Lehtolainen, Leena
vom Arzt kam.«
Neun
In Nuuksio war es nicht mehr still. Die Nuuksiontie war zwar nicht abgesperrt, doch der Weg zu der Hütte, die Halttunen besetzt hatte, wurde von einer Polizeistreife bewacht. Die Beamten ließen mich erst durch, nachdem ich ihnen haarklein erzählt hatte, was ich dort wollte.
Die Hütte lag tief im Wald an einem kleinen Teich. Nach Rosberga waren es nur ein paar Kilometer. Was hatte Halttunen auf die Idee gebracht, sich ausgerechnet hier zu verschanzen?
Kannte er den Besitzer?
In einiger Entfernung von dem Sommerhäuschen standen Polizeiwagen, allerdings weniger, als ich erwartet hatte. Keine ratternden Hubschrauber, keine Panzerfahrzeuge. Aber fast jeder der Anwesenden trug seine Waffe offen. Ich erkannte Pertsa, eine Zigarette im Mund, neben ihm Taskinen und Pihko, der einen Helm trug, und bat den nächsten Polizisten um Erlaubnis, zu ihnen zu gehen. Der Beamte, ein aufgeregter junger Bursche, führte mich durch eine Gasse aus Autos und Sandsäcken zu ihnen. Taskinen sprach gerade in drängendem Ton ins Telefon, es ging offenbar um Verstärkung. Als er mich sah, machte er einen Schritt auf mich zu, und sekundenlang war ich mir sicher, dass er mich umarmen würde, doch er hielt mitten in der Bewegung inne.
»Willst du Weste und Helm?«, fragte Pihko ohne weitere Begrüßung.
Ich nickte, und während Pihko meine Schutzausrüstung holte, fragte ich Pertsa, was passiert war.
»Taskinen hat Palo zum Arzt geschickt. Er sollte sich krankschreiben lassen, weil er wegen Halttunen total in Panik war.
Aber der Arzt behauptet, Palo hätte sich geweigert und nur ein Beruhigungsmittel gewollt. Halttunen muss ihm gefolgt sein, als er das Polizeigebäude verließ. Offenbar hat er Palos Auto geknackt und auf dem Rücksitz auf ihn gewartet. Dann hat er Palo gezwungen herzufahren, und von hier aus hat er uns angerufen.«
»Hat jemand mit Palo gesprochen? Steht fest, dass er noch lebt?«
»Vor einer Viertelstunde hat er noch gelebt, und seitdem sind keine Schüsse gefallen. Hoffentlich hält sein Herz das aus, vor ein paar Jahren hatte er schon mal schlimme Rhythmusstörungen.«
Pertsa versuchte seinen üblichen zynischen Ton anzuschlagen, was ihm jedoch nicht gelang. Wut und Angst waren deutlich herauszuhören, und nachdem er seine Zigarette ausgedrückt hatte, zündete er sich sofort die nächste an, wobei es ihm erhebliche Schwierigkeiten bereitete, das Feuerzeug anzuknipsen. Indessen kam Pihko mit einer kugelsicheren Weste und einem Helm für mich.
Halttunen hatte seinen Schlupfwinkel offenbar mit Bedacht ausgesucht. Die Sommerhütte, ein schätzungsweise fünfzig Quadratmeter großes Blockhaus, lag unmittelbar am Ufer und war nur über einen schmalen Waldweg zu erreichen. Der Uferstreifen war abgeholzt, sodass Halttunen in dieser Richtung unbehinderte Sicht und freie Schussbahn hatte. An der vom Weg aus gesehen linken Hausseite war eine Sauna angebaut, durch deren Fenster er den Weg überblicken konnte, der unterhalb eines hohen, baumbestandenen Felshangs einen Bogen nach links machte. Nur den Teil des Weges, der hinter dem Haus vorbeiführte, konnte Halttunen nicht einsehen. Doch auch an der rechten Seitenwand war ein Fenster, ein geschickter Schütze konnte also praktisch jeden aufs Korn nehmen, der sich der Hütte näherte. Allerdings bot der zugefrorene Teich eine Chance, den Kidnapper von zwei Seiten in die Zange zu nehmen. Alles in allem war seine Lage aussichtslos, und ich konnte mich nur wundern, weshalb er durch eine Geiselnahme die Aufmerksamkeit auf sich zog. Oder ging es ihm auch jetzt nur um Rache?
»Hat Halttunen irgendwelche Forderungen gestellt?«, fragte ich Pertsa.
»Das Übliche. Ein Fluchtfahrzeug und Geld. Er behauptet, er hätte eine ganze Kollektion von Waffen und einen Riesenhaufen Sprengstoff bei sich. Das Schlimmste ist, dass er womöglich die Wahrheit sagt. Er hatte ja Zeit genug, sich ein ganzes Arsenal anzulegen.«
»Stimmt. Aber seinen Vater hat er mit einer Säge umgebracht, nicht mit einer Schusswaffe. Die hat er meines Wissens bisher praktisch nie benutzt, er hat sich immer auf Stichwaffen und auf seine Fäuste verlassen. Aber ich weiß nicht, ob das jetzt noch relevant ist. Weiß man übrigens schon etwas über die Besitzer der Hütte?«
»Ja, sie gehört einem älteren Ehepaar aus Helsinki, die Kollegen versuchen gerade, sie zu erreichen. Bisher konnte keine Verbindung zwischen ihnen und Halttunen festgestellt werden.
Aber du weißt ja, wie das mit diesen
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