Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leberkäsweckle

Leberkäsweckle

Titel: Leberkäsweckle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Weiler
Vom Netzwerk:
aber ob Anklage erhoben werden würde, war mehr als fraglich. Sie führten Frau Bremer also ab. Herr Bremer packte ihr noch das Nötigste ein, und schon bewegten sie sich in Richtung Polizeirevier. Wobei Knöpfle noch gar nicht klar war, wo sie die Verdächtige denn eigentlich unterbringen sollten. Denn es gab vieles in Pfenningen, einen maroden Einzelhandel, einen leckeren Großmetzger und ein paar Gaststätten, wo es sich lohnte, mal vorbeizuschauen. Aber eben kein Gefängnis.
    Allein die Situation: Zwei Kommissare mit der Hauptverdächtigen vor dem Polizeirevier, und jetzt einknasten, dann: Wir haben doch gar keine Zelle. Tja. Das ist Polizei im Alltag. Aber so weit kam es dann doch nicht. Auf dem Weg zum Polizeirevier am Marktplatz kamen die Kommissare doch justament auch an der Christuskirche vorbei. Und dann …
    … dann sind die Engel, dort droben im Himmel. Sie werden um mich flügeln und tirilieren. Ich werde auf einer Wolke sitzen und vielleicht, mit etwas Glück, eine Harfe ergattert haben. Ich werde meine zarten Finger auf die Saiten drücken und sie anschlagen, dass es eine Freude ist. Auch für ihn. Denn für ihn will ich spielen. Nur für ihn, denn er ist der Sinn meines Lebens, er ist das Heil, das da kommt.
    Pfarrer Leonhard hatte mal wieder eine seiner Erscheinungen. Deshalb war er im Grunde genommen Priester geworden. Die Träume und die Bilder. Er hatte gedacht, später natürlich geglaubt, da käme was passend zusammen. Bisher hatte das ja auch prima funktioniert. Bis zum Schädel-Hirn-Trauma eben.
    Er fühlte sich gut, wenn er dort war. Ganz nah bei den Engeln, so nahe bei Gott, auch bei sich. Hier und nur hier hörte er Stimmen, die ihn riefen, die ihn verlangten, ausdrücklich: »Do isch was verstopft!«
    Aber was war das denn? Das konnte kein Engel und ganz sicher nicht Gott sein. Das war näher, das war ganz dicht bei ihm. Pfarrer Leonhard stieg von seiner Wolke und begab sich in die Tiefen des menschlichen Seins. Bald war er wieder zurück auf der Station, spürte sein Schädel-Hirn-Trauma, erkannte sich und sein Bett und dann auch seinen Bettnachbarn. Er wurde klar, er wurde klarer, und er wusste, er hatte ein Problem.
    »Wie? Verstopft?«, fragte er den Bettnachbarn.
    »Des läuft net ab!«, stöhnte der und zeigte auf seine mittige Verbandskonstruktion.
    »Und jetzt?«, fragte Pfarrer Leonhard.
    »Woiß net!«, sagte Millreiner.
    Die Konstruktion, dachte Pfarrer Leonhard. Er musste jetzt dann gleich unter Umständen in die Nähe dieser Konstruktion. Mit seinen Händen und womöglich … nein, das wollte er nicht denken und sich auch nicht vorstellen. Er würde nicht mit seinen Händen in diese Konstruktion hineingreifen und dieses Leitungsproblem lösen. Er konnte Seelen retten, aber halt nicht Konstruktionen, das war ihm nicht gegeben, das ging ihm dann doch zu weit. Zur Not: Schädel-Hirn-Trauma. Bitte. Da konnte ihm keiner was. Aber sein Gegenüber stöhnte etwas von: »Ich sterbe«, und so. Pfarrer Leonhard drückte die Klingel. Mehr konnte er für den Mann nicht tun.
    »Leitungsschaden«, sagte er ins Telefon. Hoffentlich gingen die Schwestern mit der notwendigen Vorsicht ran.
    An Vorsicht dachte auch Franz Werth, als er die beiden Gestalten langsam auf sich zukommen sah. Er verstand so was wie: »… hätten eine Taschenlampe mitnehmen sollen«, dann schlichen die beiden an ihm vorbei in Richtung Altar. Das war seine Chance. Er rutschte aus seiner Bank und machte sich humpelnd auf in Richtung Ausgang. Das konnte ja wer weiß wer sein, so mitten in der Nacht in einer Kirche. Womöglich Kirchenräuber!
    Er war an der Tür, ging hinaus, überlegte kurz, schloss die Tür und drehte den Schlüssel im Schloss. Die waren erst mal festgesetzt.
    Franz schlurfte die Stufen hinunter, schaute auf seine Uhr und erkannte im fahlen Mondlicht nur mit Mühe die Zeiger. Es ging auf zwölf zu. Wie sollte er um diese Zeit jemanden finden, dem er den Kircheneinbruch anzeigen konnte? Ob in Pfenningen die Wache jetzt noch besetzt sein würde, das wusste er nicht. Der Notruf war in diesem Fall vermutlich das Richtige. Aber Handy hatte er keines, und mit Telefonzellen war es in diesen Zeiten ja nicht mehr weit her.
    Er überquerte den Marktplatz und erinnerte sich im mühsamen Gehen an eine Notrufsäule am Rathaus römisch eins. Das hatte in der Zeitung gestanden. Gerade für so einen Fall wie den seinigen hier und jetzt.
    Ein Fall wie dieser war Schwester Marie offenbar noch nicht untergekommen.

Weitere Kostenlose Bücher