Lebensstrahlen
Strahlung die Wurzeln gerade dieser Schilfgruppe beeinflußt und zu solchem tropischen Wachstum angeregt?
Neue Fragen Brauns, denen schwer auszuweichen war, störten ihn in seiner Überlegung. Der Professor wollte wissen, zu welchem Zweck die Leitung hierhergezogen war und was von hier aus gespeist wurde. Wohl oder übel mußte Eisenlohr sich zu einer Erklärung aufraffen.
Schon nach wenigen Worten hatte der Professor den Kernpunkt der Sache erfaßt. Lächelnd unterbrach er:
»Aha! Ich begreife. Sie wollen Ihre Theorien experimentell nachprüfen und haben sich den Teich hier als Versuchsfeld ausgewählt. Keine üble Idee!«
Quak! Quak! Quak! klang es vom Teich. Der Professor stutzte, schwieg einen Moment, horchte auf das Froschkonzert, sah Eisenlohr fragend an.
»Froschquaken zu Anfang September, Herr Kollege? Das habe ich auch noch nicht gehört.«
»Strahlungswirkung, Herr Braun«, antwortete Eisenlohr.
»Ah so, Sie haben hier eine Strahlröhre in Betrieb? Das ist interessant! Das möchte ich auch sehen. Wo haben Sie den Apparat aufgestellt?« Während er es sagte, folgten seine Blicke der Leitung, die in das Schilf hineinführte. »Aha, dort!«
Eisenlohr schleppte eine Bohle heran. »Wir müssen eine Brücke schlagen.« Vorsichtig streckte er das schwere Brett durch das Schilf vor, bis es mit dem anderen Ende einen Halt fand. Ging dann hinüber, von Braun gefolgt.
»Ah! Ganz vorzüglich, Herr Eisenlohr! Sehr geschickt gemacht! Kein Mensch könnte Ihre Apparatur hier entdecken.«
Der Professor erging sich noch weiter in Lobesworten über die Anlage. Eisenlohr blieb stumm. Unverwandt hing sein Blick an der Röhre. Sie stand anders, als er sie hingestellt hatte.
Ein beträchtlicher Teil ihrer Strahlung konnte jetzt nicht mehr auf den Wasserspiegel fallen, sondern mußte das gegenüberliegende Schilf treffen, dessen tropisches Wachstum Braun vorhin aufgefallen war.
Die Frage, über die sich Eisenlohr vergeblich den Kopf zerbrochen hatte, fand damit eine überraschende Antwort. Die direkte Strahlung hatte dieses Wachstum verursacht. Doch eine zweite Frage tauchte gleichzeitig auf: Wer hatte sich hier unbefugt zu schaffen gemacht?
Es wäre niemandem zu raten gewesen, den Felsblock zu betreten, solange die Röhre unter Höchstspannung stand. Er selbst, Eisenlohr, hatte ja wohlweislich den Strom von seinem Arbeitszimmer her ausgeschaltet, bevor er sich mit Braun auf den Weg machte. Stromlos mußte die Leitung auch gewesen sein, als diese Veränderung hier vorgenommen wurde. Nur in der Burg konnte man sie ausschalten … Ein Verdacht stieg in Eisenlohr auf. Außer ihm wußte nur Bruck genau um die Anlage Bescheid. Sollte der …?
Er riß sich aus seinen Gedanken, brachte die Strahlröhre wieder in die alte Lage zurück und wandte sich danach an Braun.
»Kommen Sie, Herr Professor, hier ist nichts mehr zu tun.«
Über die Planke ging der Weg zurück auf festes Land. Eisenlohr trug das Brett wieder zu dem Gebüsch. Ungeduldig harrte Braun, daß er zurückkehren möchte. Doch er mußte geraume Zeit warten, denn Eisenlohr ließ die Lampe wieder aufflammen und begann das Gebüsch abzuleuchten und zu untersuchen. An einer Stelle schien ihm das dichte Waldmoos verdächtig. Er griff zu, fand es gelockert, schob es beiseite und stutzte beim Anblick dessen, was er darunter fand: eine kleine Apparatur von Spulen und Blenden, geschickt aus Reservebeständen des Laboratoriums zusammengestellt, zweifellos – er erkannte es auf den ersten Blick – dazu bestimmt, die Strahlung der Röhre so zu beeinflussen, daß sie für eine Metallumwandlung nutzbar gemacht werden konnte.
»Wo bleiben Sie, Kollege?« rief Braun ungeduldig vom Teich her.
»Einen Augenblick, Herr Professor.« Eisenlohr öffnete seine Handtasche, packte den Fund hinein und füllte die Stelle, wo er gelegen hatte, mit Erde aus. Sorgfältig breitete er das Moos wieder darüber. Wer auch immer unbefugt experimentiert haben mochte, würde eine unangenehme Überraschung erleben, wenn er an den Ort zurückkäme.
Eisenlohr schaltete die Lampe aus und trat aus dem Gebüsch heraus. Braun sah ihn forschend von der Seite an.
Der Pfad, auf dem sie zurückkehrten, war wesentlich besser als der Hinweg. Schnell kamen sie voran und standen bereits wieder unter der Burgmauer, als Braun den Schritt verhielt.
Eine Stelle, auf der helles Mondlicht lag, fiel ihm auf. Mit einer ungewöhnlichen Üppigkeit wucherte hier allerlei Kraut und Unkraut. Auch das Waldmoos zeigte
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