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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit Teufelsg'walt
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Pflegegeld?«
    »Sie hat ja auch Auslagen!«
    »Auf wie viel beläuft sich denn das Pflegegeld, wenn ich fragen darf?«
    »Das ist kein Geheimnis«, antwortete Hellewart. »Bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs beträgt der Pauschalbetrag 677 Euro pro Monat, darin enthalten der Grundbedarfssatz von 408 Euro, Erziehungsgeld und Alterssicherung, wie Sie leicht in der entsprechenden Ve r ordnung nachlesen können. Reich wird man damit jede n falls nicht.«
    »Na«, rechnete Richard, »bei drei Pflegekindern kommen Sie da schon auf 2031 Euro. Alles ordnung s gemäß versteuert, nehme ich an, da Sie ja nebenher die Beamtenstelle hier im Jugendamt bekleiden, Frau Bel i al.«
    »Nur Teilzeit! Fünfundzwanzig Prozent.«
    »Na, dann haben wir ja Glück, dass wir Sie gerade heute hier antreffen, nicht?« Der Staatsanwalt lächelte zum Fürchten. »Und wer passt solange auf die drei Schreihälse auf?«
    »Mein Mann.«
    »Sie teilen sich die Pflegetätigkeit? Dann ist Ihr Mann nicht noch anderweitig erwerbstätig?«
    »Doch, er …« Belial warf ihrer Chefin einen hilfes u chenden Blick zu. »Er ist Reinigungskraft. Er arbeitet abends.«
    »Das tut doch hier nichts zur Sache«, griff Hellewart nun doch ein. »Und jetzt übergeben Sie uns bitte das Kind!«
    »Ich sagte doch schon …«
    »Sie weigern sich also?«
    Richard lachte humorlos. »Sie vergreifen sich im Ton, Frau Hellewart.«
    »Nach Paragraph 42, SGB VIII ist das Jugendamt b e rechtigt und verpflichtet, ein Kind in seine Obhut zu nehmen, wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes die Inobhutnahme erfordert und eine familieng e richtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt we r den kann. Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind bei einer geeigneten Person vorläufig unterzubri n gen und auch ein Kind von einer anderen Person wegz u nehmen.«
    »Ich sehe keine dringende Gefahr für das Wohl von Alena«, bemerkte Richard. »Sie könnten mich auch als geeignete Person ansehen.«
    »Wie gesagt, Herr Staatsanwalt. Die Vormundschaft obliegt hier automatisch dem Jugendamt, auch ohne au s drückliche Anordnung des Gerichts.«
    Richards asymmetrische Augen funkelten kampflu s tig. »Aber nur dann, wenn die Eltern das Sorgerecht au f grund gesetzlicher Vorschriften nicht ausüben. Also be i spiel s weise, weil sie minderjährig sind oder ihr Kind zur Ado p tion freigegeben haben. Wenn die Eltern nicht zu ermitteln sind, dann ordnet das Gericht die Vormun d schaft an. Und erlauben Sie mir die Frage: Was heißt e i gentlich sorgeberechtigt? Das klingt, als stritten wir uns hier erbi t tert um das Recht auf die Sorge für ein Kind, nicht um eine verdammte Pflicht. Sorgepflichtig w äre e i gentlich das angemessene Wort, finden Sie nicht? So würde in die ganze Diskussion ein neuer Zungenschlag hereinko m men: Pflichten übernimmt man, auf Rechten besteht man.«
    »Ich habe die Gesetze nicht gemacht! Und wenn Sie nicht kooperieren, muss ich leider die Polizei rufen. Nach Paragraph 235 StGB macht sich strafbar, wer eine Person unter 18 Jahren unter Anwendung von List, Drohung oder Gewalt den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem«, Hellewart hob den Zeigefinger, »Pfleger en t zieht oder«, und noch mal der Lehrerinnenzeigefinger, »vorenthält!«
    »Sehr richtig, Frau Hellewart, aber als Tatmittel mü s sen List, Drohung oder Gewalt eingesetzt werden. Und das trifft auf Ihr Verhalten eher zu als auf meines.«
    Hellewart schoss hinter ihrem Schreibtisch hervor. Be triebsblind. So sehr war sie es gewohnt, die Gute zu sein, die Helfende, dass sie nicht mehr unrecht haben konnte. Niemals. Keine Ahnung, was sie eigentlich vo r gehabt hatte, vielleicht rettete nur ich sie vor einem tätl i chen Angriff auf einen frechen Staatsanwalt.
    »He!«, schrie sie. »Was tun Sie da. Sie machen doch hier nicht etwa heimlich Aufnahmen!«
    Wie einst mein Religionslehrer, der an unserer Disz i plinlosigkeit verzweifelte, stieß sie wie ein Reiher mit der Hand auf mein Handy. Ich aalte mich über die Se i tenle h ne fort. Sie fasste ins Leere, knallte mit dem Schienbein gegen den Stuhl und musste sich am Tisch festhalten. Brigitte Belial eilte ihrer Chefin zu Hilfe.
    Ich zog mich an die Tür zurück und ließ das Telefon in die Jackentasche gleiten.
    Der Einzige, der absolut ruhig sitzen blieb, war R i chard mit dem Butzele im linken Arm, das inzwischen die Augen offen hatte. Vielleicht weil Richards Her z schlag sich unterm Mantel, Jackett und Hemd doch spü r bar

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