Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Titel: Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
Vom Netzwerk:
will bestimmt Geld!«, rief eine andere Angestellte. Mit erhobenen Händen näherte sie sich und blickte in das aufgeschlagene Notizbuch.
    »Geld oder Leben!« Sie wandte sich an den Bankräuber. »Geld oder Leben, stimmt’s?«
    Der Kerl nickte stumm und wedelte mit der Pistole. Mit der behandschuhten Linken blätterte er in dem Notizbuch um und zeigte mit der Pistole auf die nächste Seite.
    »Alles auf den Boden fegen?«, rätselte die Frau.
    Der Mann stieß einen unterdrückten Wutschrei aus.
    »Alle auf den Boden legen!«, rief ich unbedacht dazwischen. »Es sollen sich alle auf den Boden legen!«
    Meine Einmischung hatte zur Folge, dass der Mann blitzartig zu mir herumfuhr und die Pistole auf mich richtete, woraufhin ich mich mit einem Schrei zu Boden warf, genau wie alle anderen um mich herum. O mein Gott, wie bescheuert! Konnte ich denn nicht ein einziges Mal die Klappe halten? Zwei oder drei Schritte nur, dann wäre ich durch die Tür und draußen gewesen! Jetzt war es zu spät.
    Als ich vorsichtig hochlugte, konnte ich sehen, dass die ältere Angestellte Geldscheine in eine Plastiktüte stopfte, die der Mann ihr reichte. Sogar aus dieser Entfernung war zu erkennen, dass der Bart nur angeklebt war. Die dicke Brille, die er dazu trug, war garantiert ebenfalls aus dem Karnevalssortiment.
    Die vor Furcht zitternde Angestellte erklärte, das Bargeld sei nun leider alle, worauf der Bankräuber in seinem Notizbuch blätterte und eine neue Seite aufschlug.
    »Tresor«, entzifferte die Frau mühsam. Verängstigt wich sie zurück, die Hände über dem Kopf erhoben. »Der ist im Keller. Da hat nur der Filialleiter Zutritt.«
    Der Bankräuber blickte sich wild um, dann griff er sich einen Stift und kritzelte in seinem Notizbuch herum, das er anschließend der Angestellten zeigte.
    » H-o-l-e-n «, buchstabierte sie. »Äh … soll ich den Filialleiter holen?«
    Der Bankräuber nickte ruckartig.
    In diesem Moment waren von ferne Sirenen zu hören. Anscheinend hatte irgendwer einen Notruf abgesetzt. Der Bankräuber hörte es ebenfalls. Er verzichtete auf das Geld aus dem Tresor und schnappte sich die Plastiktüte. Eilig schob er sein Notizbuch hinein, dann kam er zum Eingangsbereich gerannt, wo ich flach wie eine Flunder auf dem Boden lag.
    Wäre ich bloß ein kleines bisschen geistesgegenwärtiger gewesen, hätte ich mir vielleicht ein paar Details seiner Erscheinung merken können, beispielsweise Kleidung, Statur oder Körpergröße. Doch ich stand unter Schock, ich sah nur den blöden Bart, die Pudelmütze und die dicke Brille. Und irgendwo, ganz vage und weit entfernt, meinte ich, den Kerl vielleicht schon mal gesehen zu haben. Und das, obwohl sein Gesicht fast ganz verdeckt war. Es war ein ähnliches Gefühl, wie ich es bereits heute Mittag beim Italiener gehabt hatte, als am Nebentisch der komische Kerl mit dem Notizbuch … Mit dem Notizbuch??
    Es dauerte nur Sekundenbruchteile, in denen mir dieser Gedanke durch mein armes verstörtes Gehirn schoss. Ich hätte besser erst gar nicht angefangen zu denken. Denn genau in diesem Augenblick kam der Mann an mir vorbei, und als er die Tür aufstoßen wollte, verrutschte sein Bart. Er blieb kurz stehen und pappte ihn hastig wieder an, dabei fiel sein Blick auf mich.
    »Ich habe gar nichts gesehen!«, versicherte ich wahrheitsgemäß, obwohl ich gerade wie rasend überlegte, ob er vielleicht wirklich der Kerl aus dem Restaurant war. Was hatte ich gleich noch zu Berit gesagt? Und wenn ich dafür die blöde Bank ausrauben müsste, frei nach dem Motto Geld oder Leben … Nein, das konnte nicht sein, oder?
    Etwas an meinem Gesichtsausdruck ließ ihn erstarren, dann hob er unvermittelt die Waffe und zielte auf mich.
    »Nein!«, konnte ich gerade noch schreien, während ich versuchte, mich hochzustemmen und zur Seite zu werfen. Der Knall der Pistole war ohrenbetäubend. Ein riesiger Vorschlaghammer traf meinen Oberkörper und schleuderte mich rücklings auf den Boden, mit solcher Wucht, dass mir die Luft wegblieb. Ich wollte nachsehen, was passiert war, aber ich konnte nur die Decke anstarren. Schier endlose Reihen versenkter Halogenstrahler, sehr cooles Design, und vor allem sündhaft teuer, die Konstruktion hatte bestimmt eine Menge zinsfreies Eigenkapital verschlungen. Ich wollte mich aufrichten, doch ich war zu völliger Reglosigkeit verdammt, mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Nicht mal die Augen konnte ich bewegen, nur immer weiter zur Decke hinaufblicken.
    Die Sirenen

Weitere Kostenlose Bücher