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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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negativen Beschluss der Versicherungsanstalt verdiene er seinen Lebens-unterhalt in erster Linie als Astrologe. Dass er außerdem ausgebildeter Psychologe war, machte ihn in den Augen seiner Klienten umso glaubwürdiger.
    »Die Astrologie öffnet Knoten, sie hilft den Menschen, Dinge in ihrem Leben zu erkennen, die sie sich sonst nicht bewusst machen würden. Ich sage niemandem, die Sterne schreiben dir das und das vor, du hast keine Alternative.«
    »Warum haben Sie denn dann zu Halttunen gesagt, die Sterne hätten ihn noch nicht dazu bestimmt zu sterben?«, fragte ich, weil mich dieser idiotisch klingende Satz seit dem Abend in Nuuksio nicht mehr losgelassen hatte.
    »Damit wollte ich ihn beruhigen. Obwohl der Versuch ja zum Scheitern verurteilt war. Hätte …«
    Ich wollte nicht schon wieder über das Geiseldrama reden, also unterbrach ich ihn rücksichtslos und brachte das Gespräch auf Niina Kuusinen.
    »Frau Kuusinen hat mir gesagt, sie hätte nach dem Tod ihrer Mutter therapeutische Hilfe gesucht. Darüber können Sie sicher sprechen, ohne einen Vertrauensbruch zu begehen.«
    »Niina hatte eine sehr enge Bindung an ihre Mutter. Ein typischer Krebs. Sie hatte ein sehr behütetes Leben geführt, wohlhabende Familie, Einzelkind und so weiter. Die Mutter wollte, dass sie Pianistin wird, doch Niina mangelte es dafür an Selbstvertrauen. Die Familie hat lange in Frankreich gelebt, wegen beruflicher Verpflichtungen des Vaters, daher fühlt Niina sich in Finnland wurzellos.«
    »Sie hat an der Sibelius-Akademie studiert?«
    »Ganz richtig. Im Frühjahr hat sie ihr Examen als Musikpäda-gogin abgelegt. Hoffentlich braucht sie nie eine Stelle an einer Grundschule anzunehmen, Privatunterricht fällt ihr wesentlich leichter.«
    Ich dachte an Niina Kuusinens verhuschtes, introvertiertes Wesen und fragte mich, ob sie sich vielleicht in ihren Therapeuten verliebt hatte. Weshalb hatte sie zu Elina gewechselt? Von einer Kurztherapie hatte Hanninen nichts erwähnt. War Niina nicht mit ihm zufrieden gewesen?
    »Frau Kuusinen hat mir gesagt, sie habe Elinas Tod so empfunden, als wäre ihre Mutter ein zweites Mal gestorben. Ist es möglich, dass sie die Gefühle für ihre Mutter auf Elina projiziert hat?«
    Hanninen lächelte mich an, wie Erwachsene über ein Kind lächeln, das eine dumme, aber niedliche Frage stellt.
    »Polizistenpsychologie! Elina war nicht einmal alt genug, um von Niina als Mutterfigur wahrgenommen zu werden. Und sie war nicht der richtige Typ. Niinas Mutter war ihrer Beschreibung nach das Idealbild einer Mutter vom alten Schlag, sanft und fürsorglich. Es stimmt natürlich, dass die Patienten häufig alle möglichen Gefühle auf ihren Therapeuten projizieren. Das ist eigentlich ein Teil des Heilungsprozesses.«
    »Braucht Niina Kuusinen Beruhigungsmittel? Oder Schlaftab-letten?«
    »Darüber kann ich nun wirklich nicht sprechen.«
    Ich wusste, ich würde nicht viel mehr aus ihm herausbekom-men, wir bewegten uns jetzt schon am Rande dessen, was der Datenschutz erlaubte.
    »Warum hat Frau Kuusinen die Therapie bei Ihnen abgebro-chen, um Elinas Patientin zu werden?«
    Wieder dieses amüsierte Lächeln, mit dem Hanninen mir zu verstehen gab, ich wäre bei weitem nicht so schlau wie ich dachte.
    »Wer hat Ihnen denn weisgemacht, die Behandlung wäre beendet? Sie hat nur eine andere Form angenommen. Ich deute weiterhin Niinas astrologische Karten, übrigens gemeinsam mit ihr, denn sie ist in diesem Bereich sehr begabt. Sie erstellt ja auch selbst Karten und verdient sich damit etwas hinzu. Dagegen hat die Versicherungsanstalt die Kosten für eine Psychothe-rapie bei Elina übernommen. Allerdings habe ich kurz vor Weihnachten Gerüchte gehört, im Therapeutenverband seien Elinas radikalfeministische Methoden kritisiert worden. Wie war das noch gleich mit dem Glashaus und den Steinen …«
    »Sie scheinen Elina ja wirklich gehasst zu haben. Haben Sie Niina Kuusinen zu ihr geschickt, um ihr nachzuspionieren?«
    Diesmal lachte Kari Hanninen laut auf. »Keineswegs! Im Gegenteil, ich dachte, die Richtung, die Elina vertrat, wäre für Niina mit ihrer problematischen Mutterbeziehung genau das Richtige. Aber ich merke langsam, worauf Sie hinauswollen. Sie werden sich sicher freuen, wenn ich Ihnen sage, dass ich für die Nacht nach dem zweiten Weihnachtstag kein Alibi habe. Ich war ganz allein in meiner Wohnung.«
    Ich wurde rot und ärgerte mich, dass Hanninen es sah. Wie üblich hatte ich mich von einem Einfall mitreißen

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