Legenden d. Albae (epub)
wollen.«
Er richtete sich auf. »Du hast recht. Wir dürfen den eigentlichen Sinn des Feldzuges nicht verloren gehen lassen. Dafür haben wir bereits zu viel erreicht. Die Nostàroi müssen schneller arbeiten, notfalls Zwang auf die Völker ausüben.« Er küsste die Albin, umfasste dabei ihr Antlitz sanft. Lange verharrten sie so.
Das perfekte Paar.
»Ich werde alles veranlassen«, sagte sie und erhob sich von der Liege. »Lies du weiter in den Büchern. Es kann sein, dass sie seine Schwachstelle offenbaren.« Nagsar streichelte seine Brust und eilte hinaus.
Nagsor stand ebenfalls auf, lief achtlos über die uralten, kostbaren Bücher und schritt im Raum auf und ab. Dabei ließ er die Lampen noch schwächer brennen, bis kaum mehr Licht schien. Im Dunkeln konnte er am besten nachdenken.
Er hatte immer noch keinen Hinweis gefunden, was den Anlass zur Veränderung gegeben hätte.
Oder sollten die Verhandlungen mit Sinthoras und Caphalor die Schuld tragen
? Hatten sie die Gier des Nebelwesens geweckt und auf ein falsches Ziel gelenkt
?
Wie auch immer, es musste Ishím Voróo so schnell wie möglich verlassen.
»Bei den Infamen und ihren Söhnen!«, rief Nagsor und trat gegen ein Buch, das sich daraufhin öffnete und in die Finsternis flog, wo es hörbar gegen die Wandvertäfelung aus Knochenplatten schlug.
Er beherrschte sich, begab sich zurück zur Liege und ließ die Lampe über sich heller scheinen. Dann nahm er den nächsten Almanach der Zauberkunst zur Hand und machte sich an die Nachforschungen über das Nebelwesen.
Es muss doch etwas geben,
dachte er und blätterte die Seiten durch. Bis er ein magisches gefunden hatte, hießen ihre Gegenmittel: Sinthoras, Caphalor und Tark Draan.
Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Albae-Reich Dsôn Faïmon, Strahlarm Wèlèron, 4370. Teil der Unendlichkeit (5198. Sonnenzyklus), Winter
Raleeha saß auf einem Stuhl hinter einem Tisch in einem ihr unbekannten Zimmer. Die Luft um sie herum roch frisch, Wind wehte durch ein Fenster und trug ihr den Geruch von Wasser zu. Caphalor hatte sie hierherbringen lassen, auf einen der Inseltürme, ohne ihr zu sagen, was sie dort erwartete. Sie trug das dunkelgraue Kleid und das Würgehalsband, die Schnallen waren im weitesten Loch.
Ist es so weit
?
Insgeheim hoffte sie, dass die Übergabe an Sinthoras stattfand, doch nur ein sehr kleiner Teil in ihr glaubte daran.
Wieso sollte es derart geheimnisvoll ablaufen
?
Mit ihrem behandelten Auge konnte sie inzwischen hell und dunkel erkennen und das Fenster als leuchtendes Rechteck deutlich ausmachen. Mehr aber nicht. Tarlesa hatte ihr gesagt, dass es lange dauern würde, bis ihre Sehkraft wiederhergestellt wäre. Dennoch freute sich Raleeha über den kleinen Fortschritt.
Sie bemerkte Rauch. Etwas wurde über Feuer gebraten und hing zu lange über den Flammen, um noch richtig gut schmecken zu können.
Albae würden Fleisch kaum auf diese Weise zubereiten.
Albae besaßen eine Vorliebe für lange gekochtes, gesottenes oder geschmortes Fleisch, zu dem sie die raffiniertesten Soßen zubereiteten. Das Garen über Feuer betrachteten die meisten als barbarisch und taten es höchstens aus der Not heraus. Ausdem, was sie roch, schloss sie:
Jemand Fremdes hat sein Lager vor der Grenze aufgeschlagen.
Raleeha hörte das Knarren der Brücke, die sich zum gerodeten Streifen hin neigte, dann ritten Pferde über die Planken und näherten sich dem Turm. Nach einiger Zeit vernahm sie ein paar Worte auf Albisch, und bald darauf klopfte es.
Sie schwieg und wartete. Sie war eine Sklavin und musste niemandem erlauben, das Zimmer betreten zu dürfen.
Wieder klopfte es.
Sie vernahm eine Alb- sowie eine dunkle Männerstimme, die sie sofort erkannte. Die Tür schwang auf. »Raleeha! Warum antwortest du nicht?«
»Farron?« Sie erhob sich, ihre Knie zitterten vor Freude. »Bruder!« Sie machte zwei Schritte zur Seite, vorbei an dem Tisch, dann spürte sie auch schon die starken Arme, die sie umschlangen und drückten. Tropfen perlten auf ihr Gesicht. Ihr großer, starker Bruder weinte vor Freude.
Sie musste schluchzen und drückte so fest zu, wie sie es vermochte. Die Berührung weckte tiefe Gefühle in ihr. Auch wenn sie ihr früheres Leben nicht vermisste, so vermisste sie doch die Nähe besonderer Menschen. Und besonders die ihres Bruders.
Sie hielten sich einige Zeit im Arm, schließlich ließ er sie los und führte sie zum Stuhl.
Er setzte sich ihr gegenüber, ergriff ihre Hände. »Ich wünschte mir so
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