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lebt gefaehrlich

lebt gefaehrlich

Titel: lebt gefaehrlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Touristin war, für die sie sich ausgab.
Sie überquerten jetzt die Galata-Brücke. Die Lichter der Boote und Schleppkähne fielen hell aufs pechschwarze Wasser. Selbst um Mitternacht herrschte auf der Brücke reger Verkehr. Maultiere, Lastwagen und Esel brachten Obst und Gemüse auf die Märkte und Waren in die Basare. Mrs. Pollifax seufzte auf und zwang sich, in die Wirklichkeit zurückzukehren. Sie mußte sich eine Erklärung für Dr. Belleaux zurechtlegen, dem sie in Kürze begegnen würde.
»Wieso haben Sie von Dr. Belleaux gehört?« fragte sie Colin. »Ist er wirklich so bekannt?«
»Wer in Istanbul lebt, stößt automatisch auf seinen Namen«, sagte er. »Die Polizei zieht ihn bei Mordfällen zu Rate. Er schreibt über Kriminologie und hält darüber auch Vorlesungen, und die Archäologen konsultieren ihn wegen ihrer Ausgrabungen. Er wird als Schriftsteller und Gelehrter sehr verehrt. An sämtlichen Partys der guten Gesellschaft nimmt er teil.«
»Wie sieht er aus?«
»Er dürfte fünfzig oder Anfang Sechzig sein und trägt einen weißen Spitzbart. Ziemlich mager, redselig und elegant.«
»Hoffentlich ist er ein praktischer Mensch.«
»Sie meinen, praktisch genug, um eine Leiche verschwinden zu lassen«, bemerkte Colin trocken. »Ah - da ist ja die Straße.«
Mrs. Pollifax betrachtete die eleganten Häuser inmitten gepflegter Gärten. Überall war es dunkel, nur eine Villa funkelte im Lichterglanz.
Vor diesem Haus hielt Colin an. »Sie haben Glück«, sagte er. »Dr. Belleaux ist nicht nur auf, er scheint sogar eine Party zu geben, nach den vielen abgestellten Autos zu schließen.«
Colin manövrierte den Wagen zwischen der Wagenreihe durch, fuhr wieder zurück und stellte Beleuchtung und Motor ab. »Da sind wir.
Und was geschieht jetzt?«
»Auf eine Party war ich nicht gefaßt«, sagte Mrs. Pollifax. »Ich werde versuchen, Dr. Belleaux allein zu sprechen. Am besten sage ich an der Tür, daß ich von der amerikanischen Botschaft komme. Existiert überhaupt eine?«
»Hier gibt es nur Konsulate.«
»Gut, dann bin ich vom amerikanischen Konsulat. Damit kann ich mir sicher Eintritt verschaffen, bis ich Dr. Belleaux unter vier Augen sehe und ihm meine Anwesenheit erklären kann - und Henrys.«
»Soll ich lieber in die Auffahrt einbiegen?« fragte Colin.
»Hier vorn ist das Abladen schwierig.«
»Später, sonst finde ich Sie am Ende nicht wieder. Vielleicht dauert es länger. Möchten Sie mitkommen?« Sie hatte Colin bereits ziemlich ins Herz geschlossen.
»Ich kann Henry nicht gut allein lassen. Falls jemand vorbeigeht und zufällig einen Blick in den Wagen wirft...«
Er sprach den Satz nicht zu Ende. Ein Wagen fuhr vo rbei und bog wenige Meter von ihnen entfernt in die Auffahrt zu Dr. Belleaux' Haus ein. Plötzlich blieb er stehen. Ein Mann sprang vom Rücksitz und schob das Fahrzeug an. Es war ein Jeep. Dann sprang der Mann wieder auf, und der Wagen rollte über die Auffa hrt nach hinten.
Mrs. Pollifax holte tief Luft. »Colin«, sagte sie ungläubig. »Colin...«
»Ich hab's gesehen«, antwortete er überwältigt.
»Sehe ich schon weiße Mäuse?«
»Nein. Verdammt noch mal, nein«, bekräftigte er rasch. »Ich sagte Ihnen doch, daß der Tank fast leer ist, und Sie haben jetzt selbst gesehen, wie sie anschoben. Verdammt, das war mein Jeep!«
»Aber hier?« flüsterte Mrs. Pollifax. »Hier?«
»Das war Otto - ich schwöre es -, der abgesprungen ist und angeschoben hat«, sagte er. »Kommen Sie!« drängte er. Er öffnete den Schlag und sprang aufs Pflaster.
»Und ob!« sagte Mrs. Pollifax mit Nachdruck. Bestimmt gab es eine logische Erklärung für dieses Durcheinander, in das sie da geschlittert war, aber im Augenblick begriff sie gar nichts. Stefan und Otto konnten doch nicht ebenfalls für Carstairs arbeiten, da Magda sie praktisch als ihre Entführer identifiziert hat. Und die beiden hatten Henry ermordet. Aber was taten sie dann hier?
»Moment mal.« Colin griff ins Handschuhfach des Lieferwagens und zog zwei gefährlich aussehende Revolver hervor. »Schießen können Sie damit nicht, sie sind nur aus Holz«, sagte er. »Es sind Attrappen, die Onkel Hu für einen Kurzfilm über Atatürk gebastelt hat.«
»Ein wahrer Segen«, sagte Mrs. Pollifax.
Mit den Holzrevolvern im Anschlag liefen sie die Auffahrt entlang und sprangen von Schatten zu Schatten, bis sie die Ecke des Gebäudes erreicht hatten. Aber es war bereits zu spät. Mrs. Pollifax hatte gehofft, sie würden den Jeep noch vorfinden, Stefan und Otto

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