Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
benutzen. Sie dürfen es ihr nicht übel nehmen.«
»Was, das sollte ich ihr übel nehmen?« Er lachte aus vollem Herzen. »Ich könnte Priscilla gar nicht böse sein, im Gegenteil, ich bin begeistert von ihr. Und was diese spezielle Situation angeht, so hätte sie es nicht besser machen können, wenn ich den Auftritt vorher mit ihr geprobt hätte. Sie hat Sav Rid ordentlich eins ausgewischt! Seinen Gesichtsausdruck hätten Sie sehen müssen! Am liebsten hätte ich Priscilla in die Arme genommen und geküsst!«
»Sie dürfen sie nicht noch ermutigen, sich unkorrekt zu benehmen«, tadelte Lina ihn. »Und Sie wollen Ihr Freund sein? Es ist wichtig, dass sie Anstand und guten Ton lernt. Vor allen Dingen, wenn Sie die Absicht hegen, sie Lady Kareen vorzustellen!«
»Sie haben ja so Recht, Lina«, räumte er mit gespielter Demut ein.
Sie schüttelte den Kopf. »Tun Sie nicht so scheinheilig, mich überzeugen Sie nicht. Ich kenne Sie, Shan. Priscilla erhält von mir Unterricht in der Hochsprache, wobei ich besonderen Wert auf die korrekte Betonung lege. Zusätzlich gebe ich ihr Unterrichtsbänder, mit denen sie im Schlaf lernen kann. Lady Kareen wird nichts an ihr auszusetzen haben, wenn sie sie kennen lernt.«
»Mir scheint, Sie wollen stolz auf Priscilla sein, wenn sie erst einmal den letzten Schliff bekommt, was?«
Lina lachte und stemmte sich aus dem Stuhl hoch. »Warum auch nicht? Ist das nicht jeder Lehrer, wenn er es mit einem viel versprechenden Schüler zu tun hat?« Flüchtig streichelte sie seine Wange und spürte, dass er sich immer noch hinter einer Barriere verschanzte. »Schlafen Sie gut, mein Freund.«
Schiffsjahr 65, Reisetag 144, Erste Schicht, 1.30 Uhr
E r schlief nicht gut. Und sein Gespräch mit Gordy hatte nicht dazu beigetragen, seine schlechte Laune zu heben. Er hatte sich dazu hinreißen lassen, den Jungen anzuschnauzen, und seine Stimmung wurde nicht besser, als er sich vergegenwärtigte, dass er genauso herrschsüchtig klang wie sein Vater, wenn er diesen Ton anschlug.
Missmutig ging er an die Bar und schenkte sich ein Glas Wein ein. An Bord hatte er noch ein paar Dinge zu erledigen, ehe er sich auf den Planeten hinunterbegab, um sich eine Woche lang dem Handel zu widmen. Das Glas in der Hand, ließ er sich auf seinen Sessel sinken und drehte den Monitor zu sich herum.
Buzzz!
Shan blickte hoch; im ersten Augenblick war es ihm nicht möglich, den Ursprung des summenden Geräusches zu orten.
Buzzz!
Ungeduldig schob er den Dokumentenstapel hin und her, der sich auf seinem Schreibtisch angesammelt hatte, bis er schließlich ein glänzend blaues Pad mit zwei unmarkierten Tasten zutage förderte. Planlos drückte er auf eine Taste. »Ja?«
Buzzz!
Shan seufzte und probierte die andere Taste aus. »Ja?«
»Cap’n? Hier spricht Rusty. Entschuldigen Sie die Störung.«
»Rusty? Laut Dienstplan haben Sie heute doch Landurlaub.
Ich dachte, Sie würden durch die Straßen tanzen, an jedem Arm eine Braut.«
»Nun ja, genau das hatte ich auch vor«, erwiderte Rusty ernst. »Aber als wir im Hafen eintrafen, wurden wir dort von zwei … äh … Individuen erwartet. Sie sagten, ab sofort sei der Planet für die gesamte Crew der Passage gesperrt. Dann fügten sie hinzu, sie würden zu uns an Bord kommen.« Eine winzige Pause trat ein. »Sie faselten etwas von einer Vollmacht, Cap’n.«
»Tatsächlich? Ich weiß nur nicht so recht, was ich mit dieser Information anfangen soll. Und was hat das mit dem Landgang der Crew zu tun? Drücken Sie sich bitte etwas deutlicher aus, Rusty – ich fürchte, so früh am Morgen arbeitet mein Verstand noch ein bisschen langsam.«
»Tja, diese Personen sagten, sie wollten mit Ihnen sprechen. Mehr teilten sie mir nicht mit.«
»Entzückend. Wie würden Sie diese … Individuen denn beschreiben, Rusty? Waren es Botschaftsangehörige? Einfache Polizisten? Besorgte Bürger?«
»Hmmm …« Rusty verstummte kurz, dann sagte er: »Wenn ich mich recht erinnere, pflegte Cap’n Er Thom zu sagen: ›Wenn dein Besucher einen Dolch trägt, bewaffnest du dich am besten mit zwei Dolchen‹.«
»Das klingt ganz nach ihm.«
»Dann schlage ich vor, dass Sie sich mit drei Dolchen und einer Machete ausrüsten.«
Shan grinste. »Und diese formidablen Personen wünschen mich mit ihrer Anwesenheit zu beehren? Ich freue mich jetzt schon darauf. Tun Sie mir den Gefallen, Rusty, und bitten Sie Seth, unsere Gäste so schnell wie möglich zur Passage zu fliegen. Gordy wird
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