Lebenssonden: Roman (German Edition)
Urne enthält die Asche von Eric Stassel, dem ersten Kommodore der Pathfinder . Er hat die Ankunft des Schiffs natürlich nicht erlebt; niemand von der ursprünglichen Mannschaft. Als er im Sterben lag, bat er jedoch darum, dass seine Asche zur Erde zurückgebracht und über das Wrack der Sonde verstreut werden möge. Genau das geschieht nun.«
Chryse wollte Terra schon fragen, ob die Alphaner immer solche Wünsche erfüllten, ungeachtet der damit verbundenen Umstände. Dann verkniff sie sich dies jedoch und blieb stumm. Einmal wäre die Frage unter diesen Umständen unhöflich gewesen, und zweitens vermutete sie ohnehin, dass die Antwort ein »Ja« gewesen wäre. Nach dem bisschen, was sie bisher von den Alphanern wusste, hatten sie ein paar sehr wirkungsträchtige Traditionen.
Die zwei Raumfahrer verschwanden im Inneren der Sonde. Nach ein paar Minuten erschienen sie wieder, und der Kaplan sprach vor einer Zweierreihe gesenkter Köpfe ein letztes Gebet. Dann war die Zeremonie zu Ende, und Kapitän Braedon ließ die Leute wegtreten. Dabei stellte er Blickkontakt mit Chryse und Terra her und kam schnell auf sie zu. »Bürgerin Haller, ich möchte Sie bitte in meinem Büro sprechen.«
Etwas in seinem Ton sagte Chryse, dass ihre Tage als ein geehrter Gast womöglich gezählt waren. »Natürlich, Kapitän«, sagte sie, wobei sie möglichst gleichmütig zu klingen versuchte.
Braedon schaute flüchtig seine Tochter an. »Schließ dich uns an, Terra.«
»Ja, Vater.«
Obwohl ihr nicht danach zumute war, lächelte Chryse, als sie Braedon in den Gang folgte. Sie schloss eine mentale Wette ab, dass Terra als Anstandsdame mitkommen sollte, um Chryse nicht zu kompromittieren.
In Braedons Kabine angekommen, setzten Chryse und Terra sich auf Stühle, die vor dem Schreibtisch des Kapitäns mit dem Deck verschraubt waren, während Braedon dahinter Platz nahm. Chryse ließ den Blick durchs Büro schweifen und bemerkte dabei einen Schaukasten voller exotischer Artefakte an einem Schott. Zwei Holowürfel zierten den Schreibtisch. In einem hielt eine hübsche Frau ein kleines Baby in den Armen und lachte in die Kamera. Im anderen flankierten zwei kleine Jungen – einer ohne Vorderzähne, der andere ein pickliger Teenager – Terra vor einem getünchten Steinhaus.
»Sind das Artefakte der Sternenreisenden?«, fragte sie und wies auf den Schaukasten.
Braedon nickte. »Von der Stelle der verlassenen Stadt außerhalb von First Landing . Als Student hatte ich sie dort ausgegraben, was wir für ihre Müllkippe hielten.«
»Und ich nehme an, dass das Ihre Frau ist, Kapitän. Darf ich?«, fragte Chryse und griff nach dem Holowürfel.
»Selbstverständlich.«
Sie betrachtete das Foto ausgiebig und stellte es dann auf den Schreibtisch zurück. »Sie haben eine schöne Frau. Nun weiß ich auch, von wem Terra ihre Schönheit hat.«
»Vielen Dank.«
»Wie konnte sie es zulassen, dass Sie sich so weit von ihr entfernen?«
»Wir alle müssen tun, was wir tun müssen, Bürgerin. Meine Frau wusste, dass ich am Sternenantrieb-Projekt beteiligt war, als sie mich heiratete.«
»Trotzdem muss die Trennung von ihr eine Belastung sein.«
»Das ist leider notwendig.« Der Kapitän schaute noch ein paar Sekunden länger wehmütig auf den Holowürfel und widmete sich dann wieder dem eigentlichen Thema. »Bürgerin Haller …«
»Ja, Kapitän?«
»Wer sind Sie?«
Chryse blinzelte. Mit dieser Frage hätte sie nun gar nicht gerechnet. »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Mein Name ist Chryse Haller.«
»Chryse Lawrence Haller?«
»Oh, oh! Man hat mich also als vermisst gemeldet.«
Braedon nickte. »PROM hat die Meldung vor einer Stunde abgefangen. Ich gestehe, dass ich überrascht war, als ich feststellte, einen der einflussreichsten Bürger der Erde gekidnappt zu haben. Das könnte schwerwiegende Folgen für meine Mission haben; deshalb frage ich Sie noch einmal: Wer sind Sie?«
Chryse seufzte, lehnte sich auf dem Stuhl zurück und atmete tief durch. »Ich bin fünfunddreißig Jahre alt und war zweimal verheiratet. Das erste Mal hat meine Familie die Ehe nach drei Tagen annulliert; beim zweiten Mal war es ein fünfjähriger Standard-Ehevertrag. Falls es irgendeinen Unterschied macht – er hat sich entschieden, ihn nicht zu erneuern.
Einem Bericht zufolge bin ich einer der zehn reichsten Menschen im Sonnensystem. Das ist falsch. Mein persönliches Vermögen beläuft sich nur auf ungefähr drei Komma fünf Millionen Stellar. Aber
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