Legende der Angst
sagt, daß du nicht wirklich wissen willst, was geschehen wird«, übersetzte die Frau.
»Fragen Sie ihn bitte, warum die Manton dem See den Namen Sethia gegeben haben«, sagte Angela.
Glänzende Feder antwortete.
»Er sagt, daß du das nicht wissen willst.«
»Sagen Sie ihm bitte, daß ich weiß, daß der Name See des Blutes bedeutet«, bat Angela.
Daraufhin schwieg Glänzende Feder eine Weile und betrachtete sie nur stumm. Schließlich redete er leise mit seiner Ururenkelin. »Er würde gern hören, was du sonst noch weißt«, sagte die Frau.
»Sagen Sie ihm, daß ich über KAtuu gelesen habe und daß ich…«
Glänzende Feder stieß einen spitzen Schrei aus und unterbrach Angela so. Heftig schüttelte er den Kopf und redete auf Manton. »Du darfst dieses Wort nicht aussprechen«, sagte die Frau. »Er sagt, es ist ein böses Wort aus einer bösen Zeit. Aber er läßt dich fragen, warum du etwas über dieses Wort wissen willst.«
Angela sah dem alten Mann fest in die Augen. »Sagen Sie ihm, daß einige Jungen und Mädchen an der Schule sich möglicherweise irgendwie verändert haben, und ich frage mich, ob sie zu etwas anderem als Menschen geworden sind, nämlich zu KAtuu.«
Glänzende Feder war offensichtlich wütend darüber, daß sie das Wort, auf dem ein Fluch lag, erneut ausgesprochen hatte, denn er antwortete nicht gleich. Als er dann etwas sagte, klang seine Stimme wieder weich. »Er möchte wissen, in welcher Weise sich die Kinder verändert haben«, sagte die Frau. »Er möchte wissen, ob irgendjemand gestorben ist, und wenn ja, möchte er wissen, wie es passiert ist.« Die Frau schien das alles nicht zu verstehen. »Das Ganze ist ziemlich verrückt«, meinte sie.
»Es gibt zwei Tote«, antwortete Angela. »Sie sind von einem Mädchen umgebracht worden, das davon überzeugt war, daß sich seine Opfer in etwas Böses verwandelt hatten. Aber bevor diese beiden umgebracht wurden, haben sie vielleicht selbst getötet.« Angela zögerte kurz. »Es kann sein, daß sie vier Menschen getötet und gegessen haben.«
Ihre Worte versetzten Glänzende Feder in große Unruhe. Er ließ Angela nicht aus den Augen, und sein Blick war wachsamer als zuvor und weniger freundlich.
Wieder sagte er etwas. »Er will wissen, ob das Mädchen in der Lage war, alle zu töten, die sich seltsam verhalten haben.«
»Nein«, entgegnete Angela.
Glänzende Feder stellte eine weitere Frage. »Er will wissen, wie viele noch leben.«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Angela. »Warum haben die Manton den Point Lake den See des Blutes genannt?«
Glänzende Feder antwortete. »Weil es stets dieser Ort war, an dem die ersten Blutstropfen getrunken wurden«, übersetzte die Frau.
»Ich verstehe nicht«, meinte Angela. »War der See mit Blut gefüllt?«
Glänzende Feder schüttelte den Kopf. »Der See ist mit Wasser gefüllt«, sagte die Frau. »Die – er will das Wort nicht sagen – sind mit Blut gefüllt.«
»Ich bin völlig durcheinander«, entgegnete Angela. »Sind die KAtuu ganz normale Menschen, die sich, nachdem sie von dem Wasser im See getrunken haben, in solche Wesen verwandelt haben?«
Glänzende Feder zog die Brauen zusammen, als sie das Wort erneut aussprach. Er war ernstlich ungehalten darüber. Angela wußte jedoch nicht, wie sie das Wort umgehen sollte.
Glänzende Feder antwortete. »Er sagt, daß nichts an den ›Verwandelten‹ mehr normal ist«, übersetzte die Frau. »Er sagt, daß sie von einem Augenblick auf den anderen verändert sind, daß sich die Wandlung aber zur gleichen Zeit langsam nach und nach vollzieht.«
»Was soll das bedeuten?« fragte Angela. »Er widerspricht sich selbst.«
Glänzende Feder erhob wieder das Wort. »Er sagt, daß sie sich zuerst im Inneren verändern, bevor die Wandlung nach außen hin sichtbar wird«, sagte die Frau. »Anfangs sind sie nur schwer von anderen zu unterscheiden.«
»Und woran kann man sie erkennen?« wollte Angela wissen.
Der Blick von Glänzender Feder schien sie zu durchbohren, als er antwortete. »Sie haben immer Hunger, und sie wollen Blut«, sagte die Frau.
Nein. Ich will kein Blut. Ich will Hamburger und Würste. Ich will kein Blut!
»O nein«, flüsterte Angela.
Glänzende Feder beugte sich unvermittelt vor und packte Angelas Handgelenk. Sie versuchte, seine Hand abzuschütteln, aber er war stark. Er schloß seine Finger fester und tastete die weiche Haut an der Innenseite des Handgelenks ab.
Er suchte ihren Puls. Angela wehrte sich nicht
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