Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit Teufelsg'walt
Vom Netzwerk:
Eisprung. Außerdem hat sie sich sterilisieren lassen, die Eileiter sind durchtrennt. Keine Ahnung, warum Meisner mir so was erzählt.« Er fuhr sich verlegen übers dichte braune Haar. »Also weißt du, Lisa, ich möchte bitte nicht ermordet werden. Schlimm genug, dass ein Rechtsmediziner meine G e schlechtsorgane besichtigt. Aber wenn dann auch noch die lieben Kollegen den Zustand meiner Raucherlunge und meiner Venen diskutieren … Tragisch, der gewal t same Tod unseres geschätzten Herrn Weber, ein une r setzlicher Verlust, aber er wäre sowieso bald einem Herzinfarkt erlegen, und dann hätten wir eh einen Nac h folger suchen müssen.«
    »Keine Sorge, Richard, du stirbst an deiner Eitelkeit«, prognostizierte ich.
    In der Liststraße gab es auch keine Parkplätze. Die Autos standen schon in zweiter Reihe, und es waren nicht nur die der Kurzparker, die in den beiden Eckb ä ckern, der Eckapotheke, dem Eckfleischer und dem Ec k tabakl a den etwas einzukaufen hatten. Für ein Gerät, wie Richard es fuhr und heute ich für ihn, würde sich keine Lücke auftun. Wer in einem der alten vier- bis fünfstö ck i gen Sandsteinwohnblocks wohnte, verfluchte sein Glück j e den Abend, wenn er vom Geschäft heimkam, oder er fuhr Fahrrad. Für Mütter mit Kinderwagen war die Str a ße ebenfalls eine Strafe, denn auch die Ecken waren zug e parkt, Stoßstange an Stoßstange. Ich seufzte.
    »Du kannst da reinfahren«, sagte Richard und deutete auf die Lücke zwischen zwei Häusern. »Im Hof sind Parkplätze.«
    An der Hausecke hing ein Schild mit der Aufschrift »Anwaltskanzlei Depper, Notariat«.
    »Da soll ich reinfahren?«
    Es hätte den Mercedes fast die Rückspiegel gekostet. Doch Richard zuckte nicht mal. Seit er ein Kind auf dem Arm trug, hatten sich seine Prioritäten verschoben.
    Im Hof hinter den beiden Wohnblocks stand unverm u tet ein weiteres vollgültiges Haus mit zwei auf den A s phalt gemalten Parkplatzvierecken davor. Ich ließ R i chard mit Alena aussteigen und schubbelte den Mercedes an die Wand.
    Eine Latte von Briefkästen und Klingeln neben der Glas- und Stahltür verriet, dass hier außer der Kanzlei ein Investmentberater, eine Lederschmiede und ein Psych o therapeut untergebracht waren. Ein paar Wohnungen b e fanden sich ganz oben, fast über den Dächern der umli e genden Gründerzeithäuser. Zweimal stand der Name Depper an der Klingellatte, einmal ganz oben, einmal im ersten Stock mit dem Zusatz »Kanzlei«.
    »Hier hat sie also gewohnt?«
    Richard drückte die Kanzleiklingel. Der Türsummer ertönte ohne Gegenfrage. Wir betraten das Treppenhaus. Es roch nach Schusterleim und heißem Gummi. In der Kanzlei empfingen uns grauer Teppich, ein üppiger Gummibaum, eine hölzerne Theke mit dem Namen s schild »Fr. Nemkova« und die dazugehörige Sekretärin hinter einem Computerbildschirm, die den Kopfhörer des Diktiergeräts von den Ohren zog und a ngesichts des Schnurzel s in Richards Arm in seliges Lächeln ausbrach.
    »Guten Tag, ist Herr Depper wohl zu sprechen?«, sa g te Richard.
    »Hatten Sie einen Termin?«, fragte Frau Nemkova, ohne die feuchten Augen von Alena lösen zu können. Sie war eine um die Leibesmitte etwas füllige Person, wenn auch von nahezu kindlicher Jugend. Ein Herzgesichtchen mit blonden Haaren und viel zu roten Lippen. »Herr Depper hat alle Termine abgesagt«, sagte sie mit Akzent, vermutlich einem slawischen. »Ein Todesfall. Wie alt ist die Kleine denn?« Sie musterte mich prüfend und strahlte dann Richard an. »So eine süße Krabbe! Wie heißt sie denn?«
    »Alena«, erwiderte Richard.
    Und dann war alles suspendiert, denn die Sekretärin musste mit »Ei, ty, ty, ty, ty« ihr Naschen in Alenas G e sichtchen senken und »Ach, ist die süß!« rufen, was R i chard mit stolzgeschwellter Vaterbrust zuließ. »Darf ich sie mal nehmen, bitte?«, bettelte sie und griff auch schon zu.
    Zu meiner Verblüffung ließ Richard sich das Bündel abnehmen.
    »Sie ist soooo süß!«, flüsterte Nemkova. »Ja, gähn du nur!« Die junge Sekretärin riss ebenfalls den Mund auf. »Uh! Soooo müüüüde!« Wippenden Schritts und sich wiegend stand sie in der Kanzlei und zeigte Alena, for t während in hohen Tönen plappernd, das glänzende Grün der Gummibaumblätter, das Fenster, ein Bild. Alena starrte und staunte.
    Richard streckte währenddessen seinen überlasteten Arm, dass es knackte, und holte tief Luft.
    »Gehen Sie ruhig rein!«, sagte Nemkova und warf das Kinn in Richtung einer grauen

Weitere Kostenlose Bücher