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Lee, Julianne

Lee, Julianne

Titel: Lee, Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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der einzelnen Trupps wurden auf Grund ihrer gesellschaftlichen Stellung und nicht auf Grund militärischer Erfahrung ausgewählt. Ciaran, der mit seinen Leuten inmitten der zahlenmäßig überlegenen Jakobitenclans marschierte, bemerkte, dass die Männer kamen und gingen, wie es ihnen beliebte. Viele, die ihr Heimweh nicht länger ertragen konnten, desertierten. Andere schossen achtlos und ohne Erlaubnis auf alles, was sich bewegte, weil sie sich im Gebrauch der bei Prestonpans erbeuteten Musketen üben wollten.
    Auch Ciaran nutzte die eine oder andere günstige Gelegenheit, ein paar Schüsse abzufeuern, um ein Gefühl für die Waffe zu bekommen, die er vom Schlachtfeld aufgelesen hatte. Er stellte fest, dass der Knall wesentlich lauter war als der seiner Pistole, aber mit der Muskete ließ sich immerhin viel besser zielen. Nur musste er jedes Mal husten, wenn ihm der beißende Pulverdampf in die Nase stieg. Sein Vater hatte Feuerwaffen verabscheut und sich lieber auf Schwerter, Dolche oder seine bloßen Fäuste verlassen, doch Ciaran liebte die Macht, die ihm eine solche Waffe verlieh. Es war großartig, den Feind auf eine so große Entfernung niederstrecken zu können. Schade nur, dass das Bajonett, das sich auf den Musketenlauf aufschrauben ließ, zerbrochen war.
    Unter seinen eigenen Leuten herrschte eiserne Disziplin, denn die Mathesons konnten sich unter den wachsamen Augen ihres Lairds nicht so frei bewegen wie die zahlenmäßig stärkeren Camerons, Murrays, Stewarts und MacDonalds. Doch trotzdem waren sie mit dem Verlauf des Aufstandes unzufrieden, wie Ciaran einigen ihrer Gespräche entnahm.
    »Ich habe doch nicht meine Heimat verlassen, um die Sassunaich vor ihrem eigenen König zu schützen«, bekannte Donnchadh freimütig, jedoch mit leiser Stimme. »Unser großer Prinz führt uns in eine Richtung, in die keiner gehen will.«
    Obwohl Ciaran geneigt war, ihm zuzustimmen, wies er Donnchadh an, seine Meinung für sich zu behalten. »Ich bin sicher, Prinz Teàrlach hat gute Gründe für seinen Entschluss, nach England zu marschieren.« »Er ist ein Narr«, schnaubte Aodán. »Halt den Mund«, zischte Ciaran. »Das ist die Wahrheit, nichts sonst.«
    Ciaran ließ sich ein Stück zurückfallen, sodass er neben Aodán ging, und hob seine Stimme. »Über das, was du für die Wahrheit hältst oder nicht, wollen wir jetzt nicht streiten. Aber wenn ich noch ein Mal eine derartige Bemerkung von dir höre, fordere ich dich zum Kampf, und dann werde ich dich töten. Möchtest du das wirklich?«
    Aodán verstummte. Ciaran hörte ein leises Kichern und blickte zu Calum hinüber, der ihn jedoch nur strahlend anlächelte. Über den Marsch nach England wurde kein Wort mehr verloren. Sie marschierten einfach weiter und legten dabei ein erstaunliches Tempo an den Tag; Ciaran schätzte, dass sie pro Tag annähernd dreißig Meilen zurücklegten. Die schroffen felsigen Hügel wichen welligen Ebenen und weitläufigen Weiden. Ciaran hatte in seinem ganzen Leben noch nie so viel offenen Himmel gesehen.
    Eine Woche, nachdem sie Edinburgh verlassen hatten, saß Ciaran am Feuer und knabberte müßig an einem harten Zwieback, der Teil seiner Tagesration war. Seine Männer legten sich derweilen zum Schlafen nieder. Nebelschleier zogen über die Heidelandschaft hinweg und dämpften jeden Laut. Die Feuchtigkeit durchdrang Ciarans Mantel und Kilt, und er begann vor Kälte zu zittern. Während er zusah, wie sich seine Männer in ihre Plaids einwickelten, musste er erneut daran denken, wie klein seine Truppe doch war. Dem Prinzen würde ihre Abwesenheit gar nicht auffallen.
    Das Heimweh kroch in seine Gedanken wie der Nebel über die Heide. Es war so einfach. Er musste nur seine Männer zusammenrufen und nach Hause zurückkehren. Keiner der Befehlshaber würde etwas bemerken, und falls doch, würde kaum einer etwas unternehmen. Er ließ den Blick über seine Clansleute schweifen und fragte sich, ob sie wohl Einwände hätten, wenn er sich entschloss, sie nach Glen Ciorram zurückzubringen.
    Doch dann dachte er über den Empfang nach, den ihnen die Daheimgebliebenen dort bereiten würden, und begriff, dass seine Gefühle und die seiner Männer hier nicht zählten. In Ciorram würden sie ständig den vorwurfsvollen Blicken ihrer Freunde und Verwandten ausgesetzt sein, die fest darauf gebaut hatten, dass sie ihrem Clan Ehre machten - Highlandern, die ihr ganzes Leben lang von eben jenen Rotröcken unterdrückt worden waren, die jetzt endgültig

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