Leberkäsweckle
übersehen worden, wenn nicht Alfred Rottwald auf dem Rückweg von Gerda Schickles Wohnung an ebendiesem Fenster vorbeigekommen wäre. Er hatte seinen Wagen nach Hause gebracht, dachte er, hatte aber inzwischen ob der Biere und der emotionalen Verwirrung mit Gerda nicht mehr alle Hirnzellen parat. Doch, er hatte den Wagen nach Hause gebracht, da war er sich sicher. Er erinnerte sich noch vage an diesen Unfall und die Polizisten, die er gut kannte. Und er war auch wieder eingestiegen und abgefahren. Er hatte das Garagentor geschlossen und sich auf den Weg den Georgenberg hinauf gemacht.
Tja, mit der Romanze war es nichts geworden. Manchmal hielt das Leben halt nur wenige Träume, dafür viel schnöde Realität bereit. Das dachte Alfred so vor sich hin, als sein Blick auf die Leiter mit dem Altartuch fiel. Was war denn das nun wieder für eine Sache? Er wusste um die Situation der Kirchen im Allgemeinen und dass viel unternommen wurde, wieder mehr Menschen in die Gotteshäuser zu bringen. Aber aus lauter Verzweiflung das Altartuch zum Fenster rauszuhängen, das ging ihm dann doch zu weit. Seiner Ansicht nach sollte man da abwägen und sich vielleicht etwas Sinnvolleres ausdenken, als in purem Aktionismus mit etwas vom Heiligsten zu wedeln.
Stutzig wurde Alfred erst, als er Geräusche in der Kirche hörte. Das konnte jetzt aber nicht sein. Schob da der Pfarrer etwa noch eine Nachtschicht, um die Gläubigen anzulocken? Aber der war doch seines Wissens im Krankenhaus.
Eine Nachtschicht, die schob auch Wenke Frühwald, die an diesem späten Abend mit einem Kirchenschlüssel vor der Wohnung von Gerda Schickle stand. Sie hatte gedacht, gehst du halt vorbei und gibst den Schlüssel ab, nachdem Pfarrer Leonhard sie drum gebeten hatte. Aber von wegen. Hier wimmelte es von Kriminalpolizisten und Handwerkern. Sie hatte sich schon dreimal ausweisen müssen, einer der Beamten hatte sogar ihre Personalien aufgenommen, und von einem Kirchenschlüssel wollte keiner etwas wissen. Auf die Frage, wo denn die Frau Schickle sei, hatte sie nur vage Antworten erhalten, von wegen halt grade nicht da und eben aus dem Haus.
Irgendwas lief hier, das war Wenke schnell klar. Allerdings wusste sie nichts von der bundesweiten Fahndung und auch nichts vom Schicksal der verhafteten Frau Schickle, die inzwischen bereits wieder auf dem Heimweg war. Aber was sollte sie nun tun? Wenke ging vor das Haus und schaute sich den Auszug der Gladiatoren an.
Zuerst kamen missgestimmte Handwerker, die sich sicherlich auch einen anderen Feierabend vorgestellt hatten. Dann folgte der Tross der Polizisten, deren Mienen auch nicht gerade Freude an der Arbeit ausdrückten. Als dann der Polizeiwagen mit Frau Schickle am Straßenrand hielt, lag das Wohnhaus ruhig da, und vor ihm stand einsam Wenke Frühwald mit dem Kirchenschlüssel in der Hand.
Sie wollte Frau Schickle ansprechen, ihr das Problem schildern und vor allem dann den Schlüssel loswerden. Aber dafür hatte Gerda Schickle nun wirklich keinen Kopf. Sie ließ sich von Assistent Bürkle noch zur Tür geleiten und war mit einem kurzen »Gut Nacht« auch schon im Haus verschwunden.
In ihrer Not wandte sich Wenke an den Assistenten. Sie erklärte die Situation, und obwohl der Assistent noch nicht lange im aktiven Dienst war, witterte er einen Fall, vielleicht sogar einen interessanten Fall. Er bat Wenke einzusteigen, und sie machten sich auf den Weg zur Christuskirche. Wollen doch mal sehen, was uns dort erwartet, dachte Assistent Bürzle.
Was ihn erwartete, das wusste Thomas Knöpfle selbst nicht. So langsam wurde es später Abend, sehr später Abend. Sie hatten sich besprochen. Schirmer war von seiner Linie nicht abzubringen, Luise Bremer auf jeden Fall Vorsatz nachzuweisen. Knöpfle sah keine Möglichkeit, mit dem wenigen, das sie hatten, auch nur eine einigermaßen vertretbare Anklage zusammenkriegen zu können. Natürlich war der Fall im Grunde genommen klar. Das wusste auch der Ehemann, der nichts unversucht gelassen hatte, alle möglichen Beweise zu beseitigen oder zu verwischen. Aber dadurch war eine Situation entstanden, aus der sie womöglich nicht ohne Gesichtsverlust wieder herausfinden würden.
Also musste eine andere Lösung her. Kommissar Knöpfle dachte nach, er dachte lange nach, dann besprach er sich mit Schirmer.
Besprochen, das hatte sich auch einer in Beutlingen, und zwar Hauptkommissar Schleck mit seinem Assistenten. Von diesem war er darauf hingewiesen worden, dass eigentlich keine
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