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Lehrer-Schueler-Konferenz

Lehrer-Schueler-Konferenz

Titel: Lehrer-Schueler-Konferenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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Schüler, wie er die Dachziegel zeichnen soll. Das Resultat– weitere Unselbstständigkeit.
    Der Drang nach Unabhängigkeit und Selbstverantwortung ist in jedem von uns stark ausgeprägt. Er kann so lange unterdrückt werden, bis am Ende ein völlig unselbstständiger und unterwürfiger Mensch herauskommt. Jedes Mal, wenn der Schüler dem Druck nachgibt, sich der Vorstellung des Lehrers anpasst, wird sein Bedürfnis nach Unabhängigkeit reduziert, und es fällt ihm von Mal zu Mal leichter, sich zu unterwerfen.
    Es folgen einige Beispiele, wie Pädagogen, die Probleme der Kinder als ihre eigenen betrachten und mit Barrieren darauf antworten, zu Abhängigkeit und Anpassung erziehen:
    Lehrer : Kevin, du bist zu ruhig. Du musst dich mehr an der Klassendiskussion beteiligen.
    (In diesem Fall stört Kevins Schweigen den Lehrer, obwohl eine Lehrkraft wohl selten durch Schweigen in irgendeiner Form beeinträchtigt wird. Der negativen Bewertung folgt ein Vorschlag, wie das Problem für den Lehrer gelöst werden kann.)
    Schüler : Mathematik ist mir zu schwer.
    Lehrer : Mathematik ist nicht schwer, Daniel. Dein Problem ist nur, dass du gleich aufgibst, wenn du auf Schwierigkeiten stößt. Also, versuch es noch mal.
    (Hier versäumt es der Lehrer, Daniels Botschaft zu entschlüsseln. Stattdessen widerspricht er ihm und analysiert Daniels Verhalten. Schließlich wird dem Schüler wieder eine Lösung serviert.)
    Schülerin : (geht das vierte Mal innerhalb von zehn Minuten zum Tisch des Lehrers) Ist diese Antwort richtig?
    Lehrer : Du weißt, dass sie richtig ist, Jasmin. Warum kommst du dauernd und fragst mich?
    (Auch für diesen Lehrer ist Jasmins Unsicherheit und ihr Bedürfnis nach Anerkennung ein Problem, dem er durch eine prüfende Frage aus dem Wege zu gehen versucht.)
    Lehrer : (sieht, dass der schüchterne Leon auf einem Blatt Papier herumkritzelt, statt an der ihm gestellten Aufgabe zu arbeiten) Was machst du, Leon?
    Leon : Nichts. (Schiebt das Blatt in sein Heft.)
    Lehrer : Interessiert es dich nicht, was wir im Unterricht machen?
    Leon : (flüsternd) Nein.
    Lehrer : Sprich lauter. Langweilt dich der Unterricht?
    Leon : Nein.
    Lehrer : Warum vertrödelst du dann deine Zeit? Wenn du weißt, was du zu tun hast, beschäftige dich mit deiner Aufgabe und gib sie ab.
    Leon : (kritzelt weiter, als sich der Lehrer abwendet)
    (Auch hier wieder nur prüfende Fragen, gefolgt von einer Drohung. )
    Lehrer : (beobachtet, dass Anna den Kopf auf den Tisch legt und schluchzt) Was ist los, Anna?
    Anna : (undeutlich) Ich weiß nicht.
    Lehrer : Du weinst über etwas. Was ist der Grund?
    Anna : (schluchzend) Niemand mag mich.
    Lehrer : (setzt sich neben Anna und legt ihr den Arm um die Schultern) Das scheint nur so. Alle mögen dich! Du bist doch nett und hübsch; nur nicht, wenn du so weinst. Komm, hör auf zu weinen. (Streichelt ihre Wange.) Wieder besser?
    (Dieser Lehrer weigert sich, Anna ihren Kummer zuzugestehen, stellt prüfende Fragen, analysiert, lässt der positiven Wertung eine negative folgen und befiehlt Anna schließlich, sich besser zu fühlen.)
    Solche Reaktionen vonseiten der Lehrkräfte, Tag für Tag, Woche für Woche, bringen am Ende die Kinder so weit, ihren eigenen Gefühlen zu misstrauen und sich nur noch so zu verhalten, wie andere es ihnen vorschreiben.
    Wenn die Pädagogen in den obigen Beispielen den Schülern zugestanden hätten, ihr Problem selbst zu » besitzen«, hätten sie womöglich mit folgenden einfühlsamen Antworten reagiert:
    Zu Kevin : Ich habe das Gefühl, dass du etwas auf dem Herzen hast. Möchtest du darüber reden?
    Zu Daniel : Du hast wirklich zu kämpfen.
    Zu Jasmin : Du bist dir nicht sicher.
    Zu Leon : Du scheinst dich nicht dafür zu interessieren, was wir hier tun. Erzähl doch mal.
    Zu Anna : Irgendetwas macht dir wirklich zu schaffen.
    Anna : (zwischen zwei Schluchzern) Ja, niemand mag mich.
    Lehrer : Du fühlst dich ziemlich einsam.
    Jeder Schüler wird hin und wieder von unangenehmen Gefühlen geplagt werden und sich von Zeit zu Zeit so verhalten, dass es ihn in Schwierigkeiten bringt. In diesen Fällen ist es am hilfreichsten, wenn der Lehrer nicht versucht, sich die Probleme und Gefühle dieser Kinder zu eigen zu machen. Wenn Sie stattdessen Ihre Fähigkeit des aktiven Zuhörens gebrauchen, um dem Schüler bei der innerlichen Lösung

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