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Lee, Julianne

Lee, Julianne

Titel: Lee, Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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hielt er inne, immer noch von einer ungeheuren Zerstörungswut beseelt, und flüsterte noch ein Mal: »Warum?«
    »Sie hat ihn zu sehr geliebt, um ohne ihn weiterleben zu können.« Es war die Stimme der weißen Fee, die seine Frage beantwortete.
    Ciaran fuhr herum und fauchte in den leeren Raum hinein: »Du warst es! Du hast das bewirkt!«
    »Ich habe gar nichts getan.« Sinann materialisierte sich vor ihm, kauerte sich auf eine Stufe der Holztreppe, die zur Sattelkammer führte, schlang die Arme um die Knie und sah ihn an. Ihre Augen waren noch immer rot verweint. »Ihre Zeit war einfach gekommen, genau wie die seine. Auch Emer ist Cuchulain in den Tod gefolgt.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Och, erst bin ich an allem Schuld, und dann habe ich auf einmal keine Ahnung. Ich weiß mehr, als du dir je träumen lassen wurdest, Freundchen, obwohl ich wünschte, dein Jahweh hätte mir das Wissen geschenkt, das dein Vater besaß. Das kommende Jahr würde für uns alle viel leichter werden, wenn er noch am Leben wäre.«
    »Wovon redest du eigentlich, Fee?« Die Worte seines Vaters -Höre auf den Rat der Sidhe - kamen ihm wieder in den Sinn, und nur aus diesem Grund brach er die merkwürdige Unterhaltung nicht augenblicklich ab.
    »Wir schreiben jetzt das Frühjahr des Jahres 1745. Laut deinem Pa wird der Stuarterbe bald an der Westküste landen und kurz darauf die Clans um sich versammeln, um sich gegen George zu erheben.«
    Ciaran zwinkerte. Es war nichts Neues, dass König James VIII von seinem Exil in Rom aus schon seit Jahrzehnten seine Anhänger zur Rebellion aufrief. Ebenfalls war allgemein bekannt, dass sein Sohn Charles König Ludwig von Frankreich um Unterstützung für einen solchen Aufstand gebeten hatte. Jeder Jakobit in Europa und nicht wenige Hannoveraner wussten das. »Du willst mir also weismachen, dass mein Vater dabei geholfen hat, einen Aufstand zu planen, der dieses Jahr stattfinden soll?«
    Die Fee schüttelte den Kopf. »Nein, ich meine, dass er sich an einen Aufstand erinnert hat, der dieses Jahr stattfinden wird. Er hat es in einem Geschichtsbuch gelesen, als er noch sehr jung war.«
    »Och.« Ciaran war nicht in der Stimmung für Feenspielchen. »Versuch nicht, mich an der Nase herumzuführen, Fee. Ich kenne
    dich und deinesgleichen, und ich falle nicht auf deine Tricks herein.«
    Stirnrunzelnd flatterte sie auf und schwebte vor ihm in der Luft, die dünnen Armchen vor der Brust verschränkt. »Mein Name ist Sinann, wenn du gestattest, und ich sage die Wahrheit. Ich versuche, dir etwas sehr Wichtiges über deinen Pa mitzuteilen, und du tätest gut daran, mir jetzt genau zuzuhören. Ich selber habe nämlich jahrelang an ihm gezweifelt und habe alles, was er mir sagte, als Produkt seiner Fantasie abgetan; erst viel später bin ich dahinter gekommen, dass er immer Recht hatte. Du darfst nicht denselben Fehler machen wie ich; nicht, wenn du deine Leute und dich selbst vor dem Untergang bewahren willst.
    Dein Vater wurde in der Zukunft geboren, Ciaran, er kam in unsere Zeit, als er so alt war wie du jetzt, und er wusste, was geschehen würde, weil er darüber gelesen hatte. In Büchern, verstehst du? Für ihn war der bevorstehende Aufstand eine Geschichte aus längst vergangenen Zeiten, so wie die des Geisterhundes nicht mehr als eine alte Geschichte für uns ist.«
    »Das ist doch verrückt.« Ciaran wandte sich ab und ging zur Tür.
    Sinann flog näher, um ihm den Weg zu versperren. »Es ist die Wahrheit!«
    »Lass mich durch!«
    »Erst wenn du zur Vernunft gekommen bist.« Sie deutete auf den weißen Grabstein mit dem Namen seines Vaters. »Siehst du das? Was steht da?«
    Ohne hinzusehen erwiderte Ciaran: » Dylan Robert Matheson.«
    »Und was noch?«
    »Nichts.«
    »Sei so freundlich und schau einmal genauer hin.« Ciaran kniff die Augen zusammen, drehte sich jedoch widerwillig um und betrachtete den weißen, im Licht schimmernden Marmor. Unter dem Namen seines Vaters war eine Distel in den Stern eingemeißelt, darunter standen zwei Worte: »Hi, Mom.« Verwirrt
    runzelte er die Stirn. »Was soll das heißen? Solche Worte habe ich noch nie gehört. Was für eine Sprache ist das?«
    »Das ist Englisch, wie man es in der Zukunft sprechen wird, und es bedeutet: >Hallo, Mutter<. Es ist eine Botschaft für seine Mutter; er hat immer geglaubt, sie würde eines Tages hierher kommen, um sein Grab zu suchen.«
    »Seine Mutter...« Ciaran verstand die Welt nicht mehr. Er hatte immer angenommen, seine

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