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Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition)

Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition)

Titel: Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Bielendorfer
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dass immer nur einer das Tuch benutzen durfte, während der andere sich auf seine Fähigkeit zur Körpertemperaturerhaltung als wechselwarmes Wesen verlassen musste.
    Die Betten waren wohl auch für die anderen etwas gewöhnungsbedürftig, denn Herr Wolke stürzte plötzlich mit hochrotem Kopf aus seinem Zimmer, weil er nach dem Probeliegen ganze zwanzig Minuten gebraucht hatte, bis er sich aus dem durchgelegenen Bett wieder herausgeschält hatte. Die Matratze hatte ihn weich wie Schweinespeck umschlungen, sodass er sich am Nachttischchen herausziehen musste, sagte er und strich sich den Schweiß von der Stirn.
    »Alles okay, Herr Wolke?«, fragte Patrick und klopfte unserem Klassenlehrer auf den Rücken, der, die Hände auf die Knie gestemmt, Luft holen musste.
    »Dolores heißt Schmerzen auf Spanisch«, stieß er zwischen zwei Atemzügen genervt hervor. Anscheinend unterschied sich die Bedeutung im Niederländischen nicht sehr.

Welkom in Amsterdam
    Weder Herrn Wolke noch uns blieb viel Zeit zum Verschnaufen, denn Herr Sommer hatte ein straffes Tagesprogramm zusammengestellt. Die erste Station unserer Städtetour war das Anne-Frank-Haus in der Prinsengracht, ein ebenso schmales Gebäude wie unser Hotel, an das mittlerweile ein moderner Neubau aus Glas angegliedert war. Anne Frank und ihre Familie hatten sich hier über Monate vor den Nazis versteckt, eingepfercht in einen kleinen Zwischenraum, ständig in der Angst, entdeckt zu werden, und deshalb zu gespenstischer Ruhe verdammt.
    »Was meint ihr, was Anne Frank hier am meisten gefehlt hat?«, fragte Herr Sommer, während wir die spärlich möblierten Zimmer durchschritten.
    »Ein Schlagzeug?«, lachte Gökhan und bekam von Patrick sofort einen Klaps auf den Hinterkopf. Manche Gehirne schienen für das Leid anderer zu wenige Synapsen zu besitzen.
    »Noch so ein Spruch, und ich bringe dich persönlich nach Hause, Gökhan«, wies Herr Sommer Gökhan scharf an, und niemand bezweifelte, dass er es ernst meinte.
    »Die Außenwelt?«, sagte Patrick neben mir, mehr zu sich selbst als zu Herrn Sommer, der diese richtige Antwort mit einem Nicken quittierte.
    »Sie lebte wie in einem Kokon, gefangen in diesem Haus, beherrscht von Angst«, sagte Herr Wolke. »Mit seiner Angst ganz allein gelassen zu werden, muss eine schreckliche Erfahrung sein«, sagte er und sprach damit unsere Gedanken aus. Selbst Gökhan hielt mal für ein paar Minuten den Mund und verzichtete auf dumme Witze.
    Nach dieser wirklich bedrückenden Erfahrung fiel es den meisten zwar schwer, aber der straffe Tagesplan von Herrn Sommer sah nun ein Mittagessen vor. Unsere Wahl fiel zu Herrn Sommers Entsetzen auf einen Febo-Selbstbedienungsladen, in dem man ausschließlich holländische Spezialitäten aus Verkaufsautomaten ziehen konnte. Alles war frittiert, selbst der aschblonde Mann, der die Automatenfächer auffüllte und Kleingeld wechselte, sah irgendwie frittiert aus, ganztägig in einem solchen Geschäft zu stehen, war wahrscheinlich schädlicher, als Rattengift zu lutschen.
    Frikandel, Kroketten, Bitterballen – die holländische Küche hielt einige köstliche Panadebrocken mit schwer identifizierbarem Inhalt parat, was dazu führte, dass ein Großteil der Klasse nicht nur sein komplettes Kleingeld, sondern auch seine Bewegungsfähigkeit einbüßte. Vollgestopft mit gesundheitsschädlichem Frittierfett, hingen wir nach der Mahlzeit träge auf der lieblosen Plastikbestuhlung. Ans Weitergehen war nicht mehr zu denken. Jedenfalls nicht für uns, Herr Sommer deutete schon mehrmals genervt auf die Uhr, während Herr Wolke selbst eine ganze Automatenladung plünderte. Kurz dachte ich darüber nach, Hanna Sommer jetzt meine Liebe zu gestehen, da sie im fettsedierten Zustand zumindest nicht schreiend weglaufen konnte, sah dann aber davon ab, weil ihr Vater dabei war und ich mich wie eine Mastgans fühlte. Nicht besonders sexy.
    Herr Sommers drängender Hinweis auf den engen Zeitplan und die Uhrzeit brachte ohnehin nichts, denn unser nächster Tagesordnungspunkt, das Van-Gogh-Museum, war ganztägig geschlossen wegen Umbauarbeiten.
    »Na ja, kein Grund, sich ein Ohr abzuschneiden«, scherzte Herr Wolke, Herr Sommer sah das anders und packte genervt den Stadtplan aus. Die ganze schöne Planung war dahin, man konnte seinen kolossalen Ärger problemlos an seiner Mimik ablesen.
    Plötzlich hörte man Kemal laut aufschreien: »Herr Wolke!« War unser türkischer Pornopapst und Karaokefan von den Bitterballen

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