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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit Teufelsg'walt
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Abend d a vor, als ich im Dunkeln am Zaun stand, in den erleucht e ten Fenstern, die ich für den Speisesaal gehalten hatte, nur ganz wenige Köpfe hin und her hatte huschen sehen. »Aber wo sind die Kinder dann alle?«
    »In Pflegefamilien«, antwortete Richard. »Das kommt Baphomet nämlich viel billiger. Oder anders gesagt, es ist für ihn finanziell vorteilhafter. Pro Pflegekind b e kommt er pro Monat 950 Euro als Aufwandsentschäd i gung für Betreuung der Pflegefamilien, Beratung, Sem i narangeb o te, die Clearingstelle, Gutachter und so weiter. Und zwar nicht vom Jugendamt, sondern aus der Stiftung Xenod o chium.«
    »Das heißt, er kassiert für 23 Kinder den vollen Satz für die Kinderheimunterbringung und dazu noch mal die Pflegefamilienhilfe aus der Stiftung? Der Schlaw i ner!«
    »Das macht eine knappe Million pro Jahr.«
    »Aus den Stiftungsunterlagen und den Unterlagen des Jugendamts ergibt sich noch ein weiterer Widerspruch. Das Jugendamt führt lediglich 251 Kinder, von denen sich 121 im Heim befinden und der Rest in Pflegefamil i en, aber die Stiftung Xenodochium zahlt für insgesamt 345 Pflegekinder den Betreuungszuschuss ans Sonne n nest. Zählt man die 98 hinzu, die Baphomet als Einwo h ner des Heims beziffert hat, dann ist man bei 443 Ki n dern. Das entspricht Wagners Liste.«
    »Hurra! Betrug!«
    Richard schmunzelte. »Es sieht in der Tat so aus, als kassiere Baphomet von der Stiftung Xenodochium Geld für Kinder, die nicht einmal existieren, und zwar für 313 Kinder zuzüglich den 130, die das Jugendamt tatsächlich in Pflegefamilien untergebracht hat.«
    »Wobei das Jugendamt ja auch eigene Pflegefamilien hat, für die das Xenodochium nicht zuständig ist, oder?«
    »Richtig.«
    »Was für ein Durcheinander!«
    »Durcheinander ist immer gut für Betrüger. Die Au s gaben der Stiftung tauchen nicht in den Bilanzen des J u gendamts auf. Theoretisch kann Baphomet so viele Ki n der, wie er will, auf seinen Listen führen. Solange der Stiftungsrat keinen Verdacht schöpft.«
    »Oder seine Zahlen mit denen des Jugendamts a b gleicht.«
    »Und solange der Vertreter der Stiftung bei den Si t zungen des Jugendhilfeausschusses nicht aufpasst. Aber ich schätze, solange Baphomet es nicht übertreibt, schöpft keiner Verdacht. Zudem machen Inobhutnahmen nur einen kleinen Teil der Arbeit des Jugendamts aus. Im Ausschuss geht es hauptsächlich um Kindergärten, Spie l plätze, Bildungsangebote und Jugendhäuser, erlebnisp ä dagogische Maßnahmen für Jugendliche …«
    Richard zündete sich die dritte Zigarette an.
    »Und Familienrichterin Depper hat es rausgekriegt«, sagte ich. »Und damit hat sie Baphomet unter Druck g e setzt, damit er ihr Eliskas Tochter überlässt. Und er ist ihr hinterher und hat sie umgebracht.«
    »Reine Spekulation.« Richard beugte sich vor und schob mir Wagners Liste mit den Namen von Pfleg e fa milien und Kindern hin. »Schau dir das mal an. Was siehst du?«
    »Jede Menge Namen. Moment …« Ich stellte meine Augen auf Suchlauf. »Eliska Nemkovas Tochter steht da nicht.«
    »Nehmen wir an, sie wurde bereits anonymisiert. Dann hat sie einen anderen Namen. Einzig die entspr e chende Stelle im Jugendamt kennt ihre wahre Identität.«
    »Aber dann hätte Baphomet an Depper ja niemals das richtige Kind herausgeben können.«
    »Eben!«
    »Oder Annemarie Hellewart hat ihrer Freundin Sonja einen Tipp gegeben.« Ich frohlockte. »Das wäre dann eine Verletzung ihrer Dienstpflichten. Das bricht ihr das Genick!«
    »Mag sein. Aber ich wollte dich auf etwas anderes aufmerksam machen, Lisa. Wie oft kommt auf Wagners Liste der Name Tobias vor?«
    »Drei Mal.«
    »Und zwar einmal als Tobias Müller, dann als Tobias Meier und hier als Tobias Abele. Fällt dir da was auf?«
    »Frag nicht so pädagogisch.«
    »Müller und Meier sind Allerweltsnamen, Abele steht im Telefonbuch ganz oben. Es sind Fantasienamen, Lisa. Ambrosius Baphomet lässt sich allein Tobias dreimal vergüten. Einmal im Sonnennest, zweimal in Pflegefam i lien. Und damit er nicht durcheinanderkommt, behalten die Kinder jeweils ihre Vornamen.«
    »Aber Celine Leidenfrost, die habe ich wirklich unter der angegebenen Adresse gefunden.«
    »Sie gehört zu den 121 realen Kindern, die vom J u gendamt kommen.«
    »Tobias Vlora ist auch real.«
    Richard lehnte sich zurück und paffte. »Tja.«
    »Und wenn die tatsächlich Kinder haben, die Tobias heißen? So selten ist der Name nun wirklich nicht.«
    »Das wird man überprüfen

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