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Lebensstrahlen

Titel: Lebensstrahlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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seiner eigenen Kleidung sich an einer Stelle spannte. Er schlug sich vor die Stirn. Daß er daran nicht früher gedacht hatte! Er faßte mit schnellem Griff hin und zog etwas aus der Hüfttasche, das äußerlich etwa ein Zigarettenetui sein konnte. Aber in Wirklichkeit war es etwas wesentlich anderes: ein kunstvoll aus feinem Silberblech gearbeiteter Behälter, der mit französischem Kognak gefüllt war. Hartford schraubte den Verschluß ab, hob den Oberkörper Brucks empor und brachte das Gefäß an dessen Lippen. Vorsichtig mühte er sich, ihm etwas von dem Inhalt einzuflößen. Die zusammengepreßten Kiefer Brucks gingen auseinander, und er begann von selbst zu schlucken.
    Die Wirkung des scharfen Branntweins zeigte sich schnell.
    Bruck schlug die Augen auf. Noch einmal griff Hartford zu, zwang ihn von neuem zu schlucken und ruhte nicht, bis Bruck den letzten Tropfen getrunken hatte.
    Dann bettete er ihn wieder auf den Boden und ließ Bruck nicht aus den Augen. Kräftiger fing dessen Atem an zu gehen; eine leichte Röte kehrte in seine bleichen Züge zurück. Ein tiefes Aufseufzen jetzt. Er richtete sich mit eigener Kraft halb auf, blickte um sich, erkannte Hartford, fragte: »Was war das? – Was ist geschehen?«
    »Ruhe, Herr Kollege!« Hartford zwang ihn, sich wieder niederzulegen und zu entspannen. »Bleiben Sie liegen, atmen Sie ruhig und tief! Sie hatten einen Unfall, er wird vorübergehen …«
    »… wird vorübergehen«, wiederholte Bruck die letzten Worte, schloß die Augen und fiel in leichten Schlummer. Hartford ließ sich auf einen Stein neben ihm nieder, ohne die Uhr aus der Hand zu lassen. »Eine Viertelstunde Schlaf, und er wird imstande sein, mit mir weiterzugehen«, murmelte er vor sich hin.
    Doch eine halbe Stunde verstrich, und immer noch lag Bruck schlafend neben ihm. Es wurde Zeit, ihn zu wecken und den Heimweg zu versuchen. Er machte sich daran, aber es war ein schweres Beginnen, Dr. Bruck zu ermuntern. Er war froh, als er ihn endlich auf den Beinen hatte und zerrte den Schwankenden auf einem Pfad weiter, der den Berg mit einer geringen Steigung umging.
    Endlich war es erreicht. Sie standen auf dem Burgweg. Einige fünfzig Meter noch, und dann waren sie bei jener Bank, an der sich heute morgen der alte Michelmann mit Hammer und Zange betätigt hatte. Hartford setzte sich neben Bruck. So, das wäre glücklich geschafft, dachte er. jetzt könnte jemand kommen und uns weiterhelfen.
    Es kam auch jemand. Der alte Postbote war es, der zu Fuß den Burgweg hinaufmarschierte. Bei der Bank machte er halt und griff in seine Tasche.
    »Ein Brief für Sie, Herr Doktor.« Er reichte Bruck das Schreiben. Apathisch nahm der es in Empfang und brachte kaum ein kurzes »Danke!« über die Lippen.
    »Was fehlt Ihnen, Herr Doktor?« fragte der Postbote besorgt.
    Hartford antwortete für Bruck:
    »Dem Herrn Doktor ist nicht gut. Die Hitze heute – ein leichter Schwächeanfall. Ich hoffe, es wird bald vorübergehen.«
    Der Postmann nickte zustimmend.
    »Haben Sie vielleicht auch für mich etwas?« fragte ihn Hartford. »Für Hartford – Professor James Hartford?«
    Der Bote schüttelte den Kopf. »Nein, Herr Professor. Für Sie ist nichts dabei. Ich habe nur noch einen Brief für Herrn Doktor Eisenlohr.«
    Er holte ein zweites Schreiben aus seiner Mappe und sah mißmutig zu der Burg hinauf. Hartford verstand den Blick.
    »Sie können sich den Weg da hinauf sparen«, meinte er, »wir wollen den Brief für Herrn Eisenlohr gern mitnehmen.«
    »Sehr freundlich, meine Herren!« Der Bote legte auch den zweiten Brief in Brucks Hand. »Schönen Dank auch!« Er machte kehrt, vergnügt darüber, daß ihm das letzte Stück des Aufstiegs bei dem heißen Wetter erspart blieb.
    Der Blick Hartfords hing an dem Schreiben, das Bruck schon wieder halb im Schlaf in seiner Hand hielt. Eine französische Marke, Poststempel Paris … Die Adresse auf dem Umschlag
    … die Schrift kannte er doch … die charakteristischen Züge seines früheren Chefs … Vorsichtig griff er zu und zog Bruck das Schreiben aus der Hand, ohne daß der es merkte. Er wandte sich zur Seite, öffnete und überflog es.
    Der Inhalt war nur kurz. Eine knappe Mitteilung des Professors an Eisenlohr, daß er leider immer noch in Paris aufgehalten sei, aber voraussichtlich in etwa zwei Tagen endlich abreisen könne. Erleichtert faltete Hartford das Schreiben zusammen und steckte es in seine Brusttasche. Zwei Tage Zeit gewonnen! Noch zwei Tage Sicherheit! Er war

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