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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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ergrauendes Haar wirkt heute zerzaust. Eine andere Senatorin habe ich schon ein paarmal in den Nachrichten gesehen, Senatorin O’Connor, eine aufgedunsene Frau mit dünnem rotem Haar und einem Mund, der dem eines Froschs nicht unähnlich ist. Die anderen kenne ich nicht. Abgesehen von den Senatoren wird Anden noch von zwei jungen Journalisten begleitet. Einer tippt hastig auf sein Notepad ein, während der andere Mühe hat, Anden sein Diktiergerät nah genug an den Mund zu halten.
    Als sie bei mir ankommen, stehe ich auf. Jetzt verstummen auch die Senatoren, die bis zu diesem Moment noch leise miteinander gezankt haben.
    Anden nickt meinen Wachen zu. »June Iparis, der Kongress lässt alle Anklagepunkte bezüglich Ihrer Verbrechen wider die Republik fallen, unter der Bedingung, dass Sie Ihrem Land von nun an entsprechend Ihren Möglichkeiten dienen. Akzeptieren Sie diese Vereinbarung, Ms Iparis?«
    Ich nicke. Selbst von dieser winzigen Bewegung wird mir wieder schwindelig. »Ja, Elektor.«
    Der Schreiber neben Anden hämmert eifrig unsere Worte in sein Gerät. Der Bildschirm flackert unter seinen hektisch umherfliegenden Fingern.
    Anden registriert meine Teilnahmslosigkeit. Er merkt mir an, dass mein Zustand sich nicht gebessert hat. »Auf Anraten meiner Senatoren hin werden Sie nun eine Probezeit auferlegt bekommen, während der sie unter genauester Beobachtung stehen, bis wir uns alle einig sind, dass Sie wieder Ihren normalen Dienst antreten können. Sie werden einer der Hauptstadteinheiten zugeteilt. Welche Einheit dies sein wird, besprechen wir heute Nachmittag, sobald wir alle im Hauptstützpunkt von Pierra Quartier bezogen haben.« Er hebt eine Augenbraue und blickt nach rechts und links. »Die Herren und Damen Senatoren? Irgendwelche Einwände?«
    Die Senatoren schweigen. Schließlich meldet sich doch einer von ihnen zu Wort und verkündet mit kaum verhüllter Verachtung: »Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass Sie noch nicht endgültig entlastet sind, Agent Iparis. Sie werden rund um die Uhr unter Beobachtung stehen. Betrachten Sie unsere Entscheidung als einen Akt erheblichen Entgegenkommens unsererseits.«
    »Vielen Dank, Elektor«, antworte ich und salutiere kurz, wie jeder Soldat es tun würde. »Vielen Dank, Senatoren.«
    » Ihnen vielen Dank für Ihre Hilfe«, entgegnet Anden mit einer angedeuteten Verbeugung. Ich halte den Kopf gesenkt, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen und die Doppeldeutigkeit seiner Worte bestätigt zu wissen – denn er dankt mir nicht nur für meine vermeintliche Hilfe, einem Mordanschlag entgangen zu sein, sondern auch für die Hilfe, die er sich von Day und mir erwartet.
    Irgendwo da draußen bringt sich Day zusammen mit den anderen in Position. Bei dem Gedanken daran wird mir beinahe schlecht vor Angst.
    Die Soldaten geleiten unsere Gruppe aus dem Gebäude, zu unseren wartenden Wagen. Ich konzentriere mich auf jeden einzelnen Schritt und muss mich stark zusammenreißen, um bei der Sache zu bleiben. Jetzt ist nicht der richtige Moment, um wegen einer Krankheit zu schwächeln. Ich halte den Blick auf den Ausgang des Gerichts gerichtet. Seit der Zugfahrt hatte ich nur eine einzige Idee, die funktionieren könnte. Eine Möglichkeit, den Zeitplan der Patrioten durcheinanderzubringen, eine Möglichkeit, die verhindert, dass wir direkt zurück zum Militärhauptquartier fahren.
    Ich hoffe, es funktioniert. Ich glaube nicht, dass ich mir auch nur einen einzigen Fehler leisten kann.
    Als wir noch drei Meter vom Ausgang entfernt sind, stolpere ich. Ich fange mich wieder und gehe weiter, nur um kurz darauf wieder zu straucheln. Unter den Senatoren hinter mir erhebt sich Gemurmel. Einer von ihnen zischt: »Was ist los?«
    Sofort ist Anden da und sein Gesicht schwebt über mir. Zwei seiner Wachen springen vor ihn. »Elektor, Sir«, sagt einer. »Bitte halten Sie Abstand. Wir kümmern uns darum.«
    »Was ist hier los?«, fragt Anden, erst an die Soldaten gewandt, dann an mich. »Sind Sie verletzt?«
    Ich muss mir keine große Mühe geben, um vorzutäuschen, dass ich kurz davor bin, in Ohnmacht zu fallen. Die Welt vor meinen Augen verschwimmt und wird wieder scharf. Mein Kopf tut weh. Ich hebe das Kinn und sehe dem Elektor in die Augen. Dann lasse ich mich zu Boden sacken.
    Rings um mich erklingen aufgeregte Ausrufe. Ich horche auf, als ich Andens Stimme über allen anderen höre, die genau das sagt, was ich gehofft hatte: »Bringen Sie sie ins Krankenhaus. Sofort.« Er

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