Lebenselixier
Mädels an der Bar wünschen mich wahrscheinlich grade zum
Teufel. Aber du bist verrückt, wenn du denkst, ich bedaure es, zur Abwechslung
mal ein paar Stunden früher aus dem Irrenhaus da unten rauszukommen.“
Es beruhigte Tonys Gewissen, dass er tatsächlich müde wirkte.
„Du lieferst mir das ideale Alibi. Das Wochenende war höllisch. Außerdem sollen
die sich nicht beklagen. Ich bin für jede von ihnen schon ein Dutzend Mal
eingesprungen. Meistens, weil sie Trouble mit ihren Kerlen hatten.“
Tony lehnte sich im Sessel zurück und betrachtete den jungen Gefährten
verwundert. Sie hatte ihn und Jan im vergangenen Jahr ein paar Mal getroffen.
Allerdings ohne die Gelegenheit zu einem entspannten Gespräch zu finden. Jetzt
überraschte sie, wie angenehm sich Thomas Gesellschaft anfühlte.
17
Jeremias hatte
sich in einem luxuriösen Chefsessel hinter einer gläsernen Schreibtischplatte
niedergelassen. Entspannt zurückgelehnt wanderte sein Blick durch den
großzügigen Raum, angefüllt mit exquisitem Leder, echten Kunstgegenständen und
Designerleuchten. Ein riesiges Fenster nahm die gesamte Längsseite des Büros
ein und bot freie Aussicht über lang gestreckte Fabrikhallen und ausgedehnte
Laborgebäude. Dahinter breiteten sich weitere Industrie- und Bürokomplexe aus.
Doch in diesem Gewerbepark, vor den Toren Londons, überragte das
Verwaltungsgebäude von Goldshield-Pharmaceutics alle anderen.
Die dunkle Holztür gegenüber des Schreibtisches öffnete sich. Der rothaarige
Bluttrinker, der hereinkam und ihm eine zerfledderte Akte zuschob, war Jeremias
Assistent und Stellvertreter.
„Edwin hat etwas gefunden.“
„Vielleicht sollte ich mir auch so ein modernes Büro zulegen“, sinnierte Jeremias,
ohne aufzublicken.
Der rothaarige Ire grinste. „Du in Edelstahl und Halogen? Bist du sicher, dass
du im dreiundzwanzigsten Stock mit Panoramafenster residieren willst?“
„Mich zu zwingen, den Tag hier oben zu verbringen, wäre eine Methode mich zu
foltern. Ganz egal, was man mit diesem Fenster anstellen würde.“ Jeremias ließ
den Sessel herumschwingen und legte die Füße auf die elegante Schreibunterlage.
„Die Möbel sind allerdings nicht schlecht. - Was habt ihr ausgegraben?“
Der Assistent ließ sich in einen der Besuchersessel fallen.
„Unterlagen über die Entlassung eines gewissen Charles Cross. Der Bursche war
Leiter der Entwicklungsabteilung. Aber als er mit unserem Vermissten
zusammentraf, hatte man ihn längst gefeuert.“
Jeremias kniff die Augen zusammen und betrachtete das Foto, das an der ersten
Seite der Akte klemmte. „Altes Foto oder sehr junger Entwickler?“
„Er war jung als er entlassen wurde und noch jünger, als sie ihn einstellten.
Der jüngste Abteilungsleiter in der Firma. Frisch von der Uni hier
reingestolpert und prompt die Treppe raufgefallen.“
„Wer so schnell so hoch steigt, sollte sich einen guten Fallschirm zulegen,
was.“
„Da hast du verdammt recht. In seiner Akte befindet sich ein Vermerk, dass die
meisten Unterlagen der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt wurden. Und
diese nette kleine Bemerkung“, Sean beugte sich vor und deutete auf eine
Aktennotiz, „kommt dem Eintrag in eine schwarze Liste gleich. Wer auch immer sich
bei Goldshield nach Cross erkundigt, bekommt die deutliche Empfehlung, von dem
Burschen die Finger zu lassen. Der kriegt nie wieder irgendwo ein Bein auf den
Boden.“
„Was hat er angestellt? Finger in der Kasse?“
„Er hat die Ressourcen der Firma genutzt, um nebenbei irgendwelche
Designerdrogen zusammen zu rühren. Aber das wirklich Spannende ist das hier.“
Sean löste einen selbstklebenden Notizzettel von der Innenseite des
Aktendeckels und pappte ihn vor Jeremias auf die Schreibunterlage.
Dienstag 10:30Uhr
Anruf Prof. Dr. Walser
fragt nach Telefonnummer von C. Cross
Haben wir eine aktuelle Nummer von dem Kerl?
Ist der schon aus dem Knast raus?
Ruf mich zurück!
Beth
Jeremias Miene
verzog sich zu einem Grinsen. „Wenn wir jetzt noch herausfinden, wo die beiden
sich inzwischen aufhalten ...“
„... finden wir hoffentlich auch unseren verlorenen Sohn wieder“, ergänzte
Sean.
Zwei Stunden
später waren die Jäger allerdings keinen Schritt weiter. Sie hatten reichlich
Unterlagen entdeckt, die belegten, dass es Walser gewesen war, der Cross bei
seinem Abschied von Goldshield als Nachfolger für seinen hoch dotierten Posten
in der
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