Lehtolainen, Leena
Donnerstagmorgen zurückkomme, wird Tarja Kivimäki mich hier erwarten.«
»Ohne dein Dazutun?«
»Genau. Sie wird von ganz allein einsehen, dass sie es sich trotz ihres hohen Liebhabers nicht leisten kann, nicht zu erscheinen.«
Taskinen schien mir beinahe zu glauben, was ich von mir leider nicht behaupten konnte. Ich ging in mein Büro und versuchte, vor der Männer-Collage meine Gedanken zu sammeln, indem ich mir einen ausgiebigen Blick auf Geir Moes Beinmuskeln gönnte, doch selbst das half nichts. Ich musste mich regelrecht zwingen, bei der Anwaltskanzlei anzurufen, deren Klientin Elina Rosberg gewesen war.
Elinas Testament enthielt nichts Sensationelles. Einige Legate, unter anderem an die Frauenunion und an den Katastrophen-fonds des Roten Kreuzes. Alles andere fiel, genau wie nach der gesetzlichen Erbfolge, an Aira Rosberg. Joona Kirstilä wurde in Elinas Testament nicht erwähnt.
Obwohl ich mir nicht ernsthaft eingebildet hatte, auf einen geheimnisvollen Erben zu stoßen, war ich insgeheim enttäuscht.
Immerhin durfte ich aber nach den gestrigen Gesprächen mit Kivimäki und Kirstilä hoffen, den Fall doch noch aufklären zu können, auch wenn mir eine skeptische Stimme zuflüsterte, dass Kirstilä Elinas nächtlichen Besucher womöglich erfunden hatte, um den Verdacht von sich abzulenken, und dass Kivimäki mich mit ihren Andeutungen von einem Motiv nur dazu bewegen wollte, ihr ein Interview zu geben.
Ich rief in Rosberga an. Zum Glück war es Johanna, die antwortete.
»Maria Kallio, Polizeibehörde Espoo, guten Tag. Wie ist dein Besuch in Karhumaa verlaufen?«
»Danke, gut. Ich bin erst gestern zurückgekommen, ich konnte mich einfach nicht von den Kindern trennen. Nur Johannes, mein Ältester, hat sich nicht blicken lassen.«
»Hast du deinen Mann getroffen?«
»Nein. Er hat mit Johannes bei seinen Eltern gewohnt, solange ich im Haus war. Am liebsten hätte ich die Kinder gleich mitgenommen, wenigstens die beiden jüngsten.«
»Wie lange wirst du in Rosberga bleiben?«
»Aira sagt, ich darf hier wohnen, bis ich meine Angelegenheiten geregelt habe. Ich müsste irgendwo Arbeit finden und eine Wohnung, aber das wird wohl nicht so leicht sein.«
Wovon lebte Johanna überhaupt? Hatte Elina ihr Geld geliehen?
»Elinas Leiche ist immer noch nicht freigegeben. Dabei muss Aira doch allmählich die Beerdigung organisieren«, fuhr Johanna fort.
Auch das hatten wir über Palos Tod ganz vergessen.
»Maria, ich habe herausgefunden, dass Leevi am Abend des zweiten Weihnachtstages nicht zu Hause war. Angeblich hat er außerhalb gepredigt.« Johannas Stimme klang aufgeregt. Ich fragte mich, ob Elina sowohl mit Kirstilä als auch mit Leevi Säntti einen Spaziergang gemacht haben konnte, auch wenn das unwahrscheinlich war.
»Darüber wollte ich gerade sprechen. Ich fahre morgen nach Karhumaa, um Leevi zu besuchen.«
»Wirklich? Wirst du ihn verhaften?«
»Dazu habe ich im Moment noch keinen Grund. Aber ich werde mit ihm sprechen. Übrigens, vielen Dank für deine Biographie. Sie ist sehr interessant, aber in der Mitte fehlen ein paar Seiten.«
»Ach, die Geschichten aus der Schulzeit haben mit meiner heutigen Situation nichts zu tun.«
Ich kam mir vor wie eine Betrügerin, weil ich so freundschaft-lich mit Johanna plauderte. Ich fuhr ja nicht nur nach Karhumaa, um Leevi Sänttis Alibi zu überprüfen, sondern auch, um etwas über sie zu erfahren. Elina Rosbergs Tod hatte etwas Seltsames, etwas Verrücktes an sich. Als wäre mindestens ein Mensch daran beteiligt, dessen seelisches Gleichgewicht erschüttert war.
Irgendwie passte Johanna in diese Rolle.
Sobald ich aufgelegt hatte, klingelte das Telefon. Es war der Pförtner, der mir mitteilte, jemand wolle mich sprechen.
»Er sagt, er hat keinen Termin. Sein Name ist Kari Hanninen, Therapeut. Soll ich ihn hochschicken?«
Eigentlich hatte ich weder Zeit noch Energie für ein Gespräch mit Hanninen, doch sein Besuch war ein willkommener Anlass, einen Kaffee zu trinken. Ich sagte, ich würde ihn in der Eingangshalle abholen. Im Aufzug überprüfte ich automatisch mein Aussehen: Meine Augen waren dunkelgrün vor Müdigkeit, die Haut war blasser als je zuvor, und der Winter hatte mir die Sommersprossen von der Nase gewischt. Die Haare hätten eine neue Tönung vertragen können. Mein Busen unter dem grünen Pullover schien größer geworden zu sein, aber die Jeans waren mir noch nicht zu eng geworden, eher im Gegenteil.
Hanninen sah immer noch wie ein
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