Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 2 - Der Agent und die Söldnerin
sich eine schwere Hand auf ihre Schulter und riss sie nach rechts. Ein Schlag ins Gesicht raubte ihr fast die Besinnung und schleuderte sie gegen eine splitternde Wand.
»Nanu, das ist aber ein richtiger Leckerbissen, nicht wahr, Daphne? Für die finden wir sicher einen Käufer, der ein hübsches Sümmchen springen lässt«, lallte ein Mann, offenbar unter dem Einfluss von Dreamsmoke.
Miri schüttelte den Kopf, in dem Versuch, die Benommenheit loszuwerden. Vor ihr standen zwei Gestalten – der Mann ragte über ihr auf, ihren Oberarm mit seiner riesigen Pranke umklammernd. Sein Bart war einmal blond gewesen, doch durch dauernde Vernachlässigung und den Missbrauch von Dreamsmoke sah er nun schwärzlich und verfilzt aus. Ein leeres Grinsen stand in seinem Gesicht. An der rechten Seite seines abgewetzten Gürtels hing eine Pistole.
»Denkst du, dieses dürre Gerippe will jemand haben?« Die Frau trat neben ihren Gefährten. Wie er, trug sie speckige Ledersachen, und als Umhang diente ihr eine zerlumpte Decke, die sie sich über die Schultern gelegt hatte. »Außerdem verlangen die Käufer eine Ware, die sie sofort gebrauchen können und nicht erst in fünf Standardjahren.« Sie wandte sich um. »Verpass ihr ein paar Schläge an den Kopf, damit sie sich an nichts mehr erinnert, und lass uns endlich aus diesem verfluchten Wind rauskommen.«
»Aber wir können die Kleine jetzt gleich benutzen, Daphne«, nörgelte der Kerl. »Ja, sicher – pass auf, was ich jetzt mache! Schau her!«
Mit der freien Hand zerrte er an ihrem schönen Hemd, bis die Knöpfe absprangen und der Stoff zerriss. Er zog es über ihre Arme herunter und warf es in den gefrorenen Matsch vor der Wand. »Schau her, Daphne«, wiederholte er und zog an Miris zweitem Hemd.
Miri duckte sich und griff nach der Pistole in dem schäbigen Halfter. Er wollte das Mädchen am Hals zu fassen kriegen, doch sie wand sich zur Seite, und er bekam nur einen Zopf zwischen die Finger. Sie kreischte und krümmte sich wie eine Schlange; dann hieb sie ihre Zähne in das schmutzige Leder oberhalb seiner Kniekehle.
Vor Schreck schrie er auf und ließ ihren Zopf los. Wieder griff sie nach der Pistole, und dieses Mal gelang es ihr, sie aus dem Halfter zu ziehen; mit einem Fausthieb schleuderte er sie zur Seite, und an der Wand prellte sie sich die Rippen. Dann stieß er ein tierisches Gebrüll aus, und sie sah, wie er mit dem Bein zu einem Tritt ausholte. Geistesgegenwärtig warf sie sich auf den Boden, und während sie sich seitwärts abrollte, hantierte sie blindlings an dem Sicherungshebel der Pistole.
Über ihrem Kopf entlud sich der nächste Schrei, als sie sich auf die Knie hochrappelte und mit beiden Händen die Waffe hob.
»Du gottverdammtes kleines Luder, ich schlag dir den Schädel ein …«
Miri drückte den Abzug.
Der Kerl taumelte, die Augen weit aufgerissen. Sie feuerte abermals, und seine linke Gesichtshälfte wurde zerfetzt. Langsam kippte er vornüber; sie rutschte zur Seite, sprang mit einem Satz auf die Füße und richtete die Pistole auf Daphne. Die lungerte an der gegenüberliegenden Wand, sperrte Mund und Augen auf und spreizte die erhobenen Hände.
»Immer mit der Ruhe, Kleine«, keuchte die Frau mit zittriger Stimme.
Miri drückte den Abzug; immer und immer wieder.
Beim ersten Schuss bäumte sich die Frau mit einem jähen Ruck auf. Der zweite Schuss schleuderte sie gegen die Wand, und als Miri zum dritten Mal abdrückte, rutschte sie bereits an der Mauer nach unten in den Dreck.
Miri ließ die Waffe fallen. Mit zusammengebissenen Zähnen kniete sie neben dem Mann nieder, wobei sie sich bemühte, so wenig wie möglich mit seinem Blut in Berührung zu kommen, öffnete den Beutel, den er am Gürtel trug, und klaubte die wenigen Plastikmünzen heraus.
Die Tasche der Frau enthielt mehr Geld. Miri nahm sich alles und steckte es in ihre Hosentasche zu dem Viertelbit, den sie an diesem Tag verdient hatte.
Sie wollte sich auch noch ihr Hemd zurückholen, doch als sie sich danach bückte, fing sie plötzlich an zu zittern. Schlotternd richtete sie sich wieder auf und starrte die beiden Leichen an, während sich ihr der Magen umdrehte. Würgend beugte sie sich vornüber und erbrach sich. Danach fühlte sie sich so schwach, dass sie sich gegen die Wand lehnen musste.
Plötzlich hörte sie Stimmen; ohne Zweifel hatten die Schüsse Leute angelockt, obwohl man in diesem Stadtviertel an Waffenlärm gewöhnt war.
Vorsichtshalber rannte sie los.
Sie
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