Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss wie die Unschuld
Vom Netzwerk:
skeptisch.
    Leevi Säntti hielt meinem Blick stand, kam jedoch um die Antwort herum, weil plötzlich die Tür aufging und ein etwa dreijähriger Junge hereinkam. Er reckte sich nach der Klinke, schloss sorgsam die Tür und lief zu seinem Vater.
    »Vater, ist die Mama mit dem fremden Auto gekommen?«
    »Simo, ich habe dir schon oft gesagt, du darfst nicht in Vaters Zimmer kommen, wenn Vater arbeitet. Mutter ist nicht mit dem Auto gekommen, sondern diese beiden Tanten. Jetzt geh brav zu Tanta Maija-Leena.«
    Simo starrte uns an und tat, als hätte er die Aufforderung seines Vaters nicht gehört. Besonders Minnas Uniform schien ihn zu faszinieren. Leevi Säntti rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her, und ich hatte das Gefühl, in Anwesenheit anderer Besucher hätte er seinen Sohn energischer aus dem Zimmer geschickt. Schließlich kletterte der Junge auf meinen Schoß, was mich wunderte, denn ich bin nicht der Typ, der auf kleine Kinder besonders anziehend wirkt.
    »Unsere Mutter wohnt nicht mehr hier«, erklärte Simo. »Sie kommt nur manchmal zu Besuch. Mama hat eine Sünde getan, deshalb darf sie nicht mehr bei uns wohnen.«

    Es war absurd, aus dem Mund eines Dreijährigen das Wort
    »Sünde« zu hören. Ich hätte Simo gern gesagt, dass seine Mutter sich nach ihm sehnte, doch ich wollte sein Gefühlsleben nicht noch mehr in Verwirrung bringen. Der Atem des Kleinen duftete nach Roggenbrot, seine Wangen waren warm und glatt wie eine sonnengereifte Nektarine. Leevi Säntti stand auf, öffnete die Tür und rief nach Maija-Leena. Die junge Frau kam angelaufen, dicht gefolgt von drei kleinen Mädchen. Alle wirkten erschrocken.
    »Komm nur, Simo, du darfst uns helfen, das Zimmer von Johannes und Markus aufzuräumen«, sagte Maija-Leena beschwörend. Ich fragte mich, wieso das für einen Dreijährigen ein verlockendes Angebot sein sollte, aber der Junge kletterte folgsam von meinem Schoß und trippelte hinaus.
    »Ich gebe zu, dass es eine ungewöhnliche Zeit für einen Anruf war, aber ich hatte zufällig gerade das Telefon in der Hand und dachte, solche Menschen gehen ohnehin nicht so früh schlafen.«
    »Und was wollten Sie von Elina Rosberg?«
    »Ich hoffte, sie würde Johanna zur Vernunft bringen und dazu veranlassen, entweder nach Hause zu kommen oder auf die Kinder zu verzichten. Sie will die Kinder, hat aber kein Zuhause, kein Einkommen, gar nichts … Und sie wird die Kinder nicht bekommen. Sie hat sie verlassen, sie ist seelisch gestört.
    Ihre Forderung ist sinnlos, denn mit Gottes Hilfe werde ich den Prozess gewinnen.«
    Vielleicht braucht es dazu auch einen Anwalt, dachte ich, hielt aber den Mund.
    »Elina Rosberg war zu keiner Zusammenarbeit bereit. Als ich vorschlug, dass Johanna zurückkommen darf, wenn sie bereut und mich, unsere Gemeinde und Gott um Vergebung bittet, hat sie einfach aufgelegt.«
    Das hätte ich auch getan. Aber hatte Elina wirklich aufgelegt?
    Vielleicht war Leevi Säntti entgegen seiner Aussage doch nach Rosberga gefahren. Wenn Elina sich nun vor dem Tor mit ihm getroffen und in seinen Wagen gesetzt hatte, wo sie unter dem Einfluss der Medikamente das Bewusstsein verlor? Säntti sah die Gelegenheit gekommen, sich an Elina zu rächen, und schleppte sie in den Wald … Die Analyse der wenigen fremden Fasern, die an Elinas Leiche gefunden worden waren, war sicher bereits abgeschlossen. Wenn die Fasern nun mit den Sitzbezü-
    gen in Sänttis Wagen übereinstimmten oder mit seinen Kleidern?
    Ich ließ mir den Namen seines Bekannten in Vihti nennen.
    Säntti behauptete, gegen halb eins dort eingetroffen zu sein, was ihn aus dem Kreis der Verdächtigen ausschließen würde. Aber seine Aussage musste natürlich überprüft werden.
    Schließlich fragte ich nach der Adresse von Johannas Eltern und erfuhr, dass ihre Mutter vor einigen Jahren gestorben war.
    »Für ihren Vater und ihre Brüder ist Johanna an dem Tag gestorben, als sie ihr Kind getötet hat. Sie werden kaum bereit sein, mit Ihnen zu sprechen.«
    »Nun, das werden wir sehen. Zuerst will ich mich ohnehin mit Johannas Schwester unterhalten.«
    Sänttis Miene wurde immer abweisender.
    »Maija-Leena kann Ihnen nichts erzählen, was ich nicht auch wüsste. Fragen Sie mich! Anschließend können wir zusammen wegfahren.«
    Ich musste mich gehörig ins Zeug legen, bevor Säntti uns gestattete, in seinem Haus zu bleiben, während er sich in sein Sägewerk begab. Er bat uns jedoch, mit der Befragung zu warten, bis Maija-Leena die kleine

Weitere Kostenlose Bücher