lebt gefaehrlich
und mit viel Mahagoni ausgestattet. Einzig die Gitterstäbe vor den Fenstern erinnerten Mrs. Pollifax daran, daß sie sich noch im Gefängnis befand.
Sie setzte sich neben dem Schreibtisch auf einen Ledersessel. Nachdem sich ihre Augen ans Licht gewöhnt hatten, schaute sie den Mann an. »Wir sind uns schon mal begegnet«, stellte sie erstaunt fest.
»Ja«, sagte er, setzte sich und lächelte sie liebenswürdig an. »In Istanbul, in der Polizeidirektion. Ich bin Mr. Piskapos.«
»Natürlich.« Jetzt fiel ihr der Beamte in Zivilkleidung wieder ein, der neben dem Fenster gestanden und kaum etwas geredet hatte. »Darf ich fragen, wie es Mr. Ramsey geht? Mr. Colin Ramsey?«
»Ach, ja, dem jungen Mann, der im Hubschrauber gefunden wurde.
Nur eine leichte Fleischwunde, nichts Ernstes.«
»Hat er - hm - mit Ihnen gesprochen?«
Mr. Piskapos lächelte sie interessiert an. »Worüber sollte er denn mit mir sprechen, Mrs. Pollifax?« Er neigte sich vor und schaltete ein Tonbandgerät ein. »Greifen Sie zu«, sagte er und hielt ihr eine Holzschüssel mit Feigen entgegen. »Ich brauche eine ganze Reihe von Auskünften von Ihnen. Man wird Ihnen sehr bald etwas zu essen bringen. Sie sind bestimmt schon sehr hungrig.«
»Danke«, sagte sie, griff nach einer Feige und hielt die klebrige Frucht zwischen den Fingern. Nach den langen Stunden des Wartens hatte sie endlich jemand gefunden, mit dem sie reden konnte, und jetzt wußte sie plötzlich nicht mehr, was sie sagen sollte. Jede ihrer Fragen konnte eine ernste Gefahr für Magda oder Dimitri oder Colin oder seinen Onkel oder die Zigeuner oder auch für sie selbst heraufbeschwören.
»Also beginnen wir«, sagte Mr. Piskapos. »Ich gehöre dem türkischen Geheimdienst an, Mrs. Pollifax. Sie können mit mir ganz offen reden. Sie sind eine amerikanische Agentin, nicht wahr?«
»Sie schmeicheln, Mr. Piskapos. Ich bin eine amerikanische Touristin.«
»Einverstanden. Dann wollen wir dieses Kapitel nicht weiterverfolgen.«
»Vielen Dank«, sagte sie hoheitsvoll. »Dürfte ich Sie fragen...«
»Doch sicher nicht, weshalb man Sie verhaftet hat?« sagte er mit spöttischem Lächeln.
»Im Gegenteil. Ich wüßte gern, welche Anklage Sie gegen mich erheben wollen.«
»Jede Anklage wäre rein akademisch, da Ihr Prozeß bereits stattgefunden hat«, sagte er.
Ihr blieb die Luft weg. »Mein Prozeß? Ohne mich?«
»Vielleicht ist der Ausdruck Prozeß nicht sehr glücklich gewählt, Mrs. Pollifax. Die Abwehr kennt keine Prozesse. Sagen wir lieber, es war eine Verhandlung, die einige Stunden dauerte. Das ist übrigens der Grund, weshalb ich erst jetzt Zeit für Sie habe. Sie wurden dabei recht gut vertreten, Mrs. Pollifax.«
»Ach«, sagte sie frostig. »Und durch wen?«
»Durch Leutnant Cevdet Suleiman.«
»Mir ist niemals ein Leutnant Suleiman begegnet, noch hat ein Mann dieses Namens jemals mit mir gesprochen. Ich verstehe also wirklich nicht, wie er mich hätte vertreten sollen«, sagte sie empört. »Sicher stammte der Vorschlag von Dr. Belleaux.«
Mr. Piskapos strahlte übers ganze Gesicht. »Ich finde es sehr aufschlußreich, daß Sie Dr. Belleaux' Namen erwähnen. Möchten Sie mir nicht berichten, woher Sie ihn kennen?«
»Wie spät ist es?«
»Fünf Uhr.« Er neigte sich über den Schreibtisch und zeigte ihr seine Armbanduhr.
Wenn es fünf Uhr nachmittags war, dann war Magda entweder in Sicherheit oder nicht, war entweder in London gelandet oder saß hoffnungslos in Istanbul fest. Jedenfalls blieb die Verbindung mit Carstairs unentdeckt. Wesentlich war jetzt nur, Dr. Belleaux zu entlarven.
»Also gut«, sagte sie und begann von ihrer Ankunft in Istanbul zu berichten, wo sie einer Freundin zu Hilfe eilen wollte, die telegrafisch um Unterstützung ersucht hatte. »Ihr Name war Magda FerenciSabo«, sagte sie vorsichtig.
Mr. Piskapos ließ sich nicht anmerken, ob er überrascht war. Sein Blick haftete unverändert auf seiner Schreibmappe. Er zuckte mit keiner Wimper.
Das ermutigte Mrs. Pollifax dazu, die Ereignisse der letzten vier Tage zu schildern. Bis auf die Namen Madrali, die Inglescus und Sandor ließ sie kaum etwas aus. Als sie geendet hatte, schaltete Mr. Piskapos das Tonbandgerät aus.
»Danke, Mrs. Pollifax«, sagte er.
Sie fand seine Gelassenheit aufreizend. »Danke wofür?« sagte sie. »Die Wahrheit? Lügen? Glauben Sie mir nicht, was ich über Dr. Belleaux gesagt habe?«
Überrascht sah er auf. »O ja.«
»Was, ja?« fragte sie gereizt.
Er lächelte. »Vielleicht sollte ich Ihnen jetzt
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