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Legende der Angst

Legende der Angst

Titel: Legende der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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gestellt hatte. Als dann die Kassiererin wissen wollte, ob sie für den Abend Gäste erwarte, hätte sie fast geweint.
    »Ja«, antwortete Angela. »Freunde von außerhalb.«
    Plastic wartete an der Tür auf sie, als sie nach Hause kam. Die Hündin winselte. Angela hatte am Morgen ganz vergessen, sie zu füttern, und machte sich eilig auf die Suche nach einer Dose Hundefutter, konnte jedoch keine finden. Schließlich nahm sie eins der Steaks und warf es Plastic auf ihren Lieblingsplatz auf den Balkon oberhalb des Sees. Die Hündin kaute sofort glücklich darauf herum.
    Angela briet sich selbst gerade ein Steak, als die Haustür geöffnet wurde und jemand das Haus betrat. Es war Jim Kline, Starquarterback, begeisterter Genießer des Wassers des Point Lake, Batman, der Fledermausmann selbst. Sein Kopf saß immer noch fest auf den Schultern. Er kam zu ihr in die Küche und nickte. Es war dunkel; Angela hatte nur die kleine Lampe auf dem Tisch im Wohnzimmer angeschaltet. Jim schien das nichts auszumachen. Das Steak brutzelte in der heißen Pfanne.
    »Hallo, Angie«, sagte er. »Bin ich zu früh?«
    »Nein. Setz dich. Ich habe mir gerade etwas zu essen gemacht. Hast du auch Hunger?«
    »Ich sterbe vor Hunger«, antwortete er.
    Na dann, mein Süßer. Bist du ein Monster? Ißt du Menschenfleisch? Willst du mich fressen? Werde ich dich töten müssen? Bist du von einem anderen Planeten? Bist du böse und schlecht? Was hast du heute abend vor? Mich küssen? Mich lieben? Mich mehr zu einer von den Deinen machen? Ah, mein Süßer. Ist das nicht der Grund, warum du dich mit mir verabredet hast? Ist das nicht der Grund, weshalb du auf die Erde gekommen bist? Um all die hübschen jungen Mädchen zu vernaschen? Und um sie damit noch schlechter zu machen, als sie es ohnehin schon sind.
    »Sollen wir hier essen?« fragte Angela, als das zweite Steak in der Pfanne zischte. Jim saß eine Weile stumm am Küchentisch und betrachtete sie in der Dunkelheit.
    »Bei den Ölförderpumpen«, sagte er dann.
    »Du willst, daß wir dort hinaufgehen?«
    »Ja.«
    »Na gut.« Sie wußte, warum sie nicht gegangen war, um das Gewehr ihres Großvaters zu holen. Zuerst einmal besaß ihr Großvater gar keins. Und zweitens gab es da eine Seite in ihr, die von dem Düsteren, dem Bösen fasziniert war. Das war immer schon so gewesen, wirklich – wahrscheinlich war das sogar bei den meisten Menschen so. Jim stieß sie ab und zog sie gleichzeitig an. Wie er dasaß, wirkte er völlig kalt. Er spielte ihr heute abend nicht vor, daß er in sie verliebt sei. Er nahm möglicherweise an, daß das nicht notwendig war. Die Taufe – oder wie immer man es nennen sollte, was er mit ihr angestellt hatte – war vollzogen, und Angela war schon verdammt, zumindest aus seiner Sicht der Dinge. Und dann war da auch immer noch das, was Mary über ihn gesagt hatte. Nicht, daß Angela Mary glaubte, aber es war auch nicht so, daß sie ihr nicht glaubte. Daß es soweit war, besagte schon eine Menge. Wenn Jim auch wohl kein Monster war, so war er doch ganz bestimmt weit davon entfernt, ein stinknormaler Typ zu sein.
    »Ich möchte essen und dabei auf den See hinabsehen«, sagte Jim.
    »Das klingt romantisch«, entgegnete sie. Sie meinte das kein bißchen sarkastisch, denn sie freute sich tatsächlich darauf, mit ihm zusammenzusein, egal, was kam. Es war, als ob ihr Verstand auf zwei Ebenen arbeitete. Er war schlecht, aber das stand ihm so gut, daß er einfach phantastisch aussah. Sie sehnte sich unsterblich danach, von ihm geküßt, berührt zu werden. Sie wollte und brauchte seine Hände auf ihrer Haut, wie sie saftige Steaks wollte und brauchte. Er jedoch schien kein Verlangen nach ihr zu haben – er saß einfach nur da und starrte sie an.
    »Du siehst hübsch aus heute abend«, sagte er.
    »Danke«, erwiderte sie. Sie hatte nicht gewollt, daß er kam. Sie hatte vorgehabt, das Versprechen, das sie Kevin gegeben hatte, zu halten, und Jim anzurufen, um ihm zu sagen, daß sie sich nicht wohl fühle. Aber sie war erst spät nach Hause gekommen und hatte sich einfach etwas zu essen machen müssen, und dann war er auch schon einfach dagewesen…
    »Was hast du heute gemacht?« wollte Jim wissen.
    »Nichts.«
    »Hast du Mary gesehen?«
    »Ja.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Nichts«, sagte sie. Plötzlich hatte sie das Gefühl, Jim zu brauchen. Ihr Körper veränderte sich. Ein Arzt hätte nicht erklären können, was mit ihr vor sich ging. Aber Jim wußte es; auch an ihm konnte sie

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