lebt gefaehrlich
dunkelblaue Strickkostüm war ihr nicht übermäßig zu groß. Mrs. Pollifax lächelte beifällig. Magda trat an den Flugschalter. Mit größter Selbstverständlichkeit zog sie Banknoten aus dem Schal, den sie über ihren Arm gelegt hatte. Kurz darauf zeigte sie sich bei der Paßkontrolle und wies selbstsicher ihren Paß vor. Der Beamte nahm ihn entgegen, sah Magda prüfend an, zeigte seinem Kollegen den Paß, dann stempelte er ihn ab und gab ihn mit kurzem Nicken zurück.
Erst an der Tür drehte Magda sich um und umfaßte die Wartehalle mit einem Blick. Als sie Mrs. Pollifax in ihrer verstaubten Pluderhose sah, schürzte sie unmerklich die Lippen. Sie tauschten einen langen, gleichmütigen Blick. Dann hob Magda eine Hand hoch, als winkte oder grüßte sie.
Inzwischen war es sieben Uhr fünfundfünfzig geworden. Mrs. Pollifax ging ans Fenster und beobachtete, wie Magda das Flugzeug bestieg. Die Uhrzeiger rückten langsam fünf Minuten weiter. Die Treppe wurde entfernt, die Tür geschlossen und die Maschine rollte über die Flugbahn. Am Beginn der langen Landebahn hielt sie an.
»Geh, geh, geh!« flüsterte Mrs. Pollifax. Die Maschine setzte sich neuerlich in Bewegung. Als sich die Räder vom Boden abhoben, stieß Mrs. Pollifax langsam die Luft aus, und Tränen traten ihr in die Augen.
Magdas Flug hatte begonnen.
Mrs. Pollifax machte kehrt und ging durch die lange Halle zur
Eingangstür. Sie zögerte nicht, als sie sah, daß sich dort die Menschen zusammenrotteten. Polizisten liefen eilig in die Halle. Einer von ihnen entdeckte sie und kam auf sie zu.
»Mrs. Pollifax?« fragte er.
Sie seufzte und nickte. Hinter ihm sah sie Dr. Belleaux aus einem Auto steigen. Auf seiner Wange klebte ein Heftpflaster, aber abgesehen davon wirkte er kühl und überlegen wie immer.
»Die Polizei sucht Sie zwecks Einvernahme über den Mord an Henry Miles«, sagte der Polizist. »Kommen Sie bitte mit.«
Die kleine steinerne Zelle wirkte keineswegs romantisch oder gar bequem. Sie war kalt und feucht gewesen, als man Mrs. Pollifax um halb neun einge sperrt hatte. Im Laufe des Tages wurde es in der Zelle subtropisch heiß. In einer Ecke stand ein Krug mit Wasser, aber niemand brachte etwas zu essen. Überhaupt sah niemand nach ihr, und das beunruhigte sie, denn sie hatte damit gerechnet, der Polizei sofort ihre Geschichte erzählen zu können. Was mochte Dr. Beleaux noch alles anstellen, während sie hier gefangen saß? Daß Magdas Maschine unbehindert abgeflogen war, hatte sie mit eigenen Augen gesehen. Trotzdem konnte Magda in Ankara oder Istanbul aus dem Flugzeug geholt worden sein. Es war also möglich, daß auch Magda jetzt in einer Zelle saß.
Langsam krochen die Stunden dahin und stürzten sie in eine Hölle der Verzweiflung. War Magda noch im Flugzeug? Lebte sie überhaupt noch? War das Böse Auge mittlerweile in Dr. Belleaux' Besitz gelangt? Allein der Umstand, daß niemand in ihre Zelle kam, ließ sie befürchten, daß Dr. Belleaux auch hier sehr starken Einfluß besaß.
Wenn doch nur irgend jemand käme!
Gegen Mittag begann sie in der Zelle auf und ab zu gehen. Verzweifelt blickte sie zu dem winzigen Fenster oben in der
Wand hoch oder stellte sich an die Tür in der Hoffnung, draußen Schritte zu hören. Aber nichts geschah. Es wurde heißer, und die Wände der Zelle begannen zu schwitzen. Die Tropfen klatschten zu Boden. Für den Fall, daß in ihrer Zelle ein Abhörgerät untergebracht sein sollte, wiederholte sie zirka alle dreißig Minuten klar und deutlich: »Ich muß mit einem leitenden Beamten sprechen. Ich habe Nachrichten für die türkische Regierung.« Aber niemand kam, niemand hörte ihr zu.
Müde ließ sie sich auf die Pritsche fallen. Sie war sehr niedergeschlagen und sehr hungrig.
Sie hatte jeden Zeitbegriff verloren, als die Tür ihrer Zelle plötzlich aufgestoßen wurde. Es war dunkler geworden. Sie nahm an, daß es bereits Spätnachmittag war. Sie konnte die Umrisse eines Mannes erkennen, der sagte: »Tut mir sehr leid, Mrs. Pollifax! Wir hatten keine Zeit, Sie einzuvernehmen. Sie mußten sich sehr lange gedulden. Würden Sie mit mir in eine erfreulichere Umgebung kommen.«
»Ja«, sagte sie ergeben.
Er führte sie durch einen langen, schlecht beleuchteten Korridor.
Dann ging es über abgetretene Stufen in einen etwas zivilisierteren Flur. An einer offenen Tür hielt er an. »Hier, bitte«, sagte er. Es war eine prächtige Tür aus Mahago ni. Sie führte in ein Büro. Der Raum war sonnig, luftig
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