Leberkäsweckle
Eigentlich seien diese Anschlüsse sicher, sagte sie, und man könne sich auf den Abfluss verlassen.
Mit Entsetzen nahm Pfarrer Leonhard zur Kenntnis, dass die gute Schwester sich daranmachte, die Konstruktion einzureißen. Er konnte nicht hinschauen. Sein Bettnachbar stöhnte weiter, irgendwas von Stauung und Überflutung. Bis dann Schwester Marie die Leitung freilegte und die Verbindung zwecks Reinigung unterbrach. Das war ein Strahl! Den konnte auch Pfarrer Leonhard nicht mehr ignorieren, denn schließlich waren es seine Krankenhauslatschen, die da praktisch auf dem Millreiner’schen Urin das Zimmer verließen. Das ganze Ausmaß der Sauerei wurde aber erst deutlich, als die zu Hilfe eilende Schwester Margret das Zimmer betrat, in der Nässe ausrutschte und kurz darauf bäuchlings am Boden lag. Wie ihre Kollegen nachher feststellen sollten, hatte sie sich zwar nichts gebrochen, musste aber mit einer Tasse Tee und einer Beruhigungstablette betreut werden.
Von einer Tasse Tee und Ruhe konnte Kommissar Knöpfle nur träumen. Der Notruf erreichte ihn, warum auch immer, über die Beutlinger Kollegen, und er vernahm die Meldung, dass sich in der Christuskirche Kirchenräuber befänden. Da waren sie ziemlich in der Nähe. Also überließ er Luise Bremer dem Kollegen Schirmer und machte sich selbst auf in Richtung Gotteshaus.
Als er die Kirche erreichte, war weit und breit niemand zu sehen. Der Marktplatz lag ruhig und verlassen da. Knöpfle ging mit schnellen Schritten die Stufen der Christuskirche hinauf, wobei er die tückische dritte Stufe mit Bedacht nahm. Sie war ihm aus eigener Erfahrung bekannt. Das war bei der Taufe seiner Tochter gewesen. Außer einem verstauchten Knöchel war ihm nicht viel passiert. Aber peinlich war es halt gewesen.
Peinlich war auch dem Patienten Millreiner, was er mit seinem Leitungsschaden im Zimmer und auf der Station angerichtet hatte. Schwester Marie hatte das Schlimmste inzwischen beseitigt und mit einiger Mühe auch die Leitung zur Zufriedenheit des Patienten wieder frei gemacht. Dem nachbarlichen Pfarrer stand immer noch das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Von Wolke sieben direkt hinein in eine Flutkatastrophe, das war auch für einen Volltheologen ein Erlebnis, das erst einmal verkraftet werden musste.
Er nahm sein Brevier zur Hand, nachdem sein Bettnachbar mit einer Spritze ruhiggestellt worden war. Ein wenig lesen konnte jetzt nicht schaden. Er wunderte sich noch, dass er die Rechnung aus dem »Da Maria« zwischen den Seiten fand, erinnerte sich dann an die Predigtnotizen und fragte sich, ob er die dann wohl in der Pizzeria liegen gelassen hatte. Hoffentlich fand die niemand! Schon nach wenigen Zeilen im Johannes-Evangelium fielen ihm die Äugelein zu, und er machte sich wieder auf, seine Wolke sieben zu suchen und zu besteigen.
Auf dieser Wolke sieben waren Udo und Wenke eigentlich schon. Wenn auch eingesperrt in einer dunklen Kirche. Ein wenig kühl fand es Wenke, und Udo suchte verzweifelt nach einem möglichen Ausgang. Aber dieser Ausgang fand sich nicht.
Plötzlich klirrte es ohrenbetäubend laut durchs ganze Kirchenschiff. Udo hatte bei seiner Suche die Flaschen von Franz Werth gefunden und prompt umgestoßen. Er ging zurück zu Wenke, die bei dem Lärm erschrocken aufgeschrien hatte, und nahm sie schützend in den Arm. So einfach war das also, dachte er, nur ein paar Flaschen umstoßen, und schon lag das Mädel an deiner Brust. Wieso hatte er sich in der Vergangenheit nur immer so umständlich angestellt?
Wenke löste sich allerdings ziemlich schnell aus seinen Armen. »Nun mal langsam mit den jungen Pferden«, meinte sie. Ihr ging das ein wenig zu schnell mit diesem Udo Bürzle. Ein Polizist, und dann auch noch nur Assistent, und dann auch noch ein Beutlinger. Das wollte gut überlegt sein.
Ähnliche Gedanken hatte auch Willi Schirmer. Er stand mit der Tatverdächtigen Luise Bremer im Präsidium, bloß: Was sollte er jetzt mit ihr machen? Wie schon Knöpfle ging auch ihm jetzt auf, dass sie hier überhaupt keine Möglichkeit hatten, die vorläufig Festgenommene einzusperren.
Also setzte Schirmer Frau Bremer zunächst mal auf einen Stuhl und bot ihr eine Flasche Bier an. Das war das Einzige, was sich im Kühlschrank fand. Die Kaffeemaschine war kaputt, aber ihm war heute sowieso nicht mehr nach Kaffee. Er wollte lieber ein Bier; ob er diesen Genuss allerdings mit Frau Bremer teilen mochte, da war er sich nicht so sicher.
Mit Genuss hatte das, was Frieder
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