Legionare
menschliche Soldaten Wache. Selbst von weitem ähnelte das Lager einem Gefängnis.
27
DAR GELANGTE AUF Zna-yats Rücken, versteckt in seinem eingerollten Strohzelt, ins Feldlager. Da sie nichts sehen konnte, verließ sie sich auf ihre übrigen Sinne, um zu verfolgen, was sich ereignete. Als Zny-yat anhielt und eine menschliche Stimme ertönte, schlussfolgerte Dar, dass sie am Tor waren. »Was Sippe du?«, erkundigte sich die Stimme in abgrundtief schlechtem Orkisch.
»Yat«, antwortete Zna-yat.
»Mehr kommen?«, fragte die Stimme.
»Thwa«, sagte Zna-yat.
»Folge es, es zeigen Haus«, erklärte die Stimme und wechselte dann in die Menschensprache. »Murdant, führ die Pissaugen zu Hütte siebzehn. Die Weiber sollen ihnen Futter ranschaffen. «
»Zu Befehl«, sagte eine andere Stimme.
Dar hörte Scharniere quietschen, dann setzte Zna-yat sich erneut in Bewegung. Er stapfte noch eine Weile dahin, dann hob er das Strohzelt von seinen Schultern. Dar blieb in ihrem Versteck, während die Orks sich einrichteten. Schließlich hörte sie Zna-yats Stimme dröhnen. »Versammelt euch! Ich
habe jemanden mitgebracht.« Er entrollte das Strohzelt. Dar, noch in orkischer Kleidung, setzte sich hin und schaute sich in der Räumlichkeit um. Über zwei Dutzend erstaunte Orks starrten sie an. Dar stand auf, um sie zu begrüßen und über ihren Rang aufzuklären.
»Ich bin Dargu-yat«, sagte sie, »eine dank eines alten Zaubers wiedergeborene Urkzimmuthi. Meine Muthuri ist Königinschwester Zor-yat.«
Zna-yat ergriff das Wort. »Ich bin Zna-yat, ihr Bruder.« Er wies auf seine Gefährten. »Diese Söhne sind Dargu-yats Sippenverwandte. «
Ob es an Dars Auftreten lag, an der Tätowierung ihres Kinns, ihrem fließenden Orkisch oder der Anwesenheit ihrer Verwandten – oder an allem zusammen: Man begegnete ihr voller Achtung. Die Anwesenden verbeugten sich und erwiderten die Begrüßung. Bald unterbrach der die Umgebung beobachtende Zna-yat die Förmlichkeiten, indem er vor sich nähernden Washavoki warnte.
Dar konnte sich gerade noch verstecken, dann wurde der Ledervorhang des Eingangs zur Seite geschoben. Zwei Frauen traten ein, um den Orks Grütze aufzutischen. Sobald sie fort waren, verließ Dar ihr Versteck und erläuterte ihr Verhalten. »Ich habe mich verborgen, weil den Washavoki der Verstand fehlt«, sagte sie. »Sie verstehen nicht, dass ich eine Urkzimmuthi bin. Sie würden verhindern, dass ich meine Tante besuche, obwohl es Muth’las Wille ist, dass wir miteinander sprechen.«
Ein Ork verneigte sich tief vor ihr. »Verzeihung, Dargu-yat, aber die Königin redet nur mit Söhnen.«
»Die Schwestern der Königin glauben, dass böse Zauberkräfte sie zwingen, dies zu tun. Ich bin geschickt worden, um herauszufinden, ob es so ist.«
»Wie willst du dein Ziel erreichen?«, fragte ein anderer Ork.
»Ich weiß es noch nicht.«
»Eins ist gewiss«, sagte Zna-yat. »Kein Washavoki darf Dargu-yat sehen.«
»Aber sie sind überall«, wandte ein Ork ein.
»Kommen sie auch in die Hütte?«, fragte Dar.
»Nur die Frauen. Sie bringen Essen und Brennholz.«
»Stellt eine Wache auf«, sagte Dar. »Warnt mich, wenn jemand kommt.«
Ein Ork mit dem Umhang eines Anführers verbeugte sich vor Dar und schickte einen Genossen als Wächter vor die Tür.
Hier müsste ich eigentlich sicher sein. Dar schaute sich die Unterkunft genauer an. Der einzige Raum der Hütte war gerade groß genug für drei Dutzend Orks und ihre Ausrüstung. Obwohl von Menschenhand gebaut, ähnelte sie einem Hanmuthi. Runde Wände bildeten Muth’las Umarmung; der Ofen stand in der Mitte. Da die Orks im Sitzen schliefen, durchmaß die Hütte nur zwölf Schritte, sodass schon die klobigen Gestalten der Bewohner den Platz weitgehend in Anspruch nahmen. Dieses Quartier war ein enger Unterschlupf.
Ringsum standen zahlreiche andere Hütten, genug für mehrere hundert Orks. Eine hohe Mauer mit einem starken Tor, bewacht von Washavoki-Söldnern, umgab die Garnison. Wieder hatte Dar den Eindruck, dass das Lager eher ein Gefängnis war. Sie bereute es, sich hineingewagt zu haben. Ihre Aufgabe kam ihr inzwischen unlösbar vor. Was bin ich doch für eine Närrin. Wie soll ich je zur Königin gelangen? Kovok-mah ausfindig zu machen, war vermutlich schon schwierig genug. Dar befürchtete, dass man sie festnahm, sobald sie die Unterkunft verließ. Sie fühlte sich eingesperrt, der Panik nahe.
Zna-yat schien ihre Furcht zu riechen, denn er stellte sich
dicht neben sie.
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