Lehtolainen, Leena
lassen, von dem ich selbst wusste, wie absurd er war.
Es klopfte. Die Abteilungssekretärin brachte mir die längst angeforderte Liste der Telefonate, die an den Feiertagen und in der Nacht nach dem zweiten Weihnachtstag von und nach Rosberga getätigt worden waren.
Ich wollte die Aufstellung in Ruhe durchgehen und Kari Hanninen endlich loswerden. Doch er saß mir seelenruhig gegenüber, als wollte er für immer und ewig bleiben.
»Was ist übrigens Ihr Sternzeichen, Hauptmeister Kallio?«, fragte er überraschend, und der Blick, mit dem er mich musterte, gefiel mir gar nicht. »Ich tippe auf eins der dualistischen Zeichen. Zwillinge … nein. Waage oder Fische, würde ich sagen.«
»Hat das irgendeine Bedeutung?« Ich wollte um keinen Preis zugeben, dass er ins Schwarze getroffen hatte, mein Sternzeichen waren tatsächlich die stets auseinander strebenden Fische.
»Ich würde sehr gern Ihre Karte erstellen, völlig umsonst natürlich. Sagen Sie mir nur Ihre genaue Geburtszeit und den Geburtsort.«
Ich verzog gequält das Gesicht. Was konnte das schon schaden, ich glaubte ja nicht an den Unfug. Oder doch? Warum wollte ich nicht, dass Hanninen anhand der Sterne meinen Charakter und mein Schicksal erforschte? Vielleicht ärgerte ich mich nur darüber, dass er sich einbildete, mich zu kennen, wenn er mein Geburtshoroskop in den Händen hatte. Doch sein freches Lächeln brachte mich dazu nachzugeben. Ich gab ihm die Daten, um ihn endlich loszuwerden.
Die Taktik ging auf, er schraubte sich tatsächlich hoch und sagte, er werde gleich an die Arbeit gehen, schon Ende der Woche würde ich das Horoskop bekommen. Ich fragte ihn aber nicht, ob er es wohl persönlich vorbeibringen würde.
Nachdem Hanninen gegangen war, machte ich mich über die Liste der Telefonate her. Von den meisten Gesprächen wusste ich bereits. Tarja Kivimäki hatte am Heiligen Abend ihre Eltern in Tuusniemi angerufen, Niina Kuusinen ihre Ankunft am ersten Weihnachtstag telefonisch angekündigt. Kirstilä hatte mehrmals angerufen, sowohl aus Hämeenlinna als auch aus Helsinki, und auch sein Bericht über den nächtlichen Anruf bestätigte sich.
Doch vor diesem Gespräch verzeichnete die Liste eine Nummer, bei der mir der Atem stockte: Warum war Elina am Abend des zweiten Weihnachtstages um elf Uhr von Leevi Sänttis Handy aus angerufen worden?
Zwölf
Das Ruckeln des Zuges lullte mich ein, eine Viertelstunde nach der Abfahrt lag ich in tiefem Schlaf und erwachte erst am Morgen, kurz vor Oulu. Ich hatte gerade noch Zeit, auf die Toilette zu gehen, mir das Gesicht zu waschen und mich rasch zu schminken. Gerade als ich mir die Wimpern tuschte, fuhr der Zug über eine Weiche. Prompt hatte ich einen dicken, dunkelbraunen Mascarastrich auf der Nase, der sich kaum entfernen ließ. Im Allgemeinen schminkte ich mich nach dem Frühstück, aber Kaffee gab es erst in Oulu am Bahnhof.
Vor mehr als zehn Jahren war ich zum letzten Mal nach Oulu gefahren, mit Freunden zu einem Rock-Festival. Von der Stadt war mir kaum etwas in Erinnerung geblieben, doch man hatte mir gesagt, in der Nähe des Bahnhofs sei eine Polizeiwache.
Von dort würde mich jemand nach Karhumaa bringen. Als ich erfuhr, dass Leevi Säntti mit dem Handy Elinas Privatanschluss angerufen hatte, war ich sofort aktiv geworden, um ihn offiziell vernehmen zu können.
Am Bahnhof bekam ich durchaus genießbaren Kaffee und ein frisches Käsebrötchen. Gestärkt und halbwegs wach machte ich mich auf den Weg zur Wache. Der Pförtner sagte, er werde Polizeimeister Rautamaa meine Ankunft melden. Bald darauf kam eine fast eins achtzig große hellblonde Frau in Winteruni-form auf mich zu. Sie war in meinem Alter.
»Minna Rautamaa, guten Morgen. Sag mal … haben wir nicht zusammen auf der Polizeischule angefangen?«
»Ja natürlich! Du bist dann schwanger geworden und musstest die Ausbildung unterbrechen. Aber Rautamaa hast du damals nicht geheißen. Und ich dachte schon, ich kenne hier niemanden.«
»Mein Mädchenname war Alatalo. Das Kind ist inzwischen schon zwölf. Fahren wir?«
Ich erinnerte mich, wie enttäuscht ich war, als die damalige Minna Alatalo den Polizeianwärterlehrgang wegen ihrer Schwangerschaft abbrechen musste. Wir waren die einzigen Frauen im Kurs, und nach Minnas Abgang hatte ich mich eine Weile ganz verlassen gefühlt.
Ein eiskalter Wind fegte durch die Stadt, es war noch nicht hell, und hinter den meisten Fenstern brannten Weihnachtslich-ter, obwohl die Feiertage längst
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