lebt gefaehrlich
überraschen und Magda zurückholen können. Aber der Jeep war schon weg. Die Hintertür stand weit offen. Die Gittertür pendelte noch hin und her.
»Verflucht«, sagte Colin. Er sah Mrs. Pollifax gespannt an. »Sie werden nicht anklopfen und Dr. Belleaux verlangen.« Vielleicht hätte das eine Frage werden sollen, aber es war eine Feststellung.
»Nein.«
»Werden Sie die Polizei verständigen?«
»Nach allem, was Sie mir über Dr. Belleaux erzählt haben, befinden sich vermutlich etliche Polizeioffiziere unter den Gästen. Und ich habe keinen Paß. Nein - ich riskiere es, mich auf eigene Faust umzusehen.«
»Hören Sie, das kann aber ziemlich gefährlich werden«, sagte Colin erschüttert.
»Möglich, aber ich wüßte wirklich nicht, was ich sonst tun könnte«, erwiderte sie fest. »Wie Sie schon erraten haben werden, kam ich nur nach Istanbul, um Magda zu treffen und ihr zu helfen. Sie ist dort drinnen, und ich trage die Verantwortung.«
»Dann begleite ich Sie.«
»Colin, das kann ich wirklich nicht zulassen. Ich bin für Sie nur eine flüchtige Bekannte, die Ihne n heute nachmittag Grüße von Ihrer Schwester bestellt hat. Sie kennen mich doch kaum. Was ich vorhabe, ist Hausfriedensbruch. Vielleicht werde ich erwischt. Und Sie sagten doch selbst, daß Sie ein Feigling seien und sich vor Gewalttätigkeiten fürchteten.«
»Natürlich bin ich ein Feigling, aber ich lasse auch nicht so mit mir umspringen, das habe ich Ihnen ebenfalls gesagt«, antwortete er grimmig. »Diese Männer haben den Jeep meines Onkels gestohlen, einen Toten in unserer Garage abgeladen und Ihre Freundin entführt. Also reden wir nicht länger - natürlich komme ich mit.«
Mrs. Pollifax lächelte. »Na schön.« Ihr Blick wanderte zum Haus zurück. Es war ein zweistöckiger, rechteckiger, heller Stuckbau mit blauen Fensterläden. Sie überlegte, ob Stefan und Otto nach oben oder in den Keller gegangen sein könnten, aber das ließ sich nicht erraten. Sie schlich zur Gittertür. Genau gegenüber, knapp eineinhalb Meter entfernt, führte eine steile Treppe ins Obergeschoß. Damit war die Entscheidung gefallen. Sie würden es zuerst oben versuchen.
»Schauen Sie«, flüsterte sie Colin zu.
Rechts lag eine längliche, hellerleuchtete Küche. Zu sehen war niemand, obwohl man Wasser rinnen hörte. Behutsam, um jedes Knarren zu vermeiden, öffnete Mrs. Pollifax die Gittertür. Als nichts geschah, schlich sie zur Treppe. Colin folgte ihr auf dem Fuß.
Mrs. Pollifax hielt ihre Spielzeugpistole hoch und ging nach oben.
Sie stand in einem mit Teppichen bedeckten Flur mit sechs Türen.
Alle waren verschlossen. Rechts hinten endete der Flur in einem Treppenschacht, der Haupttreppe. Aus diesem Teil des Hauses dröhnten Musik und Unterhaltung in ohrenbetäubender Lautstärke.
Mrs. Pollifax wandte sich in die entgegengesetzte Richtung.
Sie öffnete die erste Tür. Dahinter lag ein Schlafzimmer. Abgesehen von prunkvollen Gardinen und Barockmöbeln war es leer. Die zweite Tür gehörte zu einem Wäscheschrank. Ungeduldig riß Mrs. Pollifax die dritte Tür auf und mußte erkennen, daß Ungeduld zum Leichtsinn verleiten kann. Diesmal hatte sie nämlich die Tür eines Schlafzimmers geöffnet, in dem sich drei Menschen aufhielten. Der Schreck verschlug ihr den Atem. Nicht minder erschrocken drehten sich die drei um und blickten sie an.
Magda lag wie ein achtlos hingeworfenes Bündel quer über einem Sofa. Stefan, über sie gebeugt, zog gerade eine Injektionsnadel aus ihrem Arm. Otto stand wenige Meter von Mrs. Pollifax entfernt Wache.
Er reagierte als erster und bewegte sich so blitzschnell und drohend, daß Mrs. Pollifax automatisch die rechte Hand hob, sie flach ausstreckte, wie sie es bei Lorvale gelernt hatte, und Otto einen harten Karateschlag auf den Kehlkopf versetzte. Verblüfft glotzte er sie an.
Dann schlossen sich seine Augen und er sank langsam zu Boden.
Colin stieß ein ungläubiges »Mrs. Pollifax!« hervor.
»Nehmen Sie ihm den Revoler ab!« befahl Mrs. Pollifax geistesgegenwärtig.
Colin bückte sich, hob die Waffe vom Boden auf und steckte seine Holzattrappe in die Tasche. Mit dem geladenen Revolver befahl er Stefan: »Stellen Sie sich an die Wand!« Er schwenkte die Waffe mit wachsender Begeisterung.
Mrs. Pollifax, deren blumengeschmückter Hut bei dem Schlag kaum verrutscht war, trat zu Magda, die aufzustehen versuchte, und fragte: »Können Sie gehen?«
»Man hat mich betäubt«, sagte Magda gequält. »Machen Sie schnell!«
Mrs. Pollifax
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