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Lee, Julianne

Lee, Julianne

Titel: Lee, Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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sind mein Bild und das deines Urgroßvaters Donnchadh Matheson zu sehen.« Ciaran nickte unmerklich.
    »Nun, dieser Gobelin birgt ein Geheimnis. Vor langer Zeit, so um die Jahrhundertwende, schenkte ich ihn deinem Urgroßvater. Eines Tages hing er plötzlich an der Wand seines Büros. Donnchadh nahm ihn ab, doch tags darauf war er wieder da. Er nahm ihn erneut ab, und am nächsten Tag hing der Gobelin wieder an seinem alten Platz. Also hat der Laird ihn dort gelassen, und alle seine Nachfolger wagten nicht mehr, ihn anzurühren. Der Gobelin kann nicht entfernt werden, weil er verzaubert ist.«
    Sinann senkte die Stimme ein wenig. »Ich werde dir jetzt etwas verraten, was außer deinem Vater niemand wusste. Der eigentliche Zauber des Gobelins besteht darin, dass ich, die ich ihn dort aufgehängt habe, durch ihn in das Büro hineinschauen kann.« Ciaran hob bei diesen Worten interessiert den Kopf. »Aye«, bestätigte die Fee. »Ich kann immer und überall beobachten, was in diesem Raum vor sich geht, egal, wo ich auch sein mag. Es ist immer nützlich, gut informiert zu sein.«
    Ciaran richtete sich plötzlich in seinem Stuhl auf.
    Der Dragonercaptain und seine Tochter betraten die große Halle, gefolgt von einer Schar Dienstboten, die Truhen und andere Gepäckstücke schleppten.
    Die Diener blieben zögernd im Raum stehen. Dieser ungebetene Besuch missfiel ihnen offensichtlich ebenso sehr wie ihrem
    Laird. Ciaran traf rasch seine Entscheidung. Er erhob sich und ging auf die beiden Engländer zu. »Captain!«
    Hadley und seine Tochter blieben stehen. Ciaran nahm das Mädchen zum ersten Mal bewusst wahr. Sie hatte ein ovales Gesicht, eine blasse, zarte Haut und üppiges kastanienbraunes Haar, und trotz ihres ungewöhnlich hohen Wuchses war sie schlank und bewegte sich voller Anmut. Eine verwöhnte, verhätschelte englische Blume, die in diesem rauen Land bald eingehen würde, dachte er. Alle Engländer waren schwächliche Geschöpfe, ein weiterer Grund, warum Ciaran sie so verachtete.
    Er sah ihr nach, als sie dem Burschen folgte, der ihre Truhe auf den Schultern schleppte. Sie trug ein elegantes, mit Spitze verziertes und mit Samt gesäumtes Reitkleid, das kostspieligste Kleidungsstück, das Ciaran je gesehen hatte. Noch nicht einmal Mutter Sarah hatte je so ein Kleid besessen.
    Unwillig wandte er seine Aufmerksamkeit wieder ihrem Vater zu. »Captain Hadley!«
    Hadley hob die stahlgrauen Brauen und sah ihn fragend an. Sein Gesicht war fast viereckig, die Züge auffallend scharf geschnitten. Er trug eine teure, zu engen Reihen kleiner Locken frisierte weiße Perücke. Trotz der langen, gefährlichen Reise, die hinter ihm lag, blickten seine Augen klar und wach, nur die leicht geröteten Unterlider zeugten von seiner Erschöpfung. Ein herausfordernder Funke flammte in seinen Augen auf.
    Einen Moment lang kämpfte Ciaran gegen den überwältigenden Drang an, dem verhassten Rotrock seinen Dolch zwischen die Rippen zu bohren, zwang sich dann aber zur Ruhe. Es war klüger, diplomatisch vorzugehen. Also sagte er so freundlich, wie es ihm möglich war: »Ich denke, Ihr werdet einen Raum benötigen, wo Ihr in Ruhe arbeiten könnt. Gestattet mir, Euch für die Dauer Eures Aufenthaltes mein eigenes Büro anzubieten. Dort wird Euch niemand stören.« Der Captain sah ihn ob dieses überraschenden Sinneswandels
    misstrauisch an, »Das ist sehr freundlich von Euch, aber wir wissen noch nicht, wie lange wir hier bleiben werden.«
    Ciaran stockte beinahe der Atem. Schlechtere Nachrichten konnte er sich kaum denken. Trotzdem nickte er. »Ich verstehe Ich werde gleich ein paar persönliche Dinge fortschaffen lassen dann gehört der Raum Euch.«
    Hadley musterte ihn forschend. Anscheinend glaubte er jetzt selbst an Ciarans gute Absichten. Ausgezeichnet.
    Ein leises Lächeln spielte um Ciarans Lippen. Sein Hass auf die Engländer saß tief, war sein ganzes Leben lang genährt worden. Er war sicher, dass Captain Roger Hadley eines Tages innerhalb dieser Mauern den Tod finden würde.
    Leah, die schon fast am Ende der großen Halle angelangt war, blieb stehen, um die Unterhaltung zwischen ihrem Vater und dem Laird zu verfolgen. Was sie hörte, versetzte sie in Erstaunen. Der unverschämte Unterton war aus der Stimme des Lairds verschwunden, sein Akzent jetzt kaum noch wahrnehmbar. Sie betrachtete ihn neugierig. Wie konnte sich ein wilder Highlander im Kilt nur so mühelos in einen Gentleman verwandeln? Wahrscheinlich hatte er dieses Benehmen

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