Lehrer-Deutsch - Deutsch-Lehrer

Für die Jüngeren hingegen ist er eine willkommene Abwechslung zur lähmenden Statik des Unterrichts, die ihrem vorpubertär-natürlichen Bewegungsdrang entspricht. Dazu die latente Hoffnung, es könnte vielleicht doch nicht nur ein Probealarm sein …
    Die hat der reife Zehnt- und Mehrklässler längst aufgegeben. Er empfindet den Sirenenton als lästige Störung, die ihn aus der tiefsten Konzentrationsphase des Unterrichts (siehe Seite 54/55) hochschrecken lässt: Was, schon wieder ein Jahr um? Muss das jetzt sein? Gerade jetzt, wo wir so weit vom Ausgang entfernt sind?! Nächste Stunde hätten wir Sport, da wären wir bereits draußen ... „Könnten wir die Flucht nicht um eine Stunde verschieben?“ Besteht der Lehrer jedoch auf der sofortigen, quasi überstürzten Evakuierung, beginnt der Schüler widerwillig, aber akribisch mit der Fluchtvorbereitung. Er sucht seine Schuhe, packt das Nötigste zusammen – Proviant, Getränke –, schreibt eine letzte SMS an die Liebsten zu Hause, studiert den Fluchtplan und diskutiert günstigere Alternativen mit dem Lehrer.
    Dann ein vorsichtiger Blick auf den Gang. Vorsichtig nicht aus Angst vor einem eventuellen Feuer (die Hoffnung stirbt zuletzt), sondern wegen der möglicherweise den Gang entlangdonnernden Stampede-Kids. Da man aber die Flucht so sorgfältig und umsichtig organisiert hat – alles andere wäre in dieser Situation schließlich lebensgefährlich –, sind die Kleinenlängst außer Haus. Von dieser Seite droht also keine Gefahr.
    Schließlich der Exodus. Da sich die Fluchtpfeile permanent ­widersprechen, kommt man weit im Schulhaus herum ... man trennt sich in Zweifelsfällen, trifft sich aber bald wieder, zwischendurch ein kurzer Boxenstopp an der Toilette – ein Minimum an Rauchentwicklung kann man von so einem Feueralarm doch erwarten – und schon sieht man den rettenden Ausgang! Da plötzlich …
    „Volk und Wagen im Gewühle
    Kehren heim von all dem Graus;
    Auch das Glöcklein klinget aus.“
    (Eduard Mörike, „Der Feuerreiter“)
    … ein Unterstufentsunami, der alles unter sich begräbt, was sich nicht schnellstens in einen Türrahmen oder auf einen Heizkörper retten kann. Die Zahl der beim Zurückkommen verletzten Schüler übersteigt nach langjährigen statistischen Erhebungen bei Weitem die Zahl der durch Feuer oder Rauch Geschädigten. (Die Rauchentwicklung auf den Toiletten nicht mitgerechnet.)
    Da liegt es auf der Hand, dass der Sicherheitsbeauftragte der Schule (siehe Seite 73) mit dem Ablauf des Probealarms unzufrieden ist, weshalb er sich seit Jahren bemüht, ihn realistischer zu gestalten. Unter massivem Einsatz pyrotechnischer Artikel täuscht er einen Brandherd vor, der fatalerweise Schüler und Lehrer zwingt, den vorgeschriebenen Fluchtweg zu modifizieren. Das wiederum ist nicht ungefährlich, weil der beamtete Lehrer dafür erst die Erlaubnis der Schulleitung einholt ...
    Allerdings gewinnt so ein Probealarm einen nicht zu verachtenden Unterhaltungswert, vor allem wenn er – was auch schon vorgekommen ist – durch die pyrotechnische Anreicherung zum Ernstfall eskaliert. Und sobald die Sprinkleranlage ausgelöst wird, genießen (vor allem in den heißen Sommermonaten) selbst die älteren Schüler den Probealarm wieder mit der gleichen Begeisterung wie in jungen Jahren. Für einige Stunden fühlen sie sich in ihre unbeschwerte Kindheit zurückversetzt – dem Sicherheitsbeauftragten sei Dank!
    Der Sicherheitsbeauftragte ...
    ... erhält seine Kompetenz allein dadurch, dass er zum Sicherheitsbeauftragten ernannt wird. Das Verfahren entspricht dem der Ernennung von Schulleitern, Ministerialräten, Kultusministern etc.
    Seine Aufgaben sind:
Die Fluchtwegweiser, die eigenartigerweise nach jedem Schulfest alle in Richtung Direktorat zeigen, regelmäßig zu kontrollieren und alle – wirklich alle – wieder an die richtigen Stellen zu kleben.
Das feuerpolizeilich untersagte Schneeballwerfen auf dem Pausenhof zu unterbinden.
Den regelmäßig stattfindenden Probealarm realistisch, unterhaltsam, kurz: effektiv zu gestalten.
Anschließend die Sprinkleranlage wieder aufzufüllen.
Täglich in den Toiletten die verschwundenen Batterien der Rauchmelder zu erneuern.
    Olympische Spiele für Anfänger : das Sportfest
    Gegenüber den übrigen kulturellen Veranstaltungen an der Schule zeichnet sich das Sportfest dadurch aus, dass dabei die gesamte Schule – also Schüler, Lehrer, Sekretariat und Bausubstanz – involviert sind.
    Es beginnt Tage