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Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2

Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2

Titel: Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Sharon & Miller Lee
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wieder einmal fiel ihr auf, wie imposant das Logo mit dem Baum und dem darüber schwebenden Drachen wirkte. Plötzlich fand sie, der Anblick des Captains, der dasaß und mit geschickten Händen und unendlicher Geduld die Präsisionswerkzeuge justierte, habe etwas ungemein Beruhigendes, Tröstendes an sich.
    Verwundert zog sie die Stirn kraus. Sie hatte nicht den geringsten Grund, in dieser Art und Weise auf den Captain zu reagieren. Doch zum zweiten Mal schon überkam sie dieses Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, wenn sie ihn ansah. Dabei war sie durchaus nicht davon überzeugt, dass sie diese Emotionen billigte. Mit einem Anflug von Gereiztheit wandte sie den Blick ab.
    Auf dem Sitz des Transporters saß niemand. Mit hoher Geschwindigkeit raste er heran, zusätzlich angetrieben durch die Last, die in seinen Vorderkrallen steckte; und er steuerte direkt auf den Pavillon der Passage zu.
    Später wusste Priscilla nicht mehr genau, ob sie ein paar Schritte gerannt war oder die Entfernung mit einem einzigen, gewaltigen Satz überwunden hatte. Sie prallte gegen den Captain, stieß ihn um, und beide rollten ein paar Meter weit über den Boden. In ihren Ohren ertönte ein knackendes Geräusch, als ob etwas entzweibräche; nach Luft schnappend hob sie den Kopf, als sie endlich neben einer Stellwand zum Stillstand kam.
    Sie rappelte sich auf die Knie hoch, blickte in die Runde. Als sie den Captain entdeckte, hätte sie vor Schreck um ein Haar aufgeschrien.
    Er lag reglos neben der Wand; seine Augen waren geschlossen, und wenn er überhaupt noch atmete, dann sehr schwach.
    »Captain?«, hauchte sie, nachdem sie auf den Knien zu ihm hingerutscht war. Vorsichtig legte sie eine Hand an seine Wange.
    Die schrägen Augenbrauen zogen sich zusammen, und die Lider mit den langen, dunklen Wimpern hoben sich. »Tun Sie das nicht, Priscilla.«
    »Ist gut.« Sie zog ihre Hand zurück und sah ihn unschlüssig an. »Sind Sie verletzt?«
    »Nein«, versetzte er kurz angebunden. »Es ist nichts passiert.« Er richtete sich auf, ohne sie dabei anzusehen. Der Blick aus seinen weit aufgerissenen, silbergrauen Augen richtete sich auf einen Punkt hinter ihr. Priscilla drehte sich um.
    Der Pavillon stand nicht mehr; die zerfetzte, flatternde Plane bildete einen wirren Haufen über dem durchgegangenen Transporter, der unter den entfesselten Stoffbahnen bockte, kreiselte und jammerte wie ein gefangener Wilmaby. Erschrockene Zuschauer starrten fasziniert auf das Spektakel. Angelockt durch das irre Surren des festsitzenden Transporters, strömten immer mehr Leute herbei.
    »Geben Sie mir bitte Ihren Arm, Priscilla«, bat der Captain, den Blick immer noch auf den demolierten Pavillon geheftet.
    Sie stand auf, streckt ihm ihre Hand entgegen und half ihm auf die Beine. Er akzeptierte die Unterstützung und hängte sich dann bei ihr ein, wobei seine Finger sich mit sanftem Druck um ihr Handgelenk schlossen.
    »Captain?«, begann sie leise. Es fiel ihr schwer, den Verdacht zu äußern, aber sie durfte ihre Beobachtung nicht für sich behalten. »Ich habe Dagmar heute gesehen … auf dem Tourmaline Way …«
    »Sie hat ein Recht, sich hier aufzuhalten, Priscilla; dies ist Hafengebiet. Aha, ein Polizist. Wie schön.« Er steuerte auf den Beamten zu und zog Priscilla mit sich.

Schiffsjahr 65, Reisetag 143, Zweite Schicht, 10.30 Uhr

     
     
    Z um Glück befand sich niemand in der Bibliothek. Zur Zeit wollte Priscilla mit keinem reden, nicht einmal mit Lina. Neben der Tür zum Streichelzoo entdeckte sie einen Monitor. Sie nahm davor Platz und aktivierte ihn.
    Das Gespräch mit dem Polizisten im Hafen hatte höchst interessante Dinge ergeben. Nachdem man den Transporter aus der zerrissenen Plane geschält hatte, wurde er von einem schwindsüchtig aussehenden Herrn in kirschroten und weißen Gewändern identifiziert; das Vehikel gehörte seinem Arbeitgeber, einem gewissen Mister Reyes.
    Ungefähr zwanzig Minuten zuvor hatte der Angestellte zu seinem Erstaunen bemerkt, dass der Transporter nicht mehr an seinem Platz stand, und ehe er den ziemlich langen Fußmarsch zurück ins Stadtzentrum antrat, hatte er das abhanden gekommene Fahrzeug bei der Polizei als gestohlen gemeldet. Durch einen schieren Zufall war er auf den Ochre-Platz eingebogen, gerade als der Pavillon mit dem Baum und Drachen lärmend in Fetzen gerissen wurde und kollabierte.
    Noch am Schauplatz des Geschehens untersuchte der Polizist das Steuerhorn des Transporters auf Fingerabdrücke; aber

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