Lebenssonden: Roman (German Edition)
hatte er den Fehler schon vor einem halben Jahr gemacht: als er um ein Gespräch mit Admiral Liu bat, um die Möglichkeit einer Rückkehr nach Ceres zu sondieren.
»Sie wollen uns verlassen?«, hatte Liu gefragt und Bailey mit dem guten Auge ins Visier genommen.
»Jawohl, Sir. Die Nachricht ist raus, und es gibt keinen Grund mehr, mich noch länger hier zu behalten. Wie man so schön sagt, Schuster, bleib bei deinen Leisten. Zumal die Hypothekenzahlung für das nächste Jahr auch bald fällig wird.«
Liu nickte. »Vielleicht kann ich Ihnen behilflich sein, Mr. Bailey. Ihr Schiff stammt von der Schiffswerft Calverton, Modell VII, Prospektoren-Klasse, nicht wahr?«
Bailey grunzte als Bestätigung. Ihm gefiel die Richtung nicht, die das Gespräch nahm.
»Calverton hatte gute Schiffe gebaut, bevor sie Bankrott machten. Und auch ziemlich leistungsstarke, glaube ich.«
Bailey nickte. »Sie sind natürlich nicht mit den großen Schleppern zu vergleichen, aber recht flott. Wäre sonst auch zu teuer. Die Anzahl der Flüge, die ein Schiff während der normalen Lebensdauer macht, ist eine Funktion der Zahl der Asteroiden, die es überprüft. Das bedeutet schnelle, hyperbolische Bahnen.«
»Und kurze Urlaubsflüge?«
»Und kurze Urlaubsflüge«, pflichtete Bailey ihm bei. »Dieser hier dauert aber schon dreimal länger, als ich es mir eigentlich leisten kann. Bei der Rückkehr nach Ceres werde ich fast ein Jahr meines Lebens verloren haben.«
»Ich verstehe Ihr Problem, und ich glaube, ich vermag Ihnen auch bei der Lösung zu helfen. Wir sind knapp an Transportmitteln, besonders während des ersten halben Jahrs nach der Ankunft der Sonde. Ihr Schiff könnte die Lücke zum Teil füllen.«
»Ich als Lastenkutscher? Nein danke, Admiral.«
»Wir werden Ihnen auch ein gutes Angebot machen – eins, das es Ihnen ermöglicht, Ihre Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen und obendrein einen ordentlichen Gewinn zu machen.«
»Schauen Sie, Admiral, ich bin mein eigener Chef und so soll es auch bleiben.«
Liu hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt und Bailey nachdenklich angeschaut. »Wir könnten Ihr Schiff aber auch beschlagnahmen, glaube ich.«
»Das ist Erpressung!«
Liu nickte. »Manche Leute würden es wohl so nennen.«
Bailey schaute Liu ins Gesicht. Schließlich schluckte er schwer und sagte: »Admiral, hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie ein verdammter Hurensohn sind?«
Liu warf den Kopf zurück und lachte. »Mr. Bailey, was glauben Sie, wie ich sonst Admiral geworden wäre?«
Und so hatte Don Bailey doch als Frachtkutscher auf der Erdroute angeheuert.
»Ich bin bereit, Onkel Don«, sagte Lisa, nachdem sie die Anflugdaten nachgeprüft hatte.
»In Ordnung, leite den Countdown ein. Lass eine Hand am Joystick, damit du ihn beim Ausfall der Automatik sofort griffbereit hast. Eine wie lange Zündung wirst du uns geben?«
»Zwölf Sekunden.«
»Achte auf die Entfernung und nimm rechtzeitig den Schub zurück. Nicht dass du noch jemanden in unserem Abgasstrahl grillst. Achtung … fünf … vier … drei … zwei … eins … gib Stoff, Liebes!«
Das Triebwerk der Lügenbaron erwachte stotternd zum Leben, und eine unsichtbare Hand drückte sie sanft auf die Liegen. Zwölf Sekunden später waren sie stationär in Bezug auf die Ansammlung von Himmelsschrott, der sich um die Graf Bernadotte konzentriert hatte.
Das Abladen der Stahlfracht war eine Sache von zwanzig Minuten für einen Mann im Raumanzug. Bailey schwitzte unter der heißen Sonne und löste die Sicherungsbänder mit einem gelegentlichen Grunzen vom Schubrahmen. Als er sie losgemacht hatte, drehte er sich, stellte die Stiefel auf die Nase des Schiffs und stemmte sich mit dem Rücken gegen die dicke Platte, die an die Träger angeschweißt worden war. Er versuchte, die Beine durchzudrücken. Die Träger waren zwar schwerelos, aber das Trägheitsmoment hatten sie nicht verloren. Erst nach einer Minute gelang es ihm, sie »losuzueisen«.
Er richtete sich auf und überließ es dem Geist von Sir Isaac Newton und seinem Ersten Bewegungsgesetz, die Arbeit zu beenden und die Fracht vom Schiff zu trennen. Als er sich mittschiffs zur Luftschleuse gezogen, den Anzug abgelegt hatte und zur Beschleunigungsliege im Steuerstand zurückgekehrt war, war die Ladung bereits durch zwei Meter Vakuum von der Lügenbaron getrennt und entfernte sich immer weiter.
»Zeit, um nach Hause zu gehen«, sagte Bailey.
Es dauerte eine halbe Stunde, um die Lügenbaron
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