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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: du hättest vergessen Du dachtest
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fuhr absichtlich langsam, um nicht von der Polizei angehalten zu werden. Als ich Sara vor ihrem Haus absetzte, küsste sie mich zu meinem Entsetzen auf den Mund. Zum Glück hatte ich Kaugummi im Handschuhfach.
    In Hakaniemi sah ich zwei Weihnachtsmänner in enger Umarmung. Ich fragte mich, ob sie schwul waren, und musste wieder an Karri denken, der Katja nach seiner Pfeife hatte tanzen lassen. So wie Katja in ihn war ich noch nie verliebt gewesen, und ich legte auch keinen Wert darauf. Das ganze Wort war Schwindel.
    Auf dem Rückweg war es noch nebliger geworden, und der Schnee wirbelte über die Brücken, sodass man das Meer kaum sah. Ich wäre gern einfach weitergefahren, aber zu viele Kilometer ohne Uhr waren problematisch. Als ich zurückkam, war Veikko schon im Schlafanzug, und Katja schlief auf der Wohnzimmercouch.
    »Gott sei Dank!«, seufzte Mutter.
    »War doch nichts Besonderes. Gehen wir schlafen«, sagte ich barsch. Mutters Getue ging mir auf die Nerven. Ich wusste genau, wann ich mich ans Steuer setzen konnte.
    Ich hatte Veikko mein Bett abgetreten und schlief auf dem Fußboden. Allerdings konnte ich nicht sofort einschlafen, nach einer Weile stand ich noch einmal auf und tappte aufs Klo. In der Küche brannte Licht, vielleicht las Mutter in dem Buch, das sie zu Weihnachten bekommen hatte. Als ich auf dem Rückweg an der schlafenden Katja vorbeikam, flüsterte ich:
    »Es lag nicht an dir. Karri war schwul.«
    Danach fühlte ich mich besser. Vielleicht würde Katja jetzt begreifen …

    ACHTZEHN
    Katja
    … dass tatsächlich nicht alles so war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Gedanken waren riesengroß, sie schrien geradezu.
    Vergeblich versuchte ich, sie durch Musik zum Schweigen zu bringen. Es ging alles viel zu schnell. Karri hatte angefangen, mir lange E-Mails zu schicken, mal voller Entschuldigungen, dann wieder fröhlich. Zu Weihnachten gab Mutter mir die fünfundzwanzigtausend, von denen ich mir eine neue Gitarre kaufen und ein Demoband von meinen Liedern machen lassen konnte, wenn ich den Mut dazu fand. Kurz danach gewann Viivi eine Kreuzfahrt nach Stockholm für zwei Personen und lud mich ein, mitzufahren. Zu Silvester betrank ich mich auf Elisas und Arttus Neujahrsparty mit voller Absicht, um wenigstens einen Tag lang nicht über all das nachdenken zu müssen, was um mich herum geschah. Zu meiner Enttäuschung bekam ich nur einen leichten Kater, der mich nicht daran hinderte, abwechselnd Karris Mails und meine alten Tagebücher zu lesen, um meine Vergangenheit zu verstehen. Kaitsus Worte vom Weihnachtsabend hallten in meinem Kopf wider. Er hatte sie geflüstert, doch nun klangen sie wie ein Schrei:
    »Es lag nicht an dir. Karri war schwul.«
    Seine Worte waren ein Schock für mich gewesen, beinahe als hätte er gesagt, er habe mich lieb. Ich überlegte, warum er sie mir zugeflüstert hatte.
    Karris erste Mail war bereits drei Tage nach unserer Begegnung in der Oper gekommen. Er hatte meine Adresse über die Universität ausfindig gemacht.
    »Gut, dass wir uns zufällig begegnet sind. Ich wollte mich schon oft bei dir melden, habe es aber nicht gewagt. Obwohl ich heute längst nicht mehr so feige bin wie damals, fällt es mir schwer, mit dir zu sprechen.
    Schon bevor ich zum Zivildienst ging, wusste ich, was mit mir los war, und dort konnte ich der Wahrheit nicht mehr ausweichen. Ich habe Jussi kennengelernt und mich in ihn verliebt.
    Seinetwegen bin ich nach Turku gezogen. Jussi hat mich bald verlassen, aber in Turku traf ich dann Samuli. Damals habe ich es meinen Eltern erzählt. Mein Vater hat danach drei Jahre nicht mehr mit mir gesprochen. Er hat sich erst wieder gemeldet, als er im vorletzten Winter zur Bypassoperation musste. Nach den Erfahrungen mit meinen Eltern glaubte ich erst recht, jeder würde mich verurteilen. Erst hier in Stockholm ist mir klargeworden, dass ich das Recht habe, ich selbst zu sein und zu lieben, wen ich will.
    Ich habe wirklich versucht, mit dir zu leben, Katja. Auf meine Weise habe ich dich geliebt, ich liebe dich noch immer. Ohne dich wäre mein Leben unerträglich gewesen. Ich habe von Elisa gehört, dass du schwer krank warst, und mich schuldig gefühlt.
    Ich komme erst im Februar wieder nach Finnland, wir wollen Weihnachten hier verbringen. Solltest du vorher nach Stockholm kommen, melde dich. Es wäre schön, dich wiederzusehen, aber das Mailen ist immerhin ein Anfang. Das hoffe ich jedenfalls.«
    Ich antwortete nur kurz, erzählte von meinem Studium und

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