Leberkäsweckle
mussten ziemlich an sich arbeiten, damit ihnen der Schreck nicht in die Hose fuhr.
Luise Bremer zuckte kurz zusammen und warf dann das Gewehr mit einem recht eleganten, lockeren Wurf auf den Teppich. Knöpfle und Bremer sortierten sich erst einmal. Schirmer nahm die Waffe auf, natürlich mit Handschuhen, so viel Kriminaler war er dann schon.
Luise brach nun in sich zusammen, schluchzte laut und wollte, wie sie sagte, nicht mehr leben, und keiner der anwesenden Männer war in der Lage, nun tröstende Worte zu finden. Da würde es vielleicht eher einen Pfarrer brauchen, dachte Schirmer. Manchmal waren diese Pfaffen einfach notwendig, wenn das Leben dann so lief.
Das Leben, dachte Gott und schmunzelte angesichts der Geschehnisse in Pfenningen. Oh, dieses Leben, begrenzt und gestaltbar, glücklich und zufrieden oder arm und klagend. Leben, hier Licht, dort Schatten. Schicksal? Ganz nach dem Motto: Schade, in Afrika geboren und schwarz. Gut, wenn du lang oder schnell laufen kannst, hast du noch eine Chance, dachte Gott und verzieh sich seinen Sarkasmus. Das hatte er so nicht kommen sehen. Die Geschicke der Menschen dort unten hatten sich über die Jahrhunderte doch sehr verschieden entwickelt. Als sie in Europa noch in Höhlen lebten und das Mammut jagten, gab es in Südamerika schon wesentlich weiter entwickelte Kulturen, auch in Ägypten waren sie den Europäern weit voraus, in Asien ebenfalls. Warum nur hatte sich diese Zivilisation so durchgesetzt?, fragte sich Gott manchmal. Nur weil es ein gnadenloser Kapitalismus war, der nach einfachen Werten funktionierte? Man musste doch nur die Besiedlung Amerikas durch den weißen Mann anschauen! Die hatten gnadenlos naturverbundene Indianervölker vertrieben und weitergetrieben, bis sie schließlich zum größten Teil daran zugrunde gegangen waren. Und heute? Ein stolzes Volk, eine Weltmacht, die Weltmacht vielleicht. Inzwischen sogar mit einem afroamerikanischen Präsidenten. Immerhin, dachte Gott. Es wurde Zeit, den Tag abzuschließen. Wie sagte doch der Engländer?, dachte Gott und lächelte, let’s call it a day.
So weit war es für Kommissar Knöpfle an diesem Tag noch nicht. Das versuchte er seiner Frau gerade mit fein gewählten Worten am Handy zu explizieren.
»Du hast mir nichts zu explizieren, du hast gefälligst auch mal nach Hause zu kommen!«, rief seine Frau am anderen Ende des Satelliten in die Leitung.
»Aber versteh doch, Spatz, wir haben hier einen Mord …«, setzte Knöpfle an, doch seine Frau, die auch nicht auf den Mund gefallen war, unterbrach ihn sofort.
»Und hier hast du zwei Kinder, die gerne mal wieder sehen würden, wie ihr Papa in echt aussieht.«
Knöpfle hielt vorsichtshalber den Hörer auf Abstand. Trommelfelle waren empfindliche Organe, vor allem die männlichen, und nicht unbedingt für die Lautstärke erzürnter Ehefrauen geschaffen. Er hörte sich die heimischen Klänge noch eine kleine Weile an, dann rief er ein »Ich tue mein Bestes!« ins Telefon und drückte auf »Aus«. Er wusste, dass er damit diesen kleinen Konflikt in einen herzhaften Streit verwandelt hatte. Aber er hatte einen echten Fall, ein Tötungsdelikt, einen Mord, wenn er es richtig anpackte!
»Und, alles klar mit der Holden?«, fragte Schirmer verschmitzt. Er genoss diese Momente, wenn sich sein Junggesellendasein so richtig auszahlte. Und natürlich ließ er keine Gelegenheit aus, dies dem Kollegen aufs Butterbrot zu schmieren.
Knöpfle folgte ihm wortlos ins Wohnzimmer. Dort hatte das Ehepaar Bremer inzwischen eine neue Strategie ausbaldowert, wie es aus der Sache rauskommen könnte. Der Bürgermeister hatte, nachdem die beiden Kommissare den Tatort kurzzeitig verlassen hatten und auch die beiden Polizisten in der Küche Kaffee tranken, die Gelegenheit zu ein paar Überlegungen und anschließenden Handlungen genutzt. In Abwesenheit sämtlicher Sicherheitskräfte hatte er das Schrotgewehr gründlich abgerieben und es dann einem der Streifenpolizisten vorsichtig mit einem Lappen übergeben. Auf dem Gewehr befanden sich also im Moment nur die Fingerabdrücke des Polizisten.
Das wusste Schirmer natürlich noch nicht. Er versuchte weiterhin, Luise Bremer dazu zu bringen, den Vorsatz der Tat zu gestehen.
»Gebet S’es doch oifach zu, Frau!«, schrie er sie so an, dass ihr Mann sich schon aufmachte, wieder schützend hinter sie zu treten.
»Willi, so kommen wir doch nicht weiter, echt«, sagte Knöpfle leise. »Lass mich das mal machen.«
Widerwillig trat
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