Leg dein Herz in meine Haende
einer Kutsche sitzen und sich ausruhen.«
»Ich brauche mich nicht auszuruhen.«
Er fühlte sich verpflichtet, ihr noch einige Minuten lang zu widersprechen, bevor er nachgab. Aber ihm war natürlich klar, dass sie sehr viel schneller vorankommen würden, wenn sie statt der kurvenreichen Straßen Abkürzungen nahmen. Vielleicht würden sie sogar noch rechtzeitig am Bahnhof eintreffen, um am späten Nachmittag den Zug zu nehmen.
Während er überlegte, wie er sich entscheiden sollte, stand er da und betrachtete sie prüfend. Ihr Haar umrahmte ihr Gesicht in weichen Wellen, und sanft strich er es zurück, um einen Blick auf die Beule an ihrer Stirn zu werfen. Die Schwellung war zurückgegangen und sah längst nicht mehr so schlimm wie gestern Nacht aus.
Langsam strich er mit der Fingerspitze über ihre Wange. »Sind Sie sicher, Grace?«
Sanft, aber entschieden schob sie seine Hand fort. »Ganz sicher.«
Er musterte sie sehr eindringlich, und sie dachte, dass er vielleicht nach einem Anzeichen von Schwäche bei ihr suchte. Sie straffte die Schultern, lächelte und wiederholte ihren Vorschlag, endlich aufzubrechen.
»Glauben Sie, uns bliebe Zeit, noch kurz am Wagen anzuhalten? Ich muss mir einen anderen Hut holen«, erklärte sie. »Eine Dame sollte nicht ohne Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit erscheinen. Das tut man einfach nicht.«
»Warum haben Sie dann den anderen Hut verkauft?«
»Sie hat mir zehn Dollar dafür gegeben, Daniel!«
Er grinste. »Das hat Sie überrascht, nicht wahr?«
»Nicht wirklich«, gab sie zu. »Es ist der dritte Hut, den ich seit meiner Ankunft hier verkauft habe. Und ohne dass ich es versucht hätte«, fügte sie hinzu. »Die armen Damen hier haben nicht die Läden, die wir in London haben. Sie müssen per Katalog bestellen, aber das, was sie zu kaufen glauben, und das, was sie bekommen, sind oft ganz verschiedene Dinge. Das kann sehr enttäuschend sein.«
»Ja, das kann es wohl«, bestätigte er trocken.
Sie lachte. »Hüte sind wichtig für Damen, aber nicht für Männer. So ist es doch?«
»Dann kommen Sie«, forderte er sie lächelnd auf. »Ich habe den Wagen in den Mietstall bringen lassen. Sie können sich dort einen neuen Hut aus Ihren Schachteln holen.«
Er nahm ihren Arm und versuchte, sie zur Eingangstür zu ziehen. Aber sie widersetzte sich ihm.
»Es wäre sehr unhöflich von mir, abzureisen, ohne mich von Jessica und Rebecca verabschiedet zu haben.«
»Sie sind nicht mehr im Hotel. Jessica ist gestern mit Cole fortgeritten, um Caleb zu einem Freund zu bringen, und Rebecca ist mit Marshal Cooper weggefahren. Sie werden beide in Red Arrow Wiedersehen«, erklärte er, während er ihre Reisetasche nahm, ihren Arm ergriff und sie wieder zur Tür hinüberzog.
»Sollen wir zum Mietstall rennen?« Er entschuldigte sich und ging ein wenig langsamer. Kaum waren sie draußen, galt seine ganze Aufmerksamkeit der Straße.
»Glauben Sie, wir schafften es, Rebecca oder Jessica einzuholen?«
»Nein.«
»Es wäre nett gewesen, mit ihnen zusammen im Zug zu sitzen.«
»Selbst wenn wir denselben Zug nähmen, würde ich Sie nicht zusammensitzen lassen.«
»Warum nicht?«
»Das erklär ich Ihnen später«, wich er aus.
Ärgerlich entzog sie ihm den Arm. »Daniel, es ist sehr unhöflich, wegzuschauen, wenn man mit jemandem redet.«
Er lächelte über ihren vorwurfsvollen Tonfall. Sie klang wie eine Lehrerin, die einem kleinen Jungen Manieren beibringt. »Grace, ich versuche nur, dafür zu sorgen, dass niemand auf Sie schießt. Aber wenn es Ihnen lieber ist, dass ich Sie ansehe ...«
»Nein, nein, beobachten Sie die Straße, das ist besser. Glauben Sie, da könnte wirklich jemand sein, der mich erschießen will?«
»Außer mir?«
»Das ist nicht witzig.«
Kurz darauf erreichten sie den Mietstall. Der Wagen stand im hinteren Teil der großen Scheune, und Grace suchte in ihren Schachteln, bis sie drei weitere Hüte gefunden hatte, die sie mitnehmen wollte. Daniel ermahnte sie, sich von der Tür fern zu halten, solange er damit beschäftigt war, sein Pferd zu satteln.
Der Stallbesitzer, ein kleiner, korpulenter Mann mit Stiernacken und umfangreichem Bauch, kam zu ihr hinüber, um sich vorzustellen. Er hatte ein aufrichtiges Lächeln und roch nach Pferden. »Ich bin Harry, und ich würde Ihnen gern die Hand geben, Miss, aber sie ist schmutzig. Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«
Sie lächelte den eifrigen jungen Mann an. »Ja, das könnten Sie tatsächlich«,
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