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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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erinnert sich an den letzten Rat, den ich ihm gegeben habe, an meine Worte im Zug.
    »Aber, Elektor, Sir –«, protestiert derselbe Soldat, der ihn einen Moment zuvor abgeschirmt hat.
    Andens Stimme nimmt einen unerbittlichen Ton an. »Stellen Sie meine Befehle infrage, Soldat?«
    Starke Hände helfen mir auf die Füße. Wir treten durch die Tür, zurück ins Licht des wolkenverhangenen Morgens. Ich blinzele in die Umgebung, noch immer auf der Suche nach verdächtigen Gesichtern. Sind die Soldaten, die mich stützen, möglicherweise getarnte Patrioten? Ich spähe zu ihnen hinauf, aber ihre Gesichter sind vollkommen ausdruckslos. Adrenalin strömt durch meinen Körper – ich habe den ersten Schritt gemacht. Die Patrioten wissen jetzt, dass ich von ihrem Plan abgewichen bin, aber nicht, ob ich es mit Absicht getan habe. Wichtig ist nur, dass der Weg zum Krankenhaus in die entgegengesetzte Richtung führt als der zum Militärhauptquartier, wo die Patrioten lauern. Anden wird mit mir fahren. Die Patrioten werden keine Gelegenheit haben, ihren Plan so schnell zu ändern.
    Und wenn die Patrioten von dieser Wendung hören, wird auch Day es mitbekommen. Ich schließe die Augen und hoffe inständig, dass er begreift. Im Stillen versuche ich, ihm eine Nachricht zu schicken. Lauf weg. Wenn du hörst, dass ich vom Plan der Patrioten abgewichen bin, flieh, so schnell du kannst.
    Ein Soldat hievt mich auf den Rücksitz eines der wartenden Jeeps. Anden und seine Soldaten steigen in den Jeep vor uns. Die Senatoren, verwirrt und ungehalten, steigen in ihre eigenen Wagen. Ich muss ein Lächeln unterdrücken, als ich schlaff auf der Rückbank hänge und aus dem Fenster sehe. Der Motor erwacht dröhnend zum Leben und wir fahren los. Durch die Windschutzscheibe sehe ich Andens Wagen vor uns, während wir das Gerichtsgebäude hinter uns lassen.
    Dann, gerade als ich mir zu meinem brillanten Einfall gratulieren will, wird mir klar, dass die Jeeps trotzdem den Weg zum Militärstützpunkt eingeschlagen haben. Wir fahren überhaupt nicht zum Krankenhaus. Meine Freude erlischt. Angst wallt in mir auf.
    Auch einem der Soldaten fällt die falsche Richtung auf. »Hey, Fahrer«, bellt er den Soldaten am Steuer an. »Falsche Richtung. Das Krankenhaus liegt links von der Innenstadt.« Er seufzt. »Funken Sie mal den Fahrer des Elektors an. Wir –«
    Der Mann am Steuer bedeutet ihm zu schweigen und presst sich konzentriert eine kräftige, sehnige Hand aufs Ohr, dann wirft er dem anderen einen Blick zu und runzelt die Stirn. »Negativ. Wir haben gerade Befehl erhalten, die ursprüngliche Route beizubehalten«, erklärt er. »Commander DeSoto sagt, der Elektor will, dass Ms Iparis erst hinterher ins Krankenhaus gebracht wird.«
    Ich erstarre. Razor muss die Fahrer angelogen haben – ich kann mir nicht vorstellen, dass Anden ihn dazu aufgefordert hat, den Fahrern einen solchen Befehl zu erteilen. Razor zieht den Plan weiter durch; er wird uns mit allen Mitteln dazu zwingen, den ursprünglich vorgesehenen Weg zu fahren.
    Es ist egal, was der Grund dafür ist. Wir fahren schnurstracks auf den Militärstützpunkt zu … den Patrioten geradewegs in die Arme.

DAY
    Endlich ist der Tag des Mordanschlags auf den Elektor da. Er beginnt mit einem Hurrikan von Veränderungen, der mir noch einmal all das vor Augen führt, was ich mir wünsche und gleichzeitig fürchte. Was ich mir wünsche: den Tod des Elektors. Was ich fürchte: Junes Zeichen.
    Oder vielleicht ist es auch umgekehrt.
    Ich weiß immer noch nicht, was ich von dem Zeichen halten soll. Es macht mich nervös, obwohl doch eigentlich meine Vorfreude wachsen sollte. Rastlos trommele ich auf den Griff meines Messers. Sei vorsichtig, June. Das ist der einzige Gedanke, den ich aus voller Überzeugung fassen kann. Sei vorsichtig – um deinetwillen und auch um unseretwillen .
    Ich hocke, von der Straße aus nicht sichtbar, im vierten Stockwerk einer alten Ruine, gefährlich nahe an der Kante eines verfallenen Fenstersimses. An meinem Gürtel sind drei Handgranaten und eine Pistole befestigt. Genau wie alle anderen Patrioten trage ich einen schwarzen Republikmantel, sodass ich von Weitem wie ein ganz normaler Soldat wirke. Meine Augen sind wieder unter einem schwarzen Streifen verschwunden. Das Einzige, was uns von den anderen unterscheidet, ist die weiße Armbinde auf der linken (anstatt auf der rechten) Seite. Von hier aus kann ich die Eisenbahngleise sehen, die parallel zu einer Straße ganz in der

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