hatten. Dennoch
musste es einen Haken geben. Einen richtig Großen sogar.
„Wo ist der
Haken?“
„Kein Haken und kein doppelter Boden“, versicherte Lukas. „Ich habe seit dem
Frühjahr praktisch rund um die Uhr gearbeitet. Alleine deswegen stünden mir
inzwischen über zwei Monate Freizeit zu. Außerdem haben wir jeden Stein
mindestens drei Mal umgedreht.“ Lukas klang ebenso erschöpft wie frustriert.
„Wir haben nicht den Hauch einer Spur. Absolut keinen Hinweis, dem wir nicht
schon nachgegangen sind. Totale Sackgasse. Arne meint, wenn noch einer mehr
herumsitzt und vor sich hin grübelt, macht uns das auch nicht schlauer.
Allerdings muss ich, sobald sich etwas Neues ergibt, zurückkommen. Und wir
sollten zusehen, dass wir zeitig losfahren, damit wir es bis zur Dämmerung nach
Frankfurt schaffen.“
„Frankfurt? Ich dachte, wir besuchen zuerst Etienne.“
„Das tun wir auch. Aber da wir ohnehin in der Richtung unterwegs sind, hat Arne
mich um einen Gefallen gebeten. Wir müssen Paolo im Hauptquartier abliefern.
Ich kann mich darüber nicht beklagen. Auf die Art macht Arne es dem Rat
schmackhaft, mich mitten in dieser Untersuchung wegfahren zu lassen.“
Lukas blickte einem Ausflugsboot hinterher, in dem auf jedem Tisch Kerzen
brannten. Tony stellte ihr halb leeres Sektglas auf dem Gartentischchen ab,
neben der Flasche.
„Paolo ist tot!“
Lukas nickte langsam.
„Das sollten wir positiv sehen. Er wird uns ganz bestimmt nicht stören.“
„Lukas!“ Tony war kurz davor zu schreien.
„Außerdem bekommen wir Arnes Volvo“, fuhr er fort. „Da passt Paolo bequem in
den Kofferraum.“
Tony presste die Handflächen auf ihre Ohren und schrie so laut sie konnte.
15
Lukas betrat
einen Raum, der von den schweren Düften nach Sex und Blut gesättigt war. Erst
als er die allzu intensiven Eindrücke, die ihm die stickige Luft zutrug,
ausblendete, gelang es ihm, sich wieder auf seine Augen zu konzentrieren.
Es hielten sich schon zu viele Personen in diesem Raum auf, wie es schien,
sowohl Menschen als auch Bluttrinker. Oder lag es daran, dass sich alle an
einer Wand und auf Rhens eigenwilligen Polstermöbeln zusammendrängten?
Die weiter von
der Tür entfernte Seite des Raumes hatte Rhen fast für sich alleine. Er blickte
auf und winkte Lukas herein.
Der Warlock trug nur eine eng anliegende Lederhose. Seine Haut spannte über den
Brustmuskeln, wie bei einem Bodybuilder, der seinen Körper für den Wettkampf
vorbereitet hatte. Jede Muskelfaser und jede Sehne zeichnete sich deutlich ab.
Er musste vor Kurzem einen emotional und körperlich anspruchsvollen Kampf
ausgefochten haben. Vielleicht war es dabei um die Frau gegangen, die sich
ebenfalls auf seiner Seite des Raumes aufhielt.
Wenn man das so nennen konnte. Sie war mit ausgebreiteten Armen und gespreizten
Beinen an ein schwarz lackiertes Andreaskreuz gefesselt.
Lukas lehnte sich
an einer Stelle, von der aus er die Sterbliche im Profil betrachten und Rhen
ins Gesicht sehen konnte, an die Wand. Nachdem Rhen überzeugt war, dass Lukas
einen guten Platz gefunden hatte, hob er die Hand, in der er eine aufgerollte
Peitsche hielt, und wandte sich seinem Spielzeug zu.
Die Frau stand
nicht unter Hypnose und ein durchdringender Geruch sexueller Erregung ging von
ihr aus. Sie
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