Lebensstrahlen
eine leichte Verneigung, schob Hartford die Banknoten hin und griff nach dem Barren. Wie Taschenspielerei sah es aus, so schnell und spurlos war der plötzlich zwischen seinen Fingern und in seiner Kleidung verschwunden. Dubois stand auf.
»Wenn Sie wieder etwas haben, Mister Hartford – stets zu Ihren Diensten. Sie wissen, wie Sie mich erreichen können.«
Hartford war noch beschäftigt, die Banknoten in seine Brusttasche zu stecken.
Nachdenklich erhob er sich nach einigen Augenblicken und schickte sich ebenfalls an, das Zimmer zu verlassen.
Im Nebenraum machte Professor Hartford eine Bewegung zur Tür hin.
Reinhard hielt ihn fest, bis Mr. Percy Hartford nebenan die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Sie lassen den Schwindler entwischen!« schrie der Professor aufgebracht.
»Wir können ihn nicht festhalten. Das muß alles seinen vorschriftsmäßigen Weg gehen. Ihre Polizei mußten jetzt über das amerikanische Auswärtige Amt an die französische Justiz wenden und um Rechtshilfe ersuchen. Es wird Zeit kosten, aber es ist unvermeidlich.«
»Es paßt mir außerordentlich schlecht in meine Dispositionen
…«, begann Hartford.
»Ja, dann müssen wir den Gauner eben laufenlassen, wenn Sie das wollen!«
»Nein! Das will ich nicht, Herr Reinhard. Da will ich schon lieber eine Woche hier in Paris zugeben, obwohl ich mir keinen großen Erfolg davon verspreche.«
»Aber ich, mein verehrter Herr Professor! Wichtiger ist es mir, daß Sie den Mann als Ihren früheren Laboranten wiedererkannt haben! Ich denke, jetzt werden auch Sie, Mister Spranger, überzeugt sein, daß Sie es mit Schwindlern zu tun haben!«
William Spranger nickte.
Reinhard stand auf. »Dann, meine Herren, habe ich hier alles erreicht, was ich beabsichtige. Lassen Sie uns aufbrechen.
Wenn es Ihnen recht ist, Herr Professor, wollen wir beide zu Ihnen fahren und die Sache in die Wege leiten.«
*
Längst hatten die Uhren auf der Eulenburg die elfte Nachtstunde geschlagen. Nur mit Mühe unterdrückte Holthoff ein Gähnen.
»Genug für heute, Kollege! Gehen Sie zur Ruhe!« sagte Eisenlohr.
Holthoff stand auf und reckte sich. »Ich gedenke einen langen Schlaf zu tun, denn dieser letzten Tage Arbeit war zuviel«, zitierte er frei nach Schiller und verließ Eisenlohrs Arbeitszimmer. Professor Braun und Eisenlohr blieben allein zurück.
Braun griff nach einem Kästchen und wählte sich eine Zigarre von besonderer Schwärze und Schwere aus. »Ich denke an eine neue Veröffentlichung, Herr Eisenlohr«, begann er. »Wie denken Sie über den Titel ›Chromophore im belebten Organismus‹? Er würde immerhin einen neuen Begriff aufstellen. Aber selbstverständlich, Herr Eisenlohr, würde ich diese Arbeit nur in Angriff nehmen, wenn Sie sie nicht sich selbst vorbehalten wollen.«
Eisenlohr schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht die Absicht, Herr Professor, dies Thema bleibt Ihnen uneingeschränkt überlassen. Ich denke daran, die Arbeiten auf einer ganz neuen Basis noch einmal gewissermaßen von vorn anzufangen. Wir haben nämlich beide nicht genügend berücksichtigt, daß die Gelatine selbst bereits ein Erzeugnis organischen Lebens ist, ein Konglomerat der verschiedensten Eiweiße. Wenn Sie mich heute fragen, was wir bisher geschafft haben, so muß ich Ihnen antworten: Wir haben tote organische Substanz durch unsere Strahlung wieder zum Leben erweckt. Was aber die Natur geleistet hat, geleistet haben muß, Herr Professor, das Leben aus unorganischen Stoffen entstehen zu lassen, das haben wir bisher noch nicht erreicht.«
Professor Braun saß da wie vor den Kopf geschlagen. Erst nach einer langen Pause fand er Worte. »Du lieber Himmel, was sind das für Ideen? Sie haben einen Erfolg, um den jeder Wissenschaftler der Erde Sie beneidet. Und nun diese Zweifel an Ihrer Arbeit? An allem, was Sie erreicht haben? Wie ist das geschehen?«
Eisenlohr stand auf, ging zum Schreibtisch und kam mit einem Brief zurück. »Lesen Sie selbst, Herr Professor«, sagte er und ließ sich wieder in seinen Sessel fallen. Braun griff nach dem Schriftstück. Er runzelte die Stirn, als er den Briefkopf las:
»Professor James Hartford, Schenektady.«
»Der Mann hat es nötig, uns in Unruhe zu stürzen!« sagte er wegwerfend. »Er sitzt im National-Laboratorium, hat alle erdenklichen Mittel zur Verfügung! Was hat er bis jetzt vorzuweisen? Nichts, was sich Ihren Leistungen auch nur annähernd an die Seite stellen ließe.«
»Lesen Sie den Brief, Herr Professor, dann
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