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Lebkuchen und Bittermandel

Lebkuchen und Bittermandel

Titel: Lebkuchen und Bittermandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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wurde immer lauter. »Denn Klugmann ist ebenfalls tot. Sie haben nichts in der Hand gegen mich! Gar nichts!«
    »Das trifft nicht ganz zu«, sagte Katinka seelenruhig und zog einen gefalteten DIN-A4-Bogen aus ihrer Mappe.
    »Was ist das?«, fragte Udo entgeistert.
    »Ein Brief«, antwortete Katinka. »Da es Klugmann nicht gelang, sein Verhör bei mir vorzuziehen, schrieb er sich seine Sorgen von der Seele und deponierte diesen Brief in seiner Schreibtischschublade. Er enthält sämtliche Angaben und Bestandteile meines ›Märchens‹, wie Sie es eben abfällig nannten.«
    »NEIN!« Sonja war es, die das Wort laut, beinahe hysterisch ausspie. »Nein, so war es nicht! So ist es nicht gewesen!«
    Sie versuchte, sich zwischen Udo auf der einen und Paul und Katinka auf der anderen Seite zu schieben und ihren Mann zu schützen.
    Doch Udo beachtete sie gar nicht. Angespannt und mit bebenden Lippen stand er mitten im Gastraum. Er setzte zu einer weiteren Gegenrede an, doch unterbrach er sich schon nach den ersten zusammenhanglosen Worten selbst.
    Mit einem lauten Schrei stürzte er nach vorn, stieß erst Sonja um, dann Katinka in die Rippen. In der nächsten Sekunde versetzte er Paul einen Fußtritt und stürmte auf die Treppe zu.

21
    Paul brauchte einen Moment, um sich von der Überraschung zu erholen, dass sie bei Udo tatsächlich einen Treffer gelandet hatten. Udo, ausgerechnet der souveräne Gewinnertyp, der Mann an der Seite der Traumfrau des Abi-Jahrgangs ’86, war ein Mörder. Nicht zu fassen!
    Er ignorierte die Schmerzen, die Udos unfeiner Tritt an sein Wadenbein verursachte, und setzte dem Flüchtenden nach. Doch Udo erwies sich als trainierter Sprinter: Die knarrenden Stufen der betagten Treppe ins Obergeschoss nahm er in wenigen flinken Schritten. Kaum oben angekommen, schmiss er ein schlankes Tischchen samt Häkeldecke und Vase um. Die Vase zerbarst in Scherben und ergoss ihr Blumenwasser über die Holzdielen.
    Paul schaffte es nicht, rechtzeitig zu bremsen und geriet ins Rutschen. Gerade so konnte er sich am Geländer festhalten. Doch Udo hatte seinen Vorsprung längst ausgebaut und schon das Ende der Ebene erreicht, von wo aus eine weitere schmale Treppe hinauf zu den Gästezimmern führte.
    Von unten erklangen laute Stimmen, am markantesten die von Katinka: Sie rief die beiden Schutzpolizisten zu Hilfe. Dem Trampeln auf der Treppe nach zu urteilen setzten sich aber auch etliche der Gäste in Bewegung, um den Täter zu fassen oder um näher am Geschehen zu sein und ja nichts zu verpassen.
    So flott es ging, rappelte sich Paul auf und spurtete Udo nach. Dabei nahm er keine Rücksicht auf Jan-Patricks Mobiliar und stieß Stühle, die ihm im Weg standen, mit roher Gewalt beiseite.
    Paul erklomm die Stiege ins oberste Stockwerk im Rekordtempo. Doch musste er sich selbst bremsen, als er den schmalen Flur in völliger Dunkelheit vorfand. Hektisch tastete er nach dem Lichtschalter, fand ihn aber nicht. Intuitiv streckte er seine Arme aus und ließ seine Hände durch das undurchdringliche Schwarz gleiten, das vor ihm lag. Er ging weiter. Schritt für Schritt. Mit klopfendem Herzen.
    Obwohl die Stimmen der anderen lauter wurden und ihre Schritte die Holzbohlen unter ihm zum Dröhnen brachten, gelang es Paul, sich auf die Geräusche unmittelbar vor ihm zu konzentrieren. Er nahm ein leises Scharren wahr. Als ob jemand voller Unruhe von einem Fuß auf den anderen trete und sich die Sohlen auf dem Boden rieben. Nun meinte er auch, ein leises, krampfhaft unterdrücktes Atmen zu hören. Udo musste ganz in seiner Nähe sein!
    Binnen weniger Sekunden gewöhnten sich Pauls Augen an die Dunkelheit, so dass sich Umrisse und Konturen des Flurs abzeichneten. Er erkannte nun die Türfluchten, eine Kommode, Bilderrahmen an den Wänden – und eine angespannt in einer Ecke stehende Figur, eine menschliche Silhouette! Sprungbereit, die Finger gespreizt wie die Krallen eines Tigers.
    Paul wollte zum Angriff übergehen, Udo überwältigen, bevor dieser das Gleiche mit ihm tun konnte. Doch ein eindringlicher Ruf aus dem Untergeschoss lenkte ihn ab: Einer der Polizisten stieß lautstark Mahnungen aus. Paul bekam gerade noch mit, wie der Mann drohte, von seiner Schusswaffe Gebrauch zu machen. Da spürte er einen heftigen Schmerz in seinem Unterleib. Udo hatte ihm sein Knie in die Leiste gerammt. Paul krümmte sich röchelnd.
    Ein hysterisches Lachen ausstoßend, schob sich Udo an Paul vorbei in eines der Gästezimmer. Aus den Augenwinkeln

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