Legionen des Todes: Roman
Nähe, so nahe, dass er glaubte, die schwarze Bestie mit glühenden Augen auf ihn herunterstarren zu sehen, sobald er sich umdrehte, aber hinter ihm war nichts als Rauch und Flammen. Er fühlte sich wie ein Stück Vieh, das vor dem Schlachten noch einmal begutachtet wird, beobachtet von einem Bösen, das größer war, als er es sich je vorgestellt hatte. Und dieser Gedanke ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Bis jetzt hatte er seinen Zweifeln nie ganz nachgegeben. Irgendwie hatte er immer geglaubt, dass sie letztendlich siegen würden, doch jetzt war er sich dessen nicht mehr sicher. Tod beobachtete ihn nicht aus dem Wald, zumindest nicht in seiner körperlichen Gestalt. Er war immer noch viele, viele Meilen weit weg in seinem Turm am Ende dieses blutigen Pfades. Wenn selbst aus dieser Entfernung allein die Gegenwart von Tods Bewusstsein derart furchtbare physiologische Reaktionen in ihm auslöste, wie würde es dann erst sein, wenn er ihm in Fleisch und Blut gegenübertrat?
Ein seltsamer Gedanke keimte in ihm auf. Wenn sein Gegner ihn besiegte und Phoenix tötete, könnte dann auch Tods blutige Herrschaft zu Ende gehen? Konnte er ihn besiegen, indem er zuließ, dass er getötet wurde?
Die eisigen Finger zogen sich abrupt zurück.
Phoenix kam schwankend auf die Beine.
Die gezackten Wundränder auf seinem Rücken schlossen sich, und der Strom aus heißem Blut, der über seine Wirbelsäule gelaufen war, verebbte. Auch Jake, der unter ihm gelegen hatte, stand auf und nahm Phoenix’ Hand.
Wie gelähmt standen sie auf dem Fleckchen Erde herum, auf dem sie ihre Schlacht geschlagen hatten, als könnte jeder Schritt darüber hinaus sie erneut ins Chaos stürzen. Mare wischte sich das Blut vom Gesicht und stieß die Kreatur an, die zu seinen Füßen lag, um sicherzugehen, dass sie sich nicht noch einmal erheben würde, auch wenn ihr Schädel fehlte. Phoenix berührte Mares blutenden Kopf, und auch seine Wunden schlossen sich.
»Danke«, sagte Mare und fuhr sich mit den Fingern durch sein nasses Haar.
Phoenix nickte, sagte aber nichts. Er drehte sich zu Ray um, schloss seine Finger um die tiefen Schnitte in seinem Unterarm und sah zu, wie sie verheilten, als wären sie nie da gewesen.
»Waren das alle?«, fragte Adam und sah sie dabei einen nach dem anderen an.
»Ja«, sagte Phoenix. »Wir müssen jetzt weiter. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren.«
»Na dann«, meinte Mare, »das war eine erholsame Pause. Ich habe mich noch nie so ausgeruht gefühlt.«
Keiner verzog eine Miene, während der Rauch sie wieder einhüllte und das Feuer von den Bergflanken immer näher heranrückte.
Mit dem düsteren Schweigen einer Beerdigungsprozession gingen sie zu dem Fluss und wateten ins Wasser. Einer nach dem andern kamen sie wieder heraus und schoben ihre Motorräder zurück auf den Pfad. Adam bestieg seine Maschine und ließ ungeduldig den Motor aufheulen. Er musste sich sein T-Shirt über Mund und Nase halten, um wenigstens ein bisschen Sauerstoff aus den Rauchschwaden zu filtern. Der Scheinwerfer schaffte es lediglich, einen kleinen, verschwommenen Lichtkreis in die Luft zu zeichnen. Ein Blick über die Schulter bestätigte ihm, dass die anderen bereit waren, ihm zu folgen. Er hob die Beine vom Boden, stellte sie auf die Fußrasten und gab gerade genügend Gas, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Er konnte kaum den Boden unter ihm erkennen und orientierte sich stattdessen an den immer näher kommenden Flammenwänden.
Schweiß troff aus jeder Pore und glänzte im Schein des Feuers, bevor er zu einer dicken Salzkruste auf seiner Haut festbuk.
Er hörte die Motorräder der anderen hinter sich brummen und fuhr voraus in eine Szenerie, die ihm erschien wie die Hölle selbst.
II
Sie ließen die Flammen hinter sich und kamen daraus hervor wie neugeboren. Der Rauch hatte sich gelegt und hing wie niedriger Nebel über der Landschaft, schwebte über der schwarzen, schwelenden Erde und klammerte sich in einer letzten Umarmung an die verkohlten Baumstümpfe. Tief in den ausgehöhlten, dicken Kiefernstämmen loderten noch kleine Feuer und nagten an ihrer bereits aufgezehrten Nahrung, bis ihnen nichts anderes mehr übrig blieb, als zu erlöschen. Auch das letzte bisschen an organischer Substanz war vernichtet. Es gab keine Blätter oder Nadeln auf dem Boden des Waldes mehr, und schon gleich gar keine in den nackten Baumkronen, um die ehemals dicke Schicht wieder aufzufüttern. Nur umgestürzte Baumstämme lagen auf
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