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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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schwarz und halb geschmolzen lag es inmitten der Splitter der geplatzten Neonröhren auf dem Asphalt. Das Dach über den Zapfsäulen hatte sich nach außen durchgebogen, an manchen Stellen sah es aus, als hätte etwas sich von unten durch sie hindurchgebohrt. Um die Löcher herum ragten lange, metallene Zacken in den Himmel.
    Mare ließ seinen Scheinwerfer ein paarmal aufblinken und den Motor aufheulen, um die anderen auf sich aufmerksam zu machen. Evelyn ging vom Gas und fuhr von dem Pfad herunter. Die Stollen ihrer Reifen gruben sich in den schwarzen Boden, und die darunterliegende braune Erde kam zum Vorschein. Langsam fuhr er an ihr vorbei und blieb neben Adam stehen. Er musste schreien, damit er ihn unter dem Dröhnen der Motoren verstehen konnte.
    »Da unten ist eine Tankstelle!«
    Mare deutete zwischen den Baumstümpfen hindurch den Hügel hinab.
    »Sieht aus, als wäre sie vollkommen abgebrannt.«
    »Ja, aber vielleicht ist noch Benzin in den Pumpen. Ich weiß nicht, wie es bei dir aussieht, aber mein Tank ist fast leer.«
    Adam musste nicht erst auf die Tankuhr schauen, um zu wissen, dass es ihm nicht viel anders erging.
    »Und?«
    »Einen Versuch wär’s wert.«
    Ray starrte den Abhang hinunter und setzte in seinem Geist das Ziegelgebäude wieder zusammen, so wie es einmal ausgesehen haben musste. Vielleicht lag es daran, dass er eben erst an Tina gedacht hatte, aber er sah nur die Raststätte, in der seine Freundin auf der Toilette niedergemetzelt worden war. Dann ließ sein neu entwickelter Gesichtssinn alles um ihn herum wieder schwarz werden, doch diesmal war Ray dankbar dafür.

VI
     
    Missy fühlte sich wie ein Passagier in einem entführten Flugzeug. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wohin sie unterwegs waren, sie wusste nur, dass etwas Schreckliches passieren würde, wenn sie ihr Ziel erreichten, und die Tatsache, dass sie sich so sehr beeilten, um dorthin zu gelangen, raubte ihr beinahe den Verstand. Sie wünschte sich, das Benzin würde ihnen ausgehen, um ihr Vorankommen zu verlangsamen, wenngleich sie auch nicht besonders erpicht darauf war, zu Fuß durch die Berge zu latschen. Doch zumindest würde das Unvermeidliche dann noch ein bisschen hinausgezögert. Andererseits wären sie dann den Kreaturen, die diese Wälder durchstreiften, schutzlos ausgeliefert … auf ihren Motorrädern konnten sie eventuelle Verfolger eher abhängen. Letztendlich wusste sie nicht, was sie wollte, außer umzudrehen und wieder zurück zu dem See zu fahren, an dem sie in Sicherheit gewesen waren. Vielleicht lag es auch an der Gewissheit tief in ihrem Inneren, dass, sollte sie überleben, sie wahrscheinlich allein dorthin zurückfahren würde.
    Das ist nicht fair! , schrie es in ihr. Niemand von uns hat etwas getan, um das hier zu verdienen!
    Das Gefühl, wie Phoenix seine Arme um ihre Hüfte geschlungen hatte, war ihre Verbindung zur Realität, zeigte ihr aber auch überdeutlich deren Schattenseite: Sie konnte seine Knochen unter der Haut spüren, die kantigen Handgelenke, die auf ihren Bauch drückten. Sie traten jetzt noch deutlicher hervor als zu dem Zeitpunkt, als sie Mormon Tears verlassen hatten. Phoenix’ Gesicht war vollkommen ausgemergelt, Schatten breiteten sich über seine Augenhöhlen aus und verdunkelten selbst in der strahlenden Mittagssonne seine hervorstehenden Wangenknochen.
    Phoenix starb. Langsam, aber dennoch deutlich sichtbar floss mit jeder Meile ein wenig mehr seiner Lebensenergie aus ihm heraus. Eine Zeit lang hatte Missy sich noch etwas vormachen können. Schließlich standen sie alle unter einer enormen Anspannung, und ihr einziges Nahrungsmittel war der Seetang. Kein Mensch konnte unter diesen Umständen dem körperlichen Verfall auf Dauer trotzen, doch bei Phoenix war es anders. Er verwelkte regelrecht, und es gab nichts, was sie dagegen tun konnte. Nichts. Nichts!
    Phoenix drückte sie sanft und legte sein Kinn auf ihre Schulter, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern.
    »Mach dir keine Sorgen um mich. Ich werde immer bei dir sein.«
    Ihr Brustbein hob und senkte sich, als sie ein Schluchzen unterdrückte. Sein Mut machte sie nur noch wütender. Warum rannte er nicht einfach weg mit ihr? Warum begannen sie nicht irgendwo ein neues Leben, weit weg von all den schrecklichen Dingen, die hier auf sie lauerten? Natürlich wusste sie, warum. Dies hier war seine Bestimmung, der Grund, warum er auf die Erde geschickt worden war. Er war wie ein Glühwürmchen, dessen Licht immer heller erstrahlte,

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